# taz.de -- Abschiebung einer êzîdischen Familie: Deutschland, deine leeren Worte
       
       > Vor zwei Jahren forderten alle Fraktionen mehr Schutz für Êzîd*innen.
       > Jetzt werden sie abgeschoben, obwohl sie im Irak weiter bedroht sind.
       
 (IMG) Bild: Jesid*innen im Januar 2023 im Bundestag, während abgestimmt wird, ob die Verbrechen an Jesiden als Völkermord anerkannt werden
       
       Neun Tage sind es noch, dann jährt sich der [1][Genozid an den Êzîd*innen]
       zum elften Mal. Die Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats (IS)
       ermordeten damals im Irak zwischen 5.000 und 10.000 êzîdische
       Zivilist*innen und verschleppten weitere 7.000 Frauen und Kinder. Und
       was macht Deutschland? Fast pünktlich zum Jahrestag schieben die
       Brandenburger Behörden eine êzîdische Familie zurück in den Irak. Es ist
       ein Hohn.
       
       Was haben sich deutsche Politiker*innen nicht darauf eingebildet, als
       sie Anfang 2023 die Gewalttaten des IS [2][offiziell als Genozid
       anerkannten]. Alle Fraktionen stimmten damals zu, alle forderten sie Schutz
       für Angehörige der Minderheit. Im Antragstext heißt es: „Der Deutsche
       Bundestag wird sich mit Nachdruck zum Schutz êzîdischen Lebens in
       Deutschland und ihrer Menschenrechte weltweit einsetzen.“
       
       Êzîd*innen, die in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen sind,
       spüren davon nichts. Die jetzt abgeschobene Familie ist nicht die erste,
       der es so geht. Die Argumentation des Bundesamts für Migration und
       Flüchtlinge (Bamf) ist dabei meist die gleiche: Weil sie nicht direkt nach
       dem Genozid nach Deutschland gekommen waren, sondern zunächst im Irak
       blieben, stehe ihnen jetzt kein Schutz zu.
       
       Wie absurd das ist, zeigt sich nicht nur an dem Fall des Bruders der
       Abgeschobenen. Er floh früher nach Deutschland und darf deshalb bleiben,
       während sie gehen müssen. Absurd ist auch die Vorstellung, im Irak sei es
       für Êzîd*innen inzwischen wieder sicher. Die staatlichen Strukturen des IS
       mögen zerschlagen sein. Doch viele der Islamisten sind noch da, haben sich
       wieder in das zivile Leben eingefunden. Und mit ihnen lebt der genozidale
       Hass auf die Êzîd*innen fort, der sich 2014 so massiv entlud.
       
       Das BAMF hätte den Asylantrag der êzîdischen Familie nie ablehnen dürfen.
       Und die brandenburgischen Behörden hätten sie nie in den Irak zurückzwingen
       dürfen. Zumal wenn bekannt ist, dass noch ein Eilverfahren anhängig ist.
       Aber es geht um mehr als den Einzelfall: Will Deutschland seiner
       Verantwortung gerecht werden, müssen sämtliche Abschiebungen von
       Êzîd*innen umgehend gestoppt werden.
       
       24 Jul 2025
       
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