# taz.de -- Bundeskanzler vor EU-Gipfel: Im Zeichen einer neuen Weltunordnung
       
       > Im Bundestag verspricht Friedrich Merz, dass Europa nicht zum Spielball
       > von Großmächten werden darf. Dafür braucht er auch russische Vermögen.
       
 (IMG) Bild: Friedrich Merz (CDU) bei der Beantwortung der Fragen der Abgeordneten im Bundestag
       
       Wie nennt man das, wenn die internationale Ordnung erschüttert ist, mitten
       in Europa Krieg herrscht, einstige Verbündete sich zurückziehen und die
       heimische Wirtschaft stagniert? Dem Bundeskanzler fällt als Oberbegriff nur
       ein: „Weltunordnung“.
       
       Friedrich Merz, der an diesem Mittwochnachmittag schon auf dem Sprung nach
       Brüssel zum EU-Gipfel ist, verspricht in seiner Regierungserklärung: Man
       dürfe nicht zusehen, wie die Welt neu geordnet werde, sei kein Spielball
       von Großmächten.
       
       Der [1][Kanzler hat in den vergangenen Tagen einiges dafür getan], die EU
       wieder als Player ins Spiel zu bringen, nachdem die USA einen Plan
       präsentiert hatten, der die Ukraine faktisch an Russland ausliefert und
       eine Sicherheitsstrategie, die Europa zum Gegner erklärte.
       
       Seit Sonntag bot Berlin die Bühne für Gespräche zwischen der Ukraine und
       den USA, zugleich verständigten sich mehrere EU-Länder und die Nato darauf,
       im Falle eines Waffenstillstands eine multinationale Schutztruppe in die
       Ukraine zu entsenden. „Mehr Diplomatie als in den letzten Tagen geht
       nicht“, lobte Merz sich selbst.
       
       ## Im Einklang mit dem Völkerrecht?
       
       Der schwierigste Move steht aber noch bevor: In Brüssel will Merz im
       Verbund mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Mehrheit der
       EU-Mitglieder überzeugen, russisches Vermögen in Europa der Ukraine zur
       Verfügung zu stellen. Nur so ließe sich Merz zufolge der Druck auf Wladimir
       Putin erhöhen. Auf dem Spiel stehe aber auch die europäische Souveränität,
       denn Putin wolle seinen Einfluss bis nach Europa ausweiten.
       
       Konkret geht es um rund 210 Milliarden Euro, welche die russische
       Zentralbank größtenteils beim belgischen Finanzdienstleister Euroclear
       eingelagert hat. Solche Zentralbankreserven sind völkerrechtlich geschützt.
       Deshalb hat sich die Kommission einen Umweg ausgedacht, den der deutsche
       Bundeskanzler aufgegriffen und publik gemacht hat. Russland soll formal
       Eigentümer des Geldes bleiben, das derzeit eingefroren und dem Zugriff
       Russlands entzogen ist. Die Kommission borgt sich aber einen Teil, nämlich
       90 Milliarden in den nächsten beiden Jahren, um damit der Ukraine Kredite
       vor allem für Waffen zu gewähren. Die werden mit späteren
       Reparationszahlungen verrechnet, die Russland aber kaum zahlen wird.
       
       Dieses Vorgehen, stehe, so der Kanzler im Bundestag, in völligem Einklang
       mit dem Völkerrecht. Andere Staaten haben Zweifel, vor allem Belgien und
       Italien gilt es noch zu überzeugen. Um die Bedenken zu zerstreuen, sollen
       die Haftungsrisiken unter den EU-Ländern gemäß ihrer Wirtschaftsleistung
       aufgeteilt werden. Deutschland würde für ein Viertel und damit im
       schlimmsten Fall für 50 Milliarden Euro bürgen.
       
       Falls es Merz in Brüssel gelingt, die anderen Länder zu überzeugen, müsste
       der Bundestag das Konstrukt noch absegnen. AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla
       machte klar, dass man auf keinen Fall weiteren Milliarden zur Unterstützung
       der Ukraine zustimme. „Es war und ist nicht unser Krieg“, so der
       Rechtsaußenpolitiker.
       
       Grüne und SPD signalisierten Unterstützung. Linken-Fraktionsvorsitzende
       Heidi Reichinnek schlug vor, lieber die Vermögen russischer Oligarchen zu
       Gunsten der Ukraine zu konfiszieren.
       
       ## Friedenstruppe mit Deutschen?
       
       Umstritten ist auch der mögliche [2][Einsatz einer europäischen
       Friedenstruppe in der Ukraine] mit Beteiligung der Bundeswehr. Merz vermied
       bei der Regierungsbefragung, eine klare Antwort auf die Frage, ob deutsche
       Soldaten künftig in der Ukraine stehen.
       
       SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sagte, man schließe nichts aus, „aber
       die Rahmenbedingungen werden entscheidend.“ Reichinnek nannte die
       Stationierung europäischer Soldaten ein Spiel mit dem Feuer und forderte
       einen Einsatz von Blauhelm-Soldaten.
       
       Zuvor muss aber ein Waffenstillstand her. Unterdessen drohte Putin, seine
       Offensive in der Ukraine auszuweiten.
       
       17 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ukraine-Gespraeche-in-Berlin/!6138316
 (DIR) [2] /Verhandlungen-in-Berlin/!6138745
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Kanzler Merz
 (DIR) Bundesregierung
 (DIR) GNS
 (DIR) EU-Gipfel
 (DIR) Kanzler Merz
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Giorgia Meloni
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Vermögen
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Einigung auf Hilfspaket: Ukraine erhält EU-Kredit statt russisches Geld
       
       EU-Staaten gewähren der Ukraine 90 Milliarden Euro als Hilfskredit.
       Russisches Vermögen wird nun dafür nicht angetastet. Nicht alle Nationen
       der EU machen mit.
       
 (DIR) Chefposten der Konrad-Adenauer-Stiftung: Kann der Kanzler seinen Kandidaten durchsetzen?
       
       Am Freitag wird der Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung neu bestimmt.
       Merz’ Wunschbesetzung hat eine einflussreiche Gegenkandidatin.
       
 (DIR) Krieg in der Ukraine: Eine Frage des politischen Willens
       
       In der Ukraine ist der EU-Gipfel zu Russlands Milliarden in den Medien ein
       bestimmendes Thema. Die Frage ist: Werden sie die Unterstützung Kyjiws
       freigeben?
       
 (DIR) Russlands Auslandsvermögen: Wo steht Italien?
       
       Bei den Verhandlungen über das russische Vermögen spielt Meloni eine
       entscheidende Rolle. Ihre Politik des Spagats dürfte nicht mehr
       funktionieren.
       
 (DIR) EU-Gipfel in Brüssel: Rubel und Skrupel
       
       Beim EU-Gipfel soll entschieden werden, ob russisches Geld für die Ukraine
       genutzt werden kann. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
       
 (DIR) Russische Vermögen und Ukrainekrieg: Beim EU-Gipfel könnte es knallen
       
       Die einen wollen russisches Geld der Ukraine zur Verfügung stellen, andere
       Länder wie Belgien oder Malta stellen sich quer. Was die Gegner befürchten.
       
 (DIR) EU-Plan zu russischem Vermögen: Trick statt Enteignung
       
       Ist das für die Ukraine geplante Reparationsdarlehen rechtmäßig? Die EU
       versucht durch Anleihen, den völkerrechtlichen Schutz Russlands zu achten.
       
 (DIR) EU-Gipfel vor Weihnachten: Schicksalstage für Europa
       
       Am Donnerstag treffen sich die Chef:innen der 27 EU-Mitgliedsländer in
       Brüssel. Dort sollen die Regierungschefs das Reparationsdarlehen für die
       Ukraine beschließen.