# taz.de -- Beamte und Rentenkasse: Lasst die Beamten einzahlen
> Schwarz-Rot will den Sozialstaat reformieren – vor allem auf Kosten der
> Ärmeren. Besser wäre es, Staatsbedienstete stärker zur Kasse zu bitten.
(IMG) Bild: Auf Sparkurs: Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen
Kaum war der Bundeshaushalt 2025 beschlossen, stellte Finanzminister Lars
Klingbeil, SPD, schon den Entwurf für das kommende Haushaltsjahr vor.
Dieser Finanzetat hat es – ähnlich wie der alte – mit seinen
Rekordinvestitionen in Höhe von 126,7 Milliarden Euro in sich. Man müsse
jetzt sparen, forderte scheinbar folgerichtig der Finanzminister. Aber auch
die Prämissen des SPD-Chefs und Vizekanzlers, wo gespart werden soll, haben
es in sich: bei Bürokratie, Sozialstaat, Wirtschaft. Hier seien Reformen
bitternötig, das wisse mittlerweile schließlich jede und jeder. So weit, so
klar.
Die große Frage dabei ist: Wer genau darf sich schon mal darauf
vorbereiten, den berühmt-berüchtigten (Spar)-Gürtel enger zu schnallen?
Oder um es mit den Worten von Kanzler Friedrich Merz zu sagen, sich auf die
Reformdekaden „Herbst, Winter, Frühling und wieder Herbst“ vorzubereiten?
Der SPD-Mann Klingbeil weiß es: die Bürgerinnen und Bürger. Die müssten
sich auf „mutige und teils unbequeme Entscheidungen“ einstellen. So weit so
klar. Allerdings ist eine Gruppe mal wieder nicht gemeint: die Beamten. Sie
werden vom „finanzpolitischen Paradigmenwechsel“, wie Klingbeil versucht
das Sparziel zu verkaufen, ausgespart.
Dabei sind es gerade die öffentlich Bediensteten, die übermäßig viele
Privilegien genießen: Sie können nicht arbeitslos werden, verdienen netto
in der Regel besser als Angestellte und bekommen weitaus höhere Pensionen
als gewöhnliche Beschäftigte Rente. Selbst im Falle einer Frühpensionierung
ergeht es Beamten finanziell besser als dem immer wieder gern zitierten
Dachdecker und der Altenpflegerin, die wegen ihrer körperlichen und
psychischen Belastung oft nicht einmal das Rentenalter in ihrem Job
erreichen. Warum also Beamte nicht in die Sozialkassen, beispielsweise in
die Rentenversicherung, einzahlen lassen? Das müssen sie bislang nämlich
nicht.
Als Sozialministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas anregte, Staatsbedienstete
stärker zur Kasse zu bitten, ging der übliche Aufschrei durch die Republik:
Das komme einer Gehaltskürzung gleich und löse mitnichten das Drama des
demografischen Wandels, der ein Grund für die klammen Rentenkassen ist.
Außerdem stünden Beamte in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum
Staat und könnten deshalb beispielsweise nicht streiken. Unabhängig davon
würden Beamte, die in die Rentenversicherung einzahlen, zunächst zwar mehr
Geld in die Rentenkassen spülen, den Staat langfristig aber mehr kosten,
unter anderem weil sie länger als andere Berufstätige leben.
Das ist alles richtig – und trotzdem kein Grund, diese Privilegien nicht zu
reduzieren – wenigstens ein bisschen. Nicht nur, weil Finanzminister
Klingbeil nicht müde wird zu betonen, dass jetzt wirklich alle dazu
beitragen müssten, den Sozialstaat zu retten. Sondern weil es schlicht
ungerecht ist, dass Arbeitnehmer:innen und Beamte auch bei gleichem
Arbeitsentgelt später sehr unterschiedliche Altersbezüge haben.
Während die Normalbevölkerung auf ein Rentenniveau von 48 Prozent blickt,
dürfen Pensionär:innen mit bis zu 72 Prozent ihres letzten Grundgehalts
rechnen. Wer es besonders schlau anstellt, arbeitet sein Leben lang
reduziert und wechselt auf der Ruhestand-Zielgeraden in die Vollzeit, um
eine möglichst hohe Pension rauszuholen. Die „ruhegehaltfähigen
Dienstbezüge“, wie das im Beamtendeutsch heißt, sind in der Regel das
Grundgehalt der letzten zwei Jahre vor der Pensionierung.
Stattdessen wird beim Sparblick vor allem über eine Sozialreform
nachgedacht: beim Bürgergeld. Arbeit müsse sich wieder lohnen, daher
sollten Bürgergeldbezieher:innen stärker sanktioniert werden. All jene,
die „nicht mitmachen, müssen das auch merken“, gab Arbeitsministerin Bas
dem Druck der Union nach. [1][Eine Reichensteuer] indes, die einiges Geld
in die öffentlichen Kassen spülen würde und zudem gerechter wäre, steht
nicht auf dem Plan.
## Langzeitkranke mit vollen Bezügen – kein Einzelfall
Kritiker:innen der Idee, Beamte mit anderen Arbeitnehmer:innen
gleicher zu stellen, wenden gern ein, dass nicht die Rentenkasse die
Pensionen zahle, sondern der Staat. Aber auch der muss das Geld ja
irgendwoher nehmen. Und das kommt aus den Steuereinnahmen – und die werden
von der Gesamtbevölkerung entrichtet, also auch vom besagten Dachdecker und
der Altenpflegerin mit ihren weitaus geringeren Gehältern.
Ebenso wenig ist einzusehen, dass langzeitkranke Beamte ihr volles Gehalt
viele Jahre weiter bekommen, während Angestellte nach sechs Wochen
finanzielle Einbußen verkraften müssen. Kürzlich debattierte die
Öffentlichkeit über den Fall einer Lehrerin, die 16 Jahre lang krank
geschrieben war und in dieser Zeit offenbar ihr volles Gehalt bekam.
[2][Kein Einzelfall, sagt dazu ein Experte in der Süddeutschen Zeitung.]
Und wieso sind die meisten Lehrkräfte, Verwaltungsangestellten und sogar
Meteorologen beim Wetterdienst und Architektinnen in Baubehörden
verbeamtet? Es würde doch reichen, den Beamtenkreis auf Polizei, Justiz,
Feuerwehr zu beschränken?
Und wenn schon darüber nachgedacht wird, den Renteneintritt nach stärker
und weniger anstrengenden Berufen zu staffeln, wie es kürzlich das
Forschungsinstitut Pestel tat, warum dann nicht Beamte zuvorderst in die
Pflicht zu nehmen? Immerhin leben sie aufgrund ihrer körperlich leichteren
Tätigkeiten länger und gesünder als andere Berufstätige. Der Aufschrei
dürfte gewaltig sein, und ja, das wäre tatsächlich ungerecht. Aber wenn
Gerechtigkeit der Maßstab ist, müssen Beamte von ihren Privilegien abgeben.
Das kann man politisch umsetzen, man muss es nur wollen – und eben machen.
Natürlich nicht von heute auf morgen, sondern mit Übergangsfristen.
Rentenempfänger:innen kennen das bereits: Die Rente mit 67 wurde 2007
beschlossen, ab 2012 schrittweise eingeführt und ist 2031, wenn die Boomer
in den Ruhestand gehen, abgeschlossen. Würden Beamte in die Rentenkassen
einzahlen, wäre deren Finanzhaushalt laut [3][Prognos-Institut gesichert.
Erst ab 2070] sähe das wieder anders aus. Bis dahin allerdings sollten
weitere Lösungen gefunden sein.
30 Sep 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Rentenpaket-der-Bundesregierung/!6102089
(DIR) [2] https://www.sueddeutsche.de/panorama/lehrerin-berufskolleg-wesel-krankgeschrieben-16-jahre-heilpraktikerin-gehalt-beamtenrecht-verbeamtet-li.3303556?reduced=true
(DIR) [3] https://www.prognos.com/de/projekt/einbezug-von-beamtinnen-die-gesetzliche-rentenversicherung
## AUTOREN
(DIR) Simone Schmollack
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