# taz.de -- Sparpläne in Berlin: Alles wieder zurecht gekürzt?
       
       > Nach Protesten gegen die Kürzungen nimmt Schwarz-Rot einige
       > Kürzungsvorhaben zurück. Doch die Finanzierung steht auf wackligen Füßen.
       
 (IMG) Bild: Die Wirkung des Protests? Einige Kürzungsvorhaben wurden in der Kultur zurückgenommen
       
       Die zahlreichen Proteste gegen die schwarz-rote Rotstiftpolitik zeigen
       offenbar Wirkung: Kurz vor Abschluss der Haushaltsverhandlungen haben CDU
       und SPD einige geplante Kürzungen wieder zurückgenommen. Zuerst hatten rbb
       und Tagesspiegel berichtet.
       
       Bereits Freitagabend haben sich Fachpolitiker:innen der schwarz-roten
       Koalition besprochen und die Kürzungsliste für den geplanten
       Nachtragshaushalt entsprechend überarbeitet. Vergangene Woche hatten rund
       5.000 Beschäftigte [1][vor dem Abgeordnetenhaus protestiert].
       
       Insbesondere in den großen Häusern der Kulturszene dürfte nun zunächst
       aufgeatmet werden. Der überarbeiteten Sparliste zufolge, die der taz
       vorliegt, müssen einige wesentlich weniger sparen, als zunächst geplant:
       Etwa das Deutsche Theater (von -3 Mio. auf -1,4 Mio. Euro), die Schaubühne
       (von -1,8 Mio. auf -1 Mio. Euro) und das Berliner Ensemble (von -1,75 Mio.
       auf -1 Mio. Euro).
       
       Zurückgenommen wurden die Kürzungen beim Hebbel-Theater (HAU), dem Theater
       an der Parkaue und beim Gripstheater. Auch bei den Berliner
       Philharmoniker:innen und den Rundfunkorchestern und -chören soll
       nicht mehr gespart werden. Auch die Bibliotheken werden entlastet.
       
       ## Kürzungen werden umgeschichtet
       
       Insgesamt bleibt die Summe, die in allen Ressorts eingespart werden muss,
       allerdings gleich – Schwarz-Rot schichtet die Einsparungen lediglich um. An
       anderen Stellen wird deshalb in der Kultur radikal gekürzt: Mehr bluten
       muss etwa der Friedrichstadt-Palast (+250.000 Euro Kürzungen) oder die
       Stiftung Preußischer Kulturbesitz (0 auf -5,9 Mio. Euro Kürzungen). Der
       Haushaltstitel für den Ausbau von Arbeitsräumen für Künstler:innen wurde
       gar von 21 Mio. auf 3 Mio. Euro fast vollständig zusammengestampft.
       
       Daniel Wesener, Sprecher für Kulturfinanzierung der Grünen, bezeichnete
       dies gegenüber der taz als „kulturpolitische Katastrophe“. „Wenn der
       Nachwuchs keine bezahlbaren Proberäume, -bühnen oder Ateliers findet,
       schafft sich die Kulturmetropole in einigen Jahren von selbst ab“, sagt
       Wesener. [2][Laut dem Tagesspiegel] argumentieren die Haushälter:innen,
       dass diese Gelder bisher schlicht nicht abgerufen wurden. Wesener sagt, es
       handle sich um fest verplante Investitionsmittel. „Da stehen konkrete
       Projekte dahinter.“ Dass die Gelder noch nicht abgerufen wurden, sei bei
       langfristigen Bauprojekten durchaus üblich.
       
       Darüber hinaus wirft Wesener den Koalitionsfraktionen „politische
       Planlosigkeit“ und „handwerklichen Dilettantismus“ vor. Nur die großen
       Häuser seien „ein wenig“ entlastet worden, vielen anderen Projekten – etwa
       der Berlin Mondiale oder der Jugendkulturinitiative – drohe weiter das Aus.
       Und auch bei der Entlastung der großen Häuser bediene sich der Senat „fast
       ausschließlich an Mitteln, die nur einmalig in 2025 verfügbar“ seien. Die
       zurückgenommenen Kürzungen seien deshalb ein „reines Strohfeuer“ – bereits
       Ende des kommenden Jahres wären die Reserven endgültig aufgebraucht.
       
       ## Die „große Entwarnung“?
       
       Auch in anderen Bereichen scheint fraglich, woher die Gelder für die
       Refinanzierung der gestrichenen Kürzungen kommen. So lautet etwa in der
       Bildungs- und Jugendarbeit die gute Nachricht, dass offenbar [3][Projekte
       wie queere Jugendzentren] und die aufsuchende Jugendarbeit von Trägern wie
       Gangway gerettet wurden. Maja Lasić, bildungspolitische Sprecherin der SPD
       im Abgeordnetenhaus, sprach gegenüber der taz gar von einer „großen
       Entwarnung“.
       
       Gegenfinanziert wird diese laut Lasić allerdings mit bezirklichen Geldern
       für Kita- und Spielplatz-Sanierungen. Auch die seien bisher nicht abgerufen
       worden, argumentiert Lasić, die Bezirke würden die Kürzungen deshalb „gar
       nicht merken“. „Gerettet“ worden seien zudem die Klassenfahrten: Künftig
       soll es für Schulen möglich werden, zum Beispiel ihre Budgets für
       Vertretungen für die Reisekosten der Lehrkräfte zu verwenden.
       
       Im Bereich Verkehr wird derweil laut Tagesspiegel plötzlich mit 4,6
       Millionen Euro geringerer Steuer- und Abgabenlast gerechnet. Das erlaubt
       etwa Streichungen von Kürzungen bei Maßnahmen zur Verbesserung des Rad- (-3
       Mio auf -1,5 Mio.) und Fußverkehrs (Kürzungen zurückgenommen) sowie der
       Verkehrssicherheit (Kürzungen zurückgenommen). Auch bei
       Straßenbeleuchtungen soll nicht gespart und das Leihfahrradsystem Nextbike
       weiter bezuschusst werden.
       
       ## Alternativen zur Sparpolitik
       
       Sebastian Schlüsselburg, haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion,
       stellt gegenüber der taz die schwarz-rote Sparpolitik grundsätzlich in
       Frage. Er kritisiert, dass die Sparpläne „im Hinterzimmer“ politisch
       erstellt worden seien, „ohne mit den Betroffenen zu sprechen“. Das
       Parlament kenne die geplanten Wege der Gegenfinanzierung nur aus der Presse
       – ein formaler Änderungsantrag liege nicht vor.
       
       Er betont, dass es „echte Alternativen“ zu den nun umgeschichteten
       Kürzungsvorhaben gebe. So könne schon eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer
       um 0,5 Prozent jährlich 100 Mio Euro zusätzlich bringen. Zudem könne Berlin
       noch 2024 eine Milliarde Euro an Konjunkturkrediten aufnehmen.
       
       Am kommenden Mittwoch sollen die geplanten Änderungen im parlamentarischen
       Hauptausschuss debattiert und am 19. Dezember mit dem ganzen
       Nachtragshaushalt vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Insgesamt muss
       das Land Berlin 3 Milliarden Euro einsparen.
       
       8 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kuerzungen-im-Jugend--und-Sozialbereich/!6050124
 (DIR) [2] https://www.tagesspiegel.de/kultur/entwarnung-beim-berliner-kultur-spardrama-die-planlosigkeit-ist-erschreckend-12834494.html
 (DIR) [3] /Sparkurs-in-Berlin/!6048609
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Timm Kühn
       
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