# taz.de -- Wahl zur Bundestagsvizepräsidentin: Dritter Anlauf für die AfD
       
       > Mariana Harder-Kühnel geht in den dritten Wahlgang zur
       > Bundestagsvizepräsidentin. Der Umgang damit ist in den Parteien
       > umstritten.
       
 (IMG) Bild: Gilt als moderate AfD-Politikerin: Mariana Harder-Kühnel
       
       Berlin taz | Anderthalb Jahre nach der Konstituierung des Bundestags will
       die AfD an diesem Donnerstag einen Sitz im Parlamentspräsidium durchsetzen.
       Die Rechtspopulist*innen schicken ihre Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel
       [1][in einen dritten Wahlgang] als Bundestagsvizepräsidentin. In diesem hat
       die 44-jährige Hessin größere Chancen, gewählt zu werden, denn die einfache
       Mehrheit reicht. Doch der Ausgang der Wahl gilt als offen.
       
       Denn nicht nur die Große Koalition, auch einzelne Fraktionen sind gespalten
       in der Frage, ob man [2][die AfD-Abgeordnete] wählen soll oder nicht. Kurz
       nach der Bundestagswahl war der damalige AfD-Kandidat Albrecht Glaser auch
       wegen seiner Äußerungen zur Religionsfreiheit für Muslime dreimal
       durchgefallen. Seitdem ist der Posten unbesetzt. Grundsätzlich steht jeder
       Fraktion ein Sitz im Präsidium zu.
       
       Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat inzwischen angekündigt, für
       Harder-Kühnel stimmen zu wollen. Das gefällt der SPD gar nicht.
       Generalsekretär Lars Klingbeil nannte eine Unterstützung für die
       AfD-Kandidatin am Mittwoch ein „absolutes No-Go“ und einen „Schlag ins
       Gesicht für alle Demokraten, die im Plenum gegen Hass und Hetze der AfD
       kämpfen.“
       
       Auch andere SPD-Abgeordnete kündigten auf Twitter an, Harder-Kühnel ihre
       Stimme zu verweigern. Johannes Kahrs fragte, ob die Union nichts aus den
       20er und 30er Jahren gelernt habe. Ein Bündnis aus zwölf jüngeren
       SPD-Abgeordneten hatte bereits am Dienstag mitgeteilt, dass Harder-Kühnel
       nicht wählbar sei.
       
       ## Die Skepsis ist groß
       
       SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider sagte, es gebe kein
       Fraktionsvotum zu der Abstimmung. Aber die Wortmeldungen in der Fraktion
       seien „überwiegend“ so gewesen, dass mit Nein gestimmt werde. Auch in der
       Union ist die Abstimmung freigegeben. Wie Brinkhaus hat auch
       FPD-Fraktionschef Christian Lindner angekündigt, die Kandidatin zu wählen.
       
       Er wolle der AfD keine Gelegenheit bieten, sich selbst als Märtyrer zu
       stilisieren. „Das hält der Deutsche Bundestag aus“, sagte Lindner mit Blick
       auf eine mögliche AfD-Vizepräsidentin. Auch in der FDP ist die Abstimmung
       freigegeben, einige Abgeordnete kündigten bereits an, nicht für
       Harder-Kühnel stimmen zu wollen.
       
       Bei den Grünen ist die Skepsis ebenfalls groß. Die AfD-Frau sei Mitglied
       einer Partei, „die den Nationalsozialismus und die Schoah für einen
       Vogelschiss hält“, so der Abgeordnete Sven-Christian Kindler. Er werde
       deshalb bei der Wahl für das Amt der Vizepräsidentin des Bundestages gegen
       sie stimmen.
       
       Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, sagte,
       es gebe keine Empfehlung zum Abstimmungsverhalten der Fraktion. „Jeder
       Abgeordnete entscheidet für sich in geheimer und freier Wahl.“
       
       ## Sie gilt als moderat
       
       Auch bei den Linken ist die Abstimmung freigegeben. „Angesichts der
       Entwicklung der AfD in den letzten Monaten glaube ich nicht, dass sie eine
       Stimme aus meiner Fraktion bekommt“, so Jan Korte, der Parlamentarische
       Geschäftsführer.
       
       Wenn ein großer Teil der Kritiker*innen allerdings nicht mit Nein stimmt,
       sondern sich enthält, könnte Harder-Kühnel gewählt werden. Denn anders als
       in den beiden ersten Wahlgängen reicht im dritten die einfache Mehrheit –
       Enthaltungen zählen also nicht.
       
       Harder-Kühnel hat unterdessen an die anderen Abgeordneten appelliert,
       diesen „Königsweg“ der Enthaltung zu gehen. Bernd Baumann, der
       Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, äußerte sich „gebremst
       optimistisch“. Harder-Kühnel habe Gespräche mit Mitgliedern aller
       Fraktionen mit Ausnahme der Linken geführt, sagte Baumann. Vorbehalte gegen
       sie als Person seien nicht formuliert worden. Die anderen Fraktionen
       wollten sich dazu nicht äußern. Über die Gespräche sei Stillschweigen
       vereinbart worden.
       
       Die Familienpolitikerin Harder-Kühnel gilt innerhalb der AfD-Fraktion als
       vergleichsweise moderat, allerdings ohne jemals in den Konflikt mit den
       Partei-Rechtsaußen gegangen zu sein. Baumann kündigte an, wenn
       Harder-Kühnel durchfalle, werde die AfD-Fraktion eine Klage prüfen – und
       künftig in jeder Sitzungswoche eine Wahl anberaumen, „mit unterschiedlichen
       Personen“.
       
       4 Apr 2019
       
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