# taz.de -- EU-Parlament schwächt Lieferkettengesetz: In Brüssel bricht die Brandmauer
       
       > Union und AfD stimmen im EU-Parlament zusammen ab, um das
       > Lieferkettengesetz zu schwächen. Das könnte auch Auswirkungen auf die
       > Bundespolitik haben.
       
 (IMG) Bild: Einmal mehr hat Friedrich Merz bewiesen, dass ihm die Brandmauer am Allerwertesten vorbeigeht
       
       Christdemokraten und Konservative haben am Donnerstag im Europaparlament
       gemeinsam mit rechten Parteien und AfD-Abgeordneten gestimmt, um das
       [1][europäische Lieferkettengesetz] abzuschwächen. Damit ist der Weg für
       eine Aufweichung der Nachhaltigkeitsregeln für Unternehmen frei. Für die
       Lockerung hatte sich unter anderem Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
       ausgesprochen.
       
       Umgesetzt wurde der Rückbau der Regeln nun vom CSU-Politiker [2][Manfred
       Weber]. Er leitet die konservative EVP-Fraktion im Europaparlament und
       schlug mehrere Kompromissangebote von Liberalen und Sozialdemokraten aus.
       Um die unternehmensfreundlichen Lockerungen durchzupauken, [3][setzte er
       schließlich auch auf Stimmen der rechtskonservativen EKR, der rechten
       Patrioten und der deutschen AfD].
       
       Sozialdemokraten und Grüne reagierten empört. Sie sprachen von einem Bruch
       der „Brandmauer“ gegen rechts und drohten mit Konsequenzen für die Arbeit
       im EU-Parlament. „Weber hat sich für den Tabubruch und den Schulterschluss
       mit den Rechtsextremen entschieden. Der Präzedenzfall soll die
       Zusammenarbeit mit Rechtsaußen zur Normalität machen“, kritisierte Terry
       Reintke von den Grünen.
       
       Von einem „schwarzen Tag für die europäische Demokratie“ sprach der
       Verhandlungsführer der Sozialdemokraten, SPD-Politiker René Repasi. Weber
       habe mit einer „Erpressungstaktik“ versucht, die Koalition aus
       Konservativen, Liberalen und Sozialdemokraten im EU-Parlament zu sprengen.
       Dies werde Folgen haben, so Repasi. Die SPD wolle den Vorfall auch im
       Koalitionsausschuss in Berlin ansprechen.
       
       ## Bis zur Unkenntlichkeit entkernt
       
       Sozialdemokraten und Grüne hatten in den Verhandlungen vor der Abstimmung
       weitgehende Zugeständnisse gemacht und eigene „rote Linien“ aufgegeben.
       Auch die Liberalen waren auf Weber und seine EVP zugegangen. Am Ende
       scheiterte jedoch auch ihr Kompromissvorschlag zur Haftung von Unternehmen
       an der neuen rechten Mehrheit im Parlament. Die EVP habe auf
       Maximalforderungen bestanden, so Repasi.
       
       Der nun gefasste Parlamentsbeschluss sieht vor, dass nur noch Firmen mit
       mindestens 5.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro der
       Lieferkettenrichtlinie unterliegen sollen. Bislang gilt sie für Unternehmen
       ab 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro.
       Zudem wurde die Verpflichtung gestrichen, Pläne zur Umsetzung von
       Klimazielen vorzulegen.
       
       Den neuen Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit sollen nur noch Unternehmen
       mit mehr als 1.750 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als 450
       Millionen Euro unterliegen. Zudem wurden die Strafen für Verstöße auf
       symbolische Beträge abgesenkt. Die Wirkung des Lieferkettengesetzes wird so
       deutlich geschwächt. Ob es noch helfen kann, Umwelt- und
       Menschenrechtsprobleme zu beheben, ist fraglich.
       
       „Die Gesetze, die ein grünes Wachstum und eine nachhaltige und resiliente
       Wirtschaft gefördert hätten, wurden heute bis zur Unkenntlichkeit
       entkernt“, kritisiert Laura Niederdrenk vom WWF Deutschland. „Während
       Klima- und Biodiversitätskrisen voranschreiten, beschneidet die EU einige
       der wichtigsten Instrumente, um diese Krisen einzudämmen.“
       
       ## Merz will Lieferkettengesetz lockern
       
       Allerdings hat das EU-Parlament nicht das letzte Wort. Die Abstimmung war
       lediglich nötig, um den Weg für Verhandlungen mit den 27 EU-Staaten
       freizumachen. Sie sollen am 18. November beginnen und könnten dazu führen,
       dass das Lieferkettengesetz noch mehr aufgeweicht und letztlich
       aufgebrochen wird. Einige Mitgliedsstaaten wollen die neue Richtlinie am
       liebsten ganz streichen.
       
       Schon beim letzten EU-Gipfel Ende Oktober war es deshalb zu Streit
       gekommen. Kanzler Merz forderte das Europaparlament damals öffentlich auf,
       einen Beschluss zurückzunehmen, der die nun beschlossenen Lockerungen
       begrenzt hätte. „Das ist eine fatale Fehlentscheidung und die muss
       korrigiert werden“, forderte der Kanzler.
       
       Das Parlament hat ihm nun Folge geleistet – mit weit reichenden
       Konsequenzen für die Nachhaltigkeitsgesetzgebung, aber auch für die
       europäische Demokratie.
       
       Auch das deutsche Lieferkettengesetz, das seit 2023 gilt, will Merz
       abschwächen. Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung angekündigt,
       das Gesetz abzuschaffen und durch das europäische zu ersetzen. Würde die
       europäische Richtlinie nach dem heutigen Entwurf umgesetzt, würden die
       Pflichten für deutlich weniger Unternehmen gelten. [4][Statt wie bislang
       2.900 Unternehmen wären dann nur etwa 150 betroffen].
       
       Doch in der EU-Richtlinie ist das sogenannte Verschlechterungsverbot
       festgelegt. Eine Absenkung der bestehenden Regeln durch die Umsetzung von
       EU-Vorgaben könnte deshalb laut einem [5][Gutachten im Auftrag von
       Germanwatch und Oxfam] rechtswidrig sein.
       
       13 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] /Union-und-AfD-im-Europaparlament/!6117970
 (DIR) [4] /Regel-fuer-Menschenrechte-in-Lieferketten/!6116398
 (DIR) [5] https://www.germanwatch.org/sites/default/files/germanwatch_rechtsgutachten_zu_csddd_und_lksg_2024_0.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
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