# taz.de -- Russische Vermögen und Ukrainekrieg: Beim EU-Gipfel könnte es knallen
       
       > Die einen wollen russisches Geld der Ukraine zur Verfügung stellen,
       > andere Länder wie Belgien oder Malta stellen sich quer. Was die Gegner
       > befürchten.
       
 (IMG) Bild: Der Rubel rollt nicht – aber bald könnte er in die Ukraine fließen
       
       So viel Drama ist selten: Kurz vor dem EU-Gipfel, der am Donnerstag in
       Brüssel beginnt, haben Bundeskanzler Friedrich Merz und
       Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (beide CDU) vor einem Scheitern
       Europas gewarnt. Auch Gipfelchef António Costa macht großen Druck.
       
       Costa sagte, er werde nicht lockerlassen, bis der Streit über das in der EU
       festgesetzte russische Vermögen – circa 210 Milliarden Euro – gelöst ist.
       Damit reiht sich dieser „Schicksalsgipfel“ in die Reihe dramatischer
       Treffen wie zur Zeit der [1][Schuldenkrise 2015] oder der Coronakrise 2020
       ein.
       
       Auch dieses Mal könnten die 27 Staats- und Regierungschefs mehrere Tage und
       Nächte brauchen, um eine Einigung zu finden. Deutschland will eine
       Entscheidung zum russischen Geld zwar schon am ersten Gipfeltag erzwingen.
       Doch das dürfte schwierig werden – denn es regt sich Widerstand.
       
       Für Unruhe sorgt nicht nur das „Reparationsdarlehen“ für die Ukraine, das
       die EU mit russischem Geld finanzieren will. Streit gibt es auch über das
       Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Hier treten
       Frankreich und Italien auf die Bremse. Sie warnen vor übereilten
       Entscheidungen.
       
       „Sollten die europäischen Instanzen etwas gewaltsam durchsetzen wollen,
       würde Frankreich sich dem sehr hart entgegenstellen“, sagte Präsident
       Emmanuel Macron. „Es wäre verfrüht, das Abkommen in den kommenden Tagen zu
       unterzeichnen“, warnt Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni.
       
       ## Schwergewichte gehen auf Konfrontation
       
       Damit gehen zwei Schwergewichte auf Konfrontationskurs zu Merz und von der
       Leyen, die auf einen schnellen Abschluss drängen. Von der Leyen will noch
       am Samstag nach Brasilien reisen, um den Mercosur-Pakt zu unterzeichnen.
       Dafür braucht sie grünes Licht der 27 EU-Staaten.
       
       Danach sieht es bisher nicht aus. Sollte das scheitern, wäre es ein
       schwerer Schlag für Deutschland, das weiter auf Freihandel setzt.
       Angesichts der Politik von US-Präsident Donald Trump komme dem
       Mercosur-Deal geopolitische Bedeutung zu, heißt es in Berlin.
       
       Um Geopolitik geht es auch beim russischen Vermögen. Auch hier spielt Trump
       eine wichtige Rolle. In seinem umstrittenen und mittlerweile überholten
       28-Punkte-Plan für einen Ukraine-Frieden hatte der US-Präsident gefordert,
       das russische Geld aus Europa abzuziehen und für den Wiederaufbau der
       Ukraine und Geschäfte mit den USA zu nutzen. Das wollen die Europäer
       unbedingt verhindern.
       
       Das russische Vermögen ist der größte und womöglich letzte europäische
       Trumpf im Ringen um Frieden. Die EU will diesen allerdings nicht als Hebel
       für Verhandlungen mit Russland einsetzen, wie es der belgische
       Premierminister Bart De Wever fordert.
       
       Das russische Geld soll genutzt werden, um die Ukraine vor der Pleite zu
       retten. Die droht nach Angaben des Internationalen Währungsfonds IWF schon
       im April 2026. Für die nächsten zwei Jahre brauche Kiew 137 Milliarden
       Euro, sagte von der Leyen. „Europa muss zwei Drittel davon abdecken, also
       90 Milliarden“, erklärte sie.
       
       ## Was gegen den EU-Plan spricht
       
       Doch [2][Belgien, Italien, Bulgarien und Malta] stellen sich quer. Sie
       fürchten, dass die EU zu große rechtliche, aber auch politische und
       finanzielle Risiken eingeht. Russland droht Belgien bereits mit Vergeltung.
       Belgien ist der EU-Staat, indem das meiste Geld liegt – nämlich beim
       Finanzverwalter Euroclear in Brüssel.
       
       Auch die finanziellen Sorgen sind nicht unbegründet: Am Mittwoch hat die
       US-Ratingagentur Fitch den Ausblick für Euroclear auf „negativ“
       herabgesetzt. Euroclear verwaltet internationale Anlagen im Gesamtwert von
       42 Billionen Euro und gilt deshalb als systemrelevant. Auch der IWF und die
       Europäische Zentralbank haben vor einem unbedachten Zugriff gewarnt.
       
       Im Extremfall könnte die EU eine Finanzkrise auslösen, wenn sie das
       russische Vermögen antastet, warnen Experten. In Berlin und Brüssel weist
       man diese Sorgen zwar als unbegründet zurück. Doch eine schwere politische
       Krise lässt sich wohl kaum noch vermeiden.
       
       Kurz vor dem Schicksalstreffen in Brüssel sind die Fronten verhärtet. Nicht
       nur De Wever bleibt stur, auch Merz rückt keinen Millimeter von seiner
       Linie ab. Statt auf Konsens, wie in der EU sonst üblich, [3][stehen die
       Zeichen auf Konfrontation].
       
       Immerhin aus dem Europaparlament kommt am Tag vor dem EU-Gipfel noch eine
       klare Entscheidung: ein Zeitplan für das endgültige Ende von russischen
       Gaslieferungen an die EU. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in
       Straßburg dafür, dass spätestens zum 1. November 2027 kein Gas mehr aus
       Russland importiert werden soll – weder Flüssiggas (LNG) noch über
       Pipelines.
       
       18 Dec 2025
       
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 (DIR) Eric Bonse
       
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