# taz.de -- Einigung auf Hilfspaket: Ukraine erhält EU-Kredit statt russisches Geld
> EU-Staaten gewähren der Ukraine 90 Milliarden Euro als Hilfskredit.
> Russisches Vermögen wird nun dafür nicht angetastet. Nicht alle Nationen
> der EU machen mit.
(IMG) Bild: Händchenhalten in Brüssel für die Ukraine beim EU-Gipfel
Die EU-Staaten haben sich auf neue Hilfskredite für die Ukraine geeinigt –
aber ohne Zugriff auf das russische Vermögen in Belgien. Mit diesem
überraschenden Ergebnis ist der EU-Gipfel in Brüssel am frühen
Freitagmorgen nach fast 18-stündigem harten Ringen zu Ende gegangen.
Die Staats- und Regierungschefs beschlossen, Kyjiw einen zinslosen Kredit
in Höhe von 90 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Dafür will die EU
erneut Schulden aufnehmen. Drei EU-Länder – Ungarn, Tschechien und die
Slowakei – scherten aus. Sie wollen Kyjiw nicht helfen.
Der vorläufige Verzicht auf das russische Vermögen, das beim
Finanzdienstleister Euroclear in Brüssel liegt, ist ein Erfolg für den
belgischen Premierminister Bart De Wever. Er hatte sich von vornherein
quergestellt, da er Risiken für Euroclear und für Belgien fürchtete.
[1][Kanzler Friedrich Merz (CDU) musste eine Niederlage einstecken]. Er
konnte seinen Plan für ein mit russischem Geld finanziertes
Reparationsdarlehen nicht durchsetzen. Stattdessen kommt nun „Plan B“, den
Merz noch kurz vor Beginn des Gipfel kategorisch ausgeschlossen hatte.
## Waffen und Militärhilfe
Der deutsche Regierungschef sprach dennoch von einem „großen Erfolg“.
Europa habe „eine Demonstration seiner Souveränität abgeliefert“, sagte er.
„Wir stellen uns entschlossen der größten sicherheitspolitischen Bedrohung
Europas entgegen“, so Merz mit Blick auf Russland.
Die Finanzspritze aus der EU soll in der Ukraine vor allem für Waffen und
Militärhilfe eingesetzt werden. Nach Angaben von Merz reiche das Geld, um
dem russischen Angriff noch zwei Jahre zu widerstehen. Die Auszahlung könne
schon im Januar beginnen, so der Kanzler.
Zufrieden zeigte sich auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Er dankte der EU für die neue Milliardenhilfe. Selenskyj sprach in sozialen
Medien von einer „bedeutenden Unterstützung“, die die Widerstandskraft
seines Landes im Krieg mit Russland stärke.
Von einem Durchbruch sprach auch der belgische Premier Bart de Wever. „Die
Ukraine hat gewonnen, Europa hat gewonnen, die finanzielle Stabilität hat
gewonnen“, sagte er. Ohne Einigung hätte die EU „geopolitische Bedeutung“
verloren. „Das wäre eine totale Katastrophe gewesen.“
## Chaotische Verhandlungen
Der flämische Nationalist De Wever hatte sich von Anfang an gegen die Pläne
von Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gestemmt, auf
das russische Vermögen zuzugreifen. Dies berge große Risiken für Belgien,
sagte er. Diese Risiken müssten alle gemeinsam tragen.
In den stundenlangen, chaotischen Verhandlungen beim EU-Gipfel legte De
Wever schließlich Maximalforderungen vor. Demnach sollten alle 27 EU-Länder
für alle möglichen Schäden durch russische Klagen einstehen – nicht nur bei
Euroclear in Brüssel, sondern auch bei anderen Firmen. Außerdem sollte es
unbegrenzte Finanz-Garantien geben.
Dies wollten Italien und Frankreich nicht mittragen. Beide Länder sind hoch
verschuldet und fürchten um ihre Kreditwürdigkeit. Deshalb kam schließlich
– kurz vor Mitternacht – wieder „Plan B“ aufs Tapet. Kanzler Merz stimmte
widerwillig zu, denn ohne Frankreich und Italien hatte er nicht mehr die
nötige qualifizierte Mehrheit.
## Griff in die Trickkiste
Nun galt es noch, den Widerstand aus Ungarn, Tschechien und der Slowakei zu
überwinden. Da ein Beschluss nur einstimmig gefasst werden konnte, griffen
die EU-Chefs zu einem Trick. Die drei Länder bekamen eine Extrawurst nach
Artikel 20 des EU-Vertrags, der eigentlich für „verstärkte Zusammenarbeit“
steht. Nun sind sie raus.
Auch Merz sicherte sich eine Hintertür. Laut Gipfel-Beschluss soll die
EU-Kommission weiter die Nutzung des russischen Vermögens prüfen. Falls
Russland für Kriegsschäden keine Entschädigung leistet, soll das Geld –
EU-weit schätzungsweise 210 Milliarden Euro – für die Rückzahlung des neuen
Ukraine-Kredits herangezogen werden.
Damit bleibt diese Option erhalten – aber nur als ferner Hoffnungsschimmer.
Zunächst verlässt Merz, da sind sich alle Beobachter in Brüssel einig,
diesen [2][„Schicksalsgipfel“] als Verlierer. Er wollte deutsche Führung
beweisen und ist am Ende am kleinen Belgien gescheitert – und an Frankreich
und Italien, die auch beim geplanten Freihandelsabkommen mit den
Mercosur-Staaten ausgeschert sind.
19 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /EU-Kompromiss-zur-Ukraine-Unterstuetzung/!6139928
(DIR) [2] /EU-Gipfel-vor-Weihnachten/!6138844
## AUTOREN
(DIR) Eric Bonse
## TAGS
(DIR) EU-Gipfel
(DIR) Russland
(DIR) Kanzler Merz
(DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
(DIR) GNS
(DIR) Reden wir darüber
(DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
(DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
(DIR) Vermögen
(DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Ukraine-Gespräche in Florida: Europa ist egal
Die Gipfeltreffen in Europa in der vergangenen Woche sind schon Geschichte.
Jetzt kann Russland wieder mit ahnungslosen US-Amerikanern „verhandeln“.
(DIR) +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Ukraine-Gespräche gehen in die nächste Runde
Was vergangene Woche in Berlin zwischen den USA, Europäern und der Ukraine
besprochen wurde, wird nun in Miami mit Russland diskutiert. Ausgang offen.
(DIR) EU-Gipfel in Brüssel: Rubel und Skrupel
Beim EU-Gipfel soll entschieden werden, ob russisches Geld für die Ukraine
genutzt werden kann. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
(DIR) Russische Vermögen und Ukrainekrieg: Beim EU-Gipfel könnte es knallen
Die einen wollen russisches Geld der Ukraine zur Verfügung stellen, andere
Länder wie Belgien oder Malta stellen sich quer. Was die Gegner befürchten.
(DIR) Bundeskanzler vor EU-Gipfel: Im Zeichen einer neuen Weltunordnung
Im Bundestag verspricht Friedrich Merz, dass Europa nicht zum Spielball von
Großmächten werden darf. Dafür braucht er auch russische Vermögen.