# taz.de -- Berliner Landeshaushalt: Das Schlimmste abgewendet – vorerst
       
       > Das Abgeordnetenhaus verabschiedet diesen Donnerstag den Rekord-Haushalt
       > für 2026 und 2027. Solide und soziale Finanzplanung sieht anders aus. Der
       > taz-Überblick.
       
 (IMG) Bild: Hängen gelassen: Kai Wegner und Ute Bonde hissen eine Flagge zum Tag gegen Gewalt an Frauen
       
       Etwa 90 Milliarden Euro will Berlins schwarz-rote Koalition in den
       kommenden beiden Jahren ausgeben. Den [1][entsprechenden
       Rekord-Doppelhaushalt] verabschiedet das Abgeordnetenhaus aller Voraussicht
       nach an diesem Donnerstag.
       
       Das Paket ist wohl auch ein Wahlkampfhaushalt. Kritik an massivem
       Kahlschlag wollten CDU und SPD im Wahljahr 2026 wohl dringend vermeiden –
       und blähten die Ausgaben gerade im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf
       noch einmal ordentlich auf. Die Reform der Schuldenbremse und [2][das
       Finanzpaket des Bundes] kamen da nur gelegen.
       
       Trotzdem: Von Geldregen kann in Berlin nicht die Rede sein. Was jetzt
       ausgegeben wird, könnte die Probleme in zwei Jahren weiter verschärfen. Und
       auch bereits heute sind viele Bereiche der Stadt am Limit. Der neue
       Haushalt im taz-Überblick.
       
       Bescherung für die Polizei
       
       Der Bereich Inneres gehört traditionell zu jenen, [3][die auch in Zeiten
       leerer Kassen kaum beschnitten werden]. Das gilt umso mehr, wenn die
       Law-and-Order-Parteien CDU und SPD den Knüppel schwingen. Senatorin Iris
       Spranger (SPD) darf „ihrer“ Polizei 80 neue Einsatzwagen für 6,5 Millionen
       Euro spendieren, durch Intervention der Koalitionsfraktionen kamen sogar
       noch 20 hinzu. Als Geschenk darf auch die Hochstufung mit entsprechend
       höherer Besoldung für Führungskräfte bei Polizei und Feuerwehr gelten.
       
       Zusätzliches Geld gibt es auch für ID-Geräte in den Funkwagen für eine
       schnelle Personen-Identifizierung, für neue Blitzer, Personal in der
       Bußgeldstelle und für je zwei Stellen pro Bezirk für den Katastrophenschutz
       und die zivile Verteidigung. Hinzu kommen 12 Millionen Euro [4][für
       Videoüberwachung] und 1,6 Millionen [5][für Drohnen und Drohnenabwehr.]
       
       Ursprünglich geplante Kürzungen bei der Landeskommission Berlin gegen
       Gewalt wurden zurückgenommen, je eine halbe Million Euro jährlich gibt es
       für das Deradikalisierungsprogramm Rechtsextremismus. Entgegen ersten
       Planungen werden Maßnahmen aus dem Sicherheitsgipfel, [6][wie Parkläufer,
       Drogen- und Sozialarbeit weiterfinanziert].
       
       Freuen darf sich der Sport über 1,5 Millionen Euro zur Beheizung der
       [7][Freibäder] und eine temporäre Hülle, die das Olympiabad ganzjährig
       nutzbar machen soll; 6 Millionen Euro sind für die [8][Olympia-Bewerbung]
       eingeplant. (epe)
       
       Ein bisschen Fügung
       
       Beim Haushaltskapitel Verkehr und Umwelt, für das im Senat [9][Ute Bonde
       (CDU)] verantwortlich zeichnet, haben zähe Nachverhandlungen das Schlimmste
       verhindern können. So sieht es jedenfalls Linda Vierecke, umweltpolitische
       Fraktionssprecherin der SPD. Sie hatte sich über den ursprünglichen Entwurf
       bitter beklagt, der aus ihrer Sicht den Bereich Umwelt und Klima regelrecht
       skelettierte.
       
       Jetzt wurden viele Streichungen rückgängig gemacht: Die
       Klimaschutzprogramme BEK und BENE 2 sind vorläufig gerettet und damit auch
       der drohende Wegfall von EU-Fördermitteln abgewendet. Auch kleine, aber
       wichtige Posten wie die „Parkläufer“ oder der Reparaturbonus bleiben
       erhalten. Eine riesige Stange Geld – 700 Millionen für mehr Stadtgrün und
       300 Millionen für Regenwassermanagement – beschert Berlin freilich die
       Kombination aus Baumentscheid und Bundes-Sondervermögen. „Das war schon
       auch ein bisschen Fügung“, findet Vierecke.
       
       Für den Verkehr ist viel Geld da – für Fuß und Fahrrad allerdings eher
       nicht. Die Mittel für diese Verkehrsarten wurden erst stark beschnitten,
       dann wieder ein wenig aufgestockt. Ganz weggefallen ist der – mit 1,5
       Millionen ohnehin bescheidene – Posten für die Förderung des
       Leihradsystems.
       
       BUND-Sprecher Nicolas Šustr meint: „Die kleinen Korrekturen ändern nichts
       an der Abkehr von der Verkehrswende und mehr Verkehrssicherheit unter
       dieser Koalition. Wer mit der schwarz-roten Koalition in die Zukunft
       blickt, blickt in den Abgrund.“ (clp)
       
       Diffamiert und herausgedrängt
       
       Bei der außerschulischen Bildung ist der [10][zwischenzeitlich drohende
       Kahlschlag] nicht so groß wie befürchtet. Wohl auch dank des Drucks, den
       Initiativen und Träger aufgebaut hatten, sagt Louis Krüger,
       bildungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus: „Aber
       das hat Spuren hinterlassen. Die Verwirrung und das Hin und Her ist für die
       Träger sehr aufreibend.“ Ein Erfolg sei, dass die Projekte wieder einzeln
       im Haushalt aufgeführt und nicht mehr in Clustern zusammengefasst seien,
       betont Krüger. Doch das habe viel Mühe gekostet: „Ich nehme eine Müdigkeit
       wahr angesichts des jährlichen Ringens um die Frage, wie es im kommenden
       Jahr weitergeht“, sagt er.
       
       Einige etablierte Projekte fallen jedoch komplett raus. Darunter sind etwa
       [11][die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus], das Projekt
       Meet2Respect, bei dem ein Imam und ein Rabbi Workshops in Schulen
       durchführen, und das intersektionale Bildungswerk in der
       Migrationsgesellschaft, dessen Arbeit sich gegen Antisemitismus und
       türkischen Rechtsextremismus richtet. „Ich nehme der Bildungsverwaltung ab,
       dass sie Antisemitismusprävention ernst meint“, sagt Krüger. Doch sie
       [12][bevorzuge klar bestimmte Akteure], während andere diffamiert und aus
       der Förderung herausgedrängt würden. (usch)
       
       Weiter zu wenig Schutz vor Gewalt
       
       Die Zahl der Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt in Berlin steigt. Laut
       Innenverwaltung wurden 2024 rund 43.000 Flinta* (Frauen, Lesben, inter*,
       nicht-binäre, trans*, und agender* Personen) Opfer von Gewalt, 2020 waren
       es noch 31.833. Das Dunkelfeld dürfte um ein Vielfaches höher sein.
       Trotzdem plante der schwarz-rote Senat zunächst, den ohnehin massiv
       unterfinanzierten Bereich um fast 40 Prozent zu kürzen.
       
       Vorgesehen waren Kürzungen in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro bei der
       Gewaltprävention und Opferhilfe. Dazu drohte den Projekten der
       Anti-Gewalt-Arbeit eine pauschale Kürzung – und 50 Millionen Euro für die
       Tariferhöhungen der Mitarbeiter*innen sollten gestrichen werden.
       
       Kurz vor dem internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen am 25. November
       kündigten die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD jedoch an, [13][alle
       Kürzungen in dem Bereich zurückzunehmen]. Zudem sollen weitere 10 Millionen
       Euro aus dem Sondervermögen des Bundes in den Bereich fließen; weitere 16
       Millionen sind demnach für den [14][Ausbau von Frauenhausplätzen]
       vorgesehen.
       
       Insgesamt begrüßten Träger aus dem Gewaltschutzbereich den Entschluss. Die
       Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen warnt jedoch: „Die Ankündigung
       kam leider zur spät, um die betriebsbedingten Kündigungen zurückzunehmen,
       die viele Einrichtungen bereits aussprechen mussten.“ Sie fordert schnelle
       Klarheit für Träger, damit die Strukturen nicht weiter Schaden nehmen. (ls)
       
       Nicht erhöht heißt gekürzt
       
       Auch im Sozialbereich hat die Koalition ein paar krasse Kürzungen
       zurückgenommen. So wollte man etwa bei der mobilen Stadtteilarbeit und der
       unabhängigen Sozialberatung sparen – das war den rot-schwarzen
       Sozialpolitiker*innen angesichts zunehmender Armut und
       Wohnungsprobleme dann doch zu dicke. Eine Vielzahl kleinerer Projekte wurde
       in letzter Minute „gerettet“, darunter Obdachloseneinrichtungen,
       psychosoziale Beratungsangebote für Geflüchtete, Hilfen für
       Sexarbeiterinnen. „Erratisch und wenig auf Planbarkeit und Verlässlichkeit
       orientiert“ nennt Katina Schubert, Sprecherin für Soziales der
       Linksfraktion dieses Hin und Her.
       
       Zudem sind Nicht-Erhöhungen in überlasteten Bereichen wie der Schulden- und
       Insolvenzberatung de facto natürlich Kürzungen, darauf weisen sowohl
       Schubert hin als auch Taylan Kurt, Sozialpolitiker der Grünen-Fraktion.
       „Die Armut hat zugenommen, darum müssten die Mittel eigentlich steigen“,
       sagt er. Was steigen wird, ist der Preis für das Sozialticket, das ab 1.
       Januar 27,50 Euro kosten wird – nachdem es erst im April von 9 auf 19 Euro
       verteuert wurde. Da die Grundsicherung nicht erhöht wird, bedeutet dies
       eine Mehrbelastung für Haushalte, die von Transferleistungen leben.
       
       Auch die Obergrenzen der AV Wohnen werden nicht angehoben – die
       „Ausführungsvorschrift“ gibt die Mieten an, die vom Staat übernommen
       werden. Schon jetzt müssen viele Berliner*innen, die in „zu teuren“
       Wohnungen leben, einen Teil des Regelsatzes für die Miete ausgeben. Mit dem
       teureren Sozialticket dazu haben sie also noch weniger Geld in der Tasche.
       (sum)
       
       Geplatzte Hoffnungen
       
       Berlin ist am Ende, aus, kaputt, vorbei. So schallte es im letzten Jahr aus
       Ateliers, Proberäumen, von Nebenbühnen und Podien. Die Proteste waren laut,
       farbenfroh und deprimierend. Unter dem Hashtag #BerlinIstKultur trat ein
       Bündnis dem überproportionalen Kulturabbau entgegen.
       
       Hoffnungen, die einige nach dem Rücktritt von Ex-Kultursenator Joe Chialo
       (CDU) hegten, lösten sich alsbald in Luft auf. Dessen Nachfolgerin Sarah
       Wedl-Wilson (parteilos, für CDU) hatte noch im Sommer verkündet, statt 160
       Millionen Euro Kürzungen im Kulturhaushalt 110 Millionen herausgehandelt zu
       haben. Nun sind es laut dem Grünen Daniel Wesener, Sprecher für
       Kulturfinanzierung, doch ernüchternde 150 Millionen Euro weniger.
       
       Erstmals fällt der Kulturbereich damit unter 2 Prozent des Gesamtetats.
       Nochmals überproportional gekürzt wird bei Förderungen der Freien Szene. So
       stehen erneut 9 Millionen Euro weniger für die Bestandssicherung von
       Atelier- und Proberäumen fest. Der kostenlose Museumssonntag wird nicht
       wiederkommen, Ausstellungshonorare in den kommunalen Galerien kehren zwar
       zurück, dafür gibt es insgesamt weniger Mittel. Und auch Gelder für
       Mindesthonorare und -gagen, beispielsweise an den Kinder- und
       Jugendtheatern, werden gestrichen.
       
       Doch es trifft auch große Häuser. So müssen Volksbühne und Maxim Gorki
       Theater zusätzlich zu den fast überall verhängten 3 Prozent Kürzungen
       nochmals 500.000 beziehungsweise 250.000 Euro jährlich einsparen. Auch die
       Finanzierung der Art Week ist in den nächsten zwei Jahren nicht gesichert.
       (hd)
       
       18 Dec 2025
       
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