# taz.de -- Protest gegen Niedersachsens Polizeigesetz: Fast wie in Bayern
       
       > In Niedersachsen vernetzen sich Kritiker des neuen Polizeigesetzes. Sie
       > planen eine Großdemo am 8. September.
       
 (IMG) Bild: „Einmal präventiv wegsperren, bitte“: Das neue Polizeigesetz soll's wochenlang möglich machen.
       
       HANNOVER taz | In einem sind sich Niedersachsens Innenminister Boris
       Pistorius (SPD) und die Kritiker des neuen Polizeigesetz einig:
       Niedersachsen soll nicht Bayern sein. Wenn Pistorius über [1][die geplanten
       Gesetzesänderungen] spricht, gibt er sich Mühe, die Unterschiede zum
       CSU-geführten Land zu betonen. Es sei ein „Kompromiss zwischen den
       veränderten Sicherheitsinteressen und dem Schutz der bürgerlichen
       Grundrechte“.
       
       Sogenannte Gefährder unbegrenzt in Präventivhaft nehmen? Das sei „nicht
       sinnvoll“, sagt Pistorius und versucht, gegenüber dem Koalitionspartner CDU
       und deren Hardliner Uwe Schünemann ein eigenes Profil zu wahren. Immerhin
       war Schünemann selbst zehn Jahre lang auf Pistorius’Posten und [2][hat als
       Innenminister den Seehofer gespielt].
       
       Die Hoffnung der KritikerInnen des neuen Polizeigesetzes gehen in eine
       andere Richtung. Ihre Einwände sollen Gehör finden – anders als in Bayern,
       wo Zehntausende demonstrierten, sich [3][die CSU aber nicht beirren ließ]
       und das Gesetz verschärfte. [4][Ein breites Bündnis ruft nun für den 8.
       September zu einer Großdemo in Hannover auf].
       
       Schließlich sind auch die Gesetzesänderungen in Niedersachsen kein
       Pappenstiel. SPD und CDU wollen mit dem neuen Polizeigesetz unter anderem
       74 Tage Präventivhaft für gefährliche Personen einführen und elektronische
       Fußfesseln anlegen können. Vorbeugend sollen Telefone überwacht und E-Mails
       mitgelesen werden, unter anderem mittels Trojaner-Software.
       
       Es sind Verschärfungen, [5][die in fast allen Bundesländern anstehen] –
       auch als Reaktion auf den Anschläge auf den Weihnachtsmarkt in Berlin 2016.
       Die Polizei soll reagieren, noch bevor etwas passiert ist – auch wenn das
       heißt, Menschen einzusperren, die noch keine Straftat begangen haben. Ein
       Paradigmenwechsel, der sich in den letzten Jahren bereits schleichend
       vollzogen hat. In Bremen steht der Gesetzesprozess still, seit der
       [6][grüne Koalitionspartner gegen die von der SPD geplanten Verschärfung
       intervenierte].
       
       In Niedersachsen aber sind nicht nur im Bereich der Terrorabwehr
       Verschärfungen geplant. Auf Demonstrationen soll Vermummung wieder als
       Straftat gelten, die öffentliche Überwachung soll ausgeweitet und
       PolizistInnen sollen mit Taserwaffen ausgestattet werden.
       
       Für den grünen Abgeordneten Belit Onay steht mit dem Polizeigesetz viel auf
       dem Spiel: [7][„Die Bürgerrechte werden verramscht“, sagt er]. Wohl auch
       deshalb ist die Opposition in diesem Fall ungewöhnlich breit. Im Landtag
       hält etwa auch die FDP mit dagegen.
       
       Außerhalb des Parlaments erreichte eine [8][Petition gegen das
       Polizeigesetz auf den Seiten der Organisation „Campact“] am Dienstag über
       22.000 Unterschriften. In einem neuen Bündnis sammeln sich verschiedenste
       Akteure, darunter neben der Grünen Jugend auch die Jusos, der Jugendverband
       von Ver.di, Antifagruppen, Linkspartei, der Verein Digitalcourage, aber
       auch der Niedersächsische Flüchtlingsrat oder Vertreter von
       Fußball-Fangruppen. .
       
       Auch die Göttinger Anwälte Sven Adam und Rasmus Kahlen sind gegen das
       Polizeigesetz aktiv. „Es wird immer gesagt, es gehe um Terrorabwehr“, sagt
       Kahlen, „die Maßnahmen, die geplant werden, haben mit Terrorabwehr aber
       nichts zu tun, sondern sind eine Ausweitung der Kompetenz der Polizei und
       eine Aushöhlung von Bürgerrechten.“ Seine Kritik wird er [9][am Mittwoch
       mit Sven Adam auf einer Veranstaltung im Holborn’schen Haus in Göttingen]
       vortragen. Adam ist zudem in den Landtag geladen. Drei Tage lang sollen
       Fachleute im August zu dem Gesetz gehört werden.
       
       Kahlen weist darauf hin, dass bei der Präventivhaft im Gesetz nicht von
       „Terroristen“ oder „Gefährdern“ gesprochen werde, sondern generell von
       „gefährlichen Personen“. Er erinnert an einen Fall, bei dem eine junge
       Antifaschistin übers Wochenende in Präventivhaft genommen worden sei, weil
       sie gegen den AfD-Parteitag demonstrieren wollte. Und wo? In Bayern.
       
       25 Jul 2018
       
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