# taz.de -- Politische Einflußnahme auf Medien: Die unheimlichen Mainzelmacher
       
       > Der Skandal um die CSU-Intervention beim ZDF? Schlimm genug. Schlimmer:
       > Politiker kontrollieren in Rundfunkgremien diejenigen, die sie
       > kontrollieren sollen.
       
 (IMG) Bild: Nichts hören, nichts sagen, nichts tun: Der Verwaltungsrat des ZDF in Sitzung
       
       BERLIN taz | In der CSU-Medienaffäre droht die bayerische SPD mit einem
       parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Er soll die Umstände der
       Intervention des mittlerweile zurückgetretenen Parteisprechers Hans Michael
       Strepp beim ZDF vor einer Woche klären und ermitteln, ob und falls ja von
       wem es einen Auftrag dafür gab.
       
       „Wenn es in den ZDF-Gremien keine Aufklärung gibt, wird die SPD-Fraktion
       die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im bayerischen Landtag
       prüfen“, sagte SPD-Landeschef Florian Pronold der Bild am Sonntag.
       Schließlich soll Strepp laut ZDF versucht haben, durch seinen Anruf bei der
       „heute“-Redaktion einen Beitrag vom Parteitag der Bayern-SPD zu verhindern.
       Strepp selbst sagt, es habe zwar einen Anruf gegeben, aber keinen Versuch
       der Einflussnahme.
       
       Pronolds Untersuchungsausschuss-Drohung entbehrt nicht einer gewissen
       Ironie – und offenbart das ganze Dilemma des Politeinflusses im
       öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Denn die für die Programmaufsicht bei ARD
       und ZDF zuständigen Gremien sind reihenweise mit PolitikerInnen durchsetzt.
       Besonders problematisch ist die Lage beim Deutschlandradio bzw.
       Deutschlandfunk – und beim ZDF.
       
       ## Absurdes Ersatzparlament
       
       Beim Zweiten heißt dieses Gremium Fernsehrat, und bei diesem ist der
       sogenannte Programmausschuss Chefredaktion für die Kontrolle des aktuellen
       politische Programms zuständig. Also auch für die Causa Strepp. Von seinen
       23 Mitgliedern sind rund 20 aktive oder ehemalige PolitikerInnen. Der
       ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender nannte den Ausschuss daher
       sarkastisch ein „absurdes Ersatzparlament, in dem Politiker über genau die
       Journalisten zu Gericht sitzen, die eigentlich ihre Politik durch kritische
       Berichterstattung begleiten und kontrollieren sollen“.
       
       Brender hat seine Erfahrung mit dem Politeinfluss in Sendergremien. Denn
       nicht nur im ZDF-Chefredakteursausschuss hat die Politik eine eingebaute
       Mehrheit. Auch im höchsten ZDF-Gremium, dem Verwaltungsrat, ist der
       Einfluss der Exekutive unübersehbar: Der Verwaltungsrat „überwacht die
       Tätigkeit des Intendanten vor allem in Haushaltsfragen“, heißt es in der
       Selbstdarstellung der Mainzer Anstalt. Allerdings spricht das 14-köpfige
       Gremium auch in Personalfragen ein gewichtiges Wort mit.
       
       Spitzenposten wie der Chefredakteur und der Programmdirektor werden zwar
       vom Intendanten des Zweiten vorgeschlagen, müssen aber vom Verwaltungsrat
       abgesegnet werden. „Einvernehmen“ nennt sich das dann vornehm. Und weil
       2009 dieses Einvernehmen für eine Verlängerung von Brenders Vertrag als
       ZDF-Chefredakteur fehlte, musste der Mann gehen.
       
       ## Landesproporz im Verwaltungsrat
       
       Da Rundfunk in Deutschland Ländersache ist, sind im ZDF-Verwaltungsrat
       gleich fünf Plätze für Landesfürsten reserviert. Vorsitzender ist aktuell
       Kurt Beck (SPD), der den Posten auch nach seinem Ausscheiden als
       rheinland-pfälzischer Ministerpräsident Anfang 2013 behalten wird. Daneben
       überwachen noch Stanislaw Tillich (Sachsen, CDU), Matthias Platzeck
       (Brandenburg, SPD) und pikanterweise Horst Seehofer (Bayern, CSU) die
       Arbeit von ZDF-Intendant Thomas Bellut.
       
       Der fünfte Platz ist derzeit vakant, auf ihm saß bis zu seinem Rücktritt
       Ministerpräsident Peter Müller (CDU). Das grün-rot regierte
       Baden-Württemberg hat Anspruch auf einen Sitz angemeldet. Dazu kommen noch
       der Staatsminister für Kultur und Medien der Bundesregierung, Bernd Neumann
       (CDU), sowie acht weitere Mitglieder, die vom Fernsehrat des ZDF entsandt
       sind und die sogenannten gesellschaftlichen Gruppen vertreten.
       
       Der ZDF-Fernsehrat ist mindestens genauso wichtig, schließlich wählt er den
       Intendanten. Hier sind die sogenannten gesellschaftlich relevanten Gruppen
       – von Kirchen, Gewerkschaften über Umwelt- und Unternehmerverbände bis zum
       Sport und Tierschutz – zwar rein rechnerisch in der Überzahl, doch auch
       ihre Auswahl wird zu einem Drittel wieder durch die Ministerpräsidenten der
       Länder, also die Politik, vorgenommen.
       
       Daneben sitzen noch 16 Vertreter der Länder und drei für die
       Bundesregierung im Fernsehrat, fast alle sind Minister oder doch wenigstens
       Staatssekretäre. Und weil Parteien natürlich auch gesellschaftlich relevant
       sind, gibt es noch mal zwölf Pöstchen für Parteipolitiker. Und auch bei so
       unverdächtigen Organisationen wie dem Roten Kreuz (DRK) gilt am Ende das
       Primat der Politik: Fürs DRK sitzt dessen Präsident Rudolf Seiters im
       ZDF-Fernsehrat. In den 1990ern war der CDU-Mann Seiters Innenminister unter
       Helmut Kohl.
       
       28 Oct 2012
       
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 (DIR) Steffen Grimberg
       
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