# taz.de -- Abschiebedebatte um Syrer*innen: Unwürdig und unrealistisch
       
       > Die Debatte um eine „Rückführung“ ist völlig irregeleitet. Es ist
       > praktisch unmöglich, Hunderttausende Schutzzusagen noch einmal zu
       > überprüfen.
       
 (IMG) Bild: Bei seinem Besuch in Syrien zeigt sich Außenminister Wadephul erschüttert über das Ausmaß an Zerstörung, 30.10.2025
       
       Kaum ist die Stadtbild-Debatte etwas abgeflaut, startet die Union die
       nächste irrige Diskussion. Thema diesmal: Abschiebungen nach Syrien.
       CDU-Außenminister Johann Wadephul befand bei einem Besuch in Damaskus:
       [1][„Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“], und stellte
       damit Abschiebungen nach Syrien infrage. Für viele in der Union ein
       Skandal, schließlich hat sie der SPD im Koalitionsvertrag die Zustimmung zu
       solchen Abschiebungen abgerungen.
       
       In der seitdem anhaltenden Debatte geht einiges durcheinander. Während
       manche betonen, es gebe überhaupt keinen Dissens und alles sei nur ein
       großes Missverständnis, schlagen andere Alarm und widersprechen Wadephul
       direkt. Ähnlich verwirrend wird es, wenn man versucht herauszufinden, um
       wen es bei der ganzen Debatte eigentlich geht. „Natürlich die Straftäter“,
       sagt der eine Kritiker Wadephuls, während der nächste von „jungen Männern
       arabischer Herkunft sunnitischer Konfessionszugehörigkeit“ spricht und der
       dritte gleich sagt, dass „für die allermeisten ausgereisten Syrer eine
       Rückkehr nun möglich und zumutbar“ sei.
       
       Von der Realität ist all das weitgehend entkoppelt. Die Kritiker Wadephuls
       ignorieren nicht nur die desaströse Menschenrechtslage in Syrien. Auch wenn
       man die moralischen und juristischen Fragen außen vor lässt, ist die
       Vorstellung absurd, man könne Hunderttausende Syrer*innen aus
       Deutschland abschieben. Zur Erinnerung: Mit Riesenaufwand hat die aktuelle
       Bundesregierung die Zahl der Abschiebungen in diesem Jahr auf gerade einmal
       17.651 gesteigert. Und die Behörden sind schon gut ausgelastet, ohne in
       Hunderttausenden Fällen bereits erteilte Schutzzusagen noch einmal zu
       überprüfen.
       
       Wie so oft in der Migrations- und Asylpolitik [2][geht die Diskussion damit
       völlig an dem vorbei, was wichtig ist]. Es ist ja ganz einfach: In Zeiten
       des Fachkräftemangels, der Überalterung und der kriselnden Sozialsysteme
       muss jedem noch so herzenskalten Politiker daran gelegen sein, dass in
       Deutschland bleibt, wer bleiben möchte und sich einigermaßen in die
       Gesellschaft einfügt.
       
       Gleichzeitig muss denen geholfen werden, die lieber in das Land
       zurückkehren möchten, aus dem sie einst fliehen mussten. Dabei geht es
       nicht nur darum, hier lebenden Syrer*innen Erkundungsreisen in ihr
       Herkunftsland zu ermöglichen, ohne dass sie ihren Aufenthaltstitel
       verlieren. Es geht auch darum, die progressiven politischen Kräfte in
       Syrien zu unterstützen, wo auch immer das möglich ist. Damit man in Syrien
       irgendwann eben doch „richtig würdig leben“ kann.
       
       3 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.zeit.de/politik/2025-11/debatte-syrien-rueckkehrer-kritik-johann-wadephul-cdu
 (DIR) [2] /Asylpolitik-in-Daenemark/!6122173
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederik Eikmanns
       
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