# taz.de -- Vattenfall plant Ausstieg aus Braunkohle: Umweltschutz gegen Arbeitsplätze
       
       > Der schwedische Staatskonzern will sich aus der Kohleförderung in
       > Ostdeutschland zurückziehen. Politiker sind besorgt, Naturschützer
       > zuversichtlich.
       
 (IMG) Bild: Raus aus der Mondlandschaft: Abraumhalden im brandenburgischen Welzow.
       
       DÜSSELDORF/STOCKHOLM rtr/dpa | Der schwedische Energiekonzern Vattenfall
       bereitet den Abschied aus seinem deutschen Braunkohlegeschäft mit Tausenden
       Beschäftigten vor. Der Versorger werde in den kommenden Monaten
       Möglichkeiten für eine „nachhaltige und neue Eigentümerstruktur“ prüfen,
       sagte der neue Vorstandschef Magnus Hall am Donnerstag.
       
       Der Konzern wolle seinen Kohlendioxidausstoß deutlich senken, für den die
       Braunkohle maßgeblich verantwortlich sei. „Wir haben eine klare Strategie,
       unseren CO2-Ausstoß zu verringern und unser Unternehmen so umzuwandeln,
       dass sich sein Portfolio auf Erneuerbare konzentriert“, erklärte der neue
       Chef des Staatskonzerns.
       
       Vattenfall werde den Prozess in Abstimmung mit der Bundesregierung und den
       Ländern Brandenburg und Sachsen vorantreiben, wo sich ein Großteil des
       Geschäfts befinde. Der Konzern beschäftigt in der Förderung und Verstromung
       von Braunkohle in Deutschland mehr als 8.000 Mitarbeiter.
       
       Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke forderte die rasche
       Aufnahme von Gesprächen. „Die Braunkohleverstromung ist und bleibt nach dem
       Atomausstieg ein unverzichtbarer Baustein der Energiewende in Deutschland“,
       betonte er. Vattenfall müsse den „unterträglichen Zustand der Ungewissheit“
       beenden, sagte Landeswirtschaftsminister Ralf Christoffers. „Das ist die
       Bringeschuld gerade eines staatlichen Unternehmens.“
       
       Vattenfall ist nicht nur ein wichtiger Arbeitgeber, sondern auch ein großer
       Auftraggeber für die Industrie und das Gewerbe in Ostdeutschland. Dem
       Konzern zufolge erhielten im zurückliegenden Jahr über 1.700 Firmen in
       Brandenburg und Sachsen Aufträge von Vattenfall.
       
       ## Klimasünder Braunkohle
       
       Vattenfall-Chef Hall wollte den Wert der Bereiche nicht beziffern. Es
       handele sich aber um ein wichtiges Geschäft. Die Braunkohlekraftwerke
       erzeugten etwa zehn Prozent des insgesamt in Deutschland produzierten
       Stroms. Zugleich stießen sie aber jährlich rund 60 Millionen Tonnen
       Kohlendioxid aus. In der Lausitz betreibt Vattenfall fünf Tagebaue:
       Jänschwalde, Cottbus-Nord, Welzow-Süd, Nochten und Reichswalde. Hinzu
       kommen in Ostdeutschland die Kraftwerke Boxberg, Schwarze Pumpe,
       Jänschwalde und Lippendorf.
       
       Braunkohle gilt im Vergleich zur Steinkohle und insbesondere zu
       Gaskraftwerken als besonders klimaschädlich. Ein weiterer großer Produzent
       in Deutschland ist der Essener Energiekonzern RWE. Umweltschützern ist der
       Brennstoff schon lange ein Dorn im Auge. Greenpeace forderte von Vattenfall
       am Donnerstag den Ausstieg. „Wenn es Vattenfall ernst meint mit dem Umbau
       hin zu Erneuerbaren Energien, dann muss Konzernchef Magnus Hall das
       Braunkohlegeschäft in den kommenden Jahren schrittweise runterfahren und
       parallel in der Lausitz in Erneuerbare Energien investieren.“
       
       Die Gewerkschaft IGBCE sorgt sich indes um die Arbeitsplätze. „Das
       Braunkohlegeschäft von Vattenfall muss mit voller Leistungskraft,
       Zukunftsfähigkeit und Investitionsstärke erhalten bleiben“, forderte
       Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis. Eine Zerschlagung zugunsten eines
       hohen Verkaufspreises dürfe es nicht geben. „Wir werden nicht zulassen,
       dass die Braunkohle unter unklaren Bedingungen in eine neue Zukunft geht.“
       
       Hall versicherte, dass Vattenfall an seinen übrigen Geschäften in
       Deutschland, darunter der Strom- und Gasvertrieb in Hamburg und Berlin,
       Windkraftanlagen und der Netzbetrieb, festhalten wolle. Der Konzern kämpft
       wie die Konkurrenten E.ON, RWE und EnBW wegen des Verfalls der
       Strom-Großhandelspreise mit Gewinneinbrüchen.
       
       Nach Abschreibungen, unter anderem auf die niederländische Tochter Nuon,
       fuhr der Konzern im dritten Quartal einen operativen Verlust von 19,4
       Milliarden Schwedischen Kronen (umgrechnet rund zwei Milliarden Euro) ein.
       Für das kommende Jahr hat sich Vattenfall ein noch strengeres Sparprogramm
       auferlegt als zunächst geplant und will 3 Milliarden Kronen einsparen.
       
       30 Oct 2014
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Braunkohle
 (DIR) Vattenfall
 (DIR) CO2
 (DIR) Arbeitsplätze
 (DIR) Dietmar Woidke
 (DIR) Brandenburg
 (DIR) Sachsen
 (DIR) Braunkohle
 (DIR) Ökostrom
 (DIR) Greenpeace
 (DIR) Braunkohle
 (DIR) Berlin
 (DIR) Kohle
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Braunkohle
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Brandenburg
 (DIR) Atomausstieg
 (DIR) Vattenfall
 (DIR) DDR
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Umweltaktivisten bei Cottbus: Kein Schadensersatz für Vattenfall
       
       Knapp zwei Jahre nach der Protestaktion hat ein Gericht entschieden. Die
       Greenpeace-Aktivisten, die sich an Gleise ketteten, werden nicht zur Kasse
       gebeten.
       
 (DIR) Zweifel am Jobmotor Energiewende: Arbeitsplätze, fucking kompliziert
       
       Die Energiewende schafft jährlich rund 18.000 neue Jobs. „Relativ
       unbedeutend“, sagen Wissenschaftler. Öko-Lobbyisten nennen oft höhere
       Zahlen.
       
 (DIR) Vattenfalls Braunkohle-Tagebau: Fatal für das Klima
       
       Schwedens Grüne geben den Widerstand gegen das Abstoßen des deutschen
       Vattenfall-Tagebaus auf. Ihr Argument: Verantwortung für Steuerzahler.
       
 (DIR) Protest gegen Tagebaue in der Lausitz: Hoffen auf die Regierungen
       
       Rund 1.000 Menschen demonstrieren für ein Ende der Stromerzeugung aus
       Braunkohle. Die Chancen darauf sind besser denn je.
       
 (DIR) Beratung für Schuldner eingestellt: Vattenfall knipst das Licht aus
       
       VERSORGUNG Mehr als 17.000 Haushalten hat Vattenfall 2013 den Strom
       abgestellt. Jetzt finanziert das Unternehmen auch keine Beratung für
       säumige Kunden mehr
       
 (DIR) Abschaltung von Kraftwerken: Weniger Kohle, mehr Geld
       
       Ein Institut verspricht eine „doppelte Dividende“ bei der Stilllegung von
       Kraftwerken. Auch die EEG-Umlage zur Förderung der Erneuerbaren sinke.
       
 (DIR) Gefahren der Energiewende: Todesfalle für Abendsegler
       
       Eine Studie zeigt: Windräder im Wald können Vögel schreddern und
       Fledermaus-Lungen platzen lassen. Naturschützer fordern ein Moratorium.
       
 (DIR) Klimapolitik in Deutschland: Ordentlich Koks vor der Hütte
       
       Greenpeace-Aktivisten haben Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel acht Tonnen
       Braunkohle vor seine Haustür gekippt. Sie werfen ihm die Schonung der
       Kohlelobby vor.
       
 (DIR) Protest der Gewerkschaften: Aufstehen gegen das Klima
       
       Gewerkschaften protestieren gegen das Aus für Kohlekraftwerke. Das
       Emissionsziel sei „nicht in Stein gemeißelt“, heißt es.
       
 (DIR) Rot-rote Koalition in Brandenburg: Regierung mit „einem Sarrazin“
       
       In Potsdam besiegeln SPD und Linke die Neuauflage von Rot-Rot.
       Innenminister wird ein Rechter, für Agrar ist ein Genosse der Hühnerbarone
       vorgesehen.
       
 (DIR) Energiewende: Der teure Atomausstieg
       
       Schadenersatzklage des Konzerns Vattenfall für stillgelegte AKWs Krümmel
       und Brunsbüttel verärgert Schleswig-Holsteins Energieminister Robert
       Habeck.
       
 (DIR) Schwedens Energiepolitik: Stockholm stützt Vattenfall
       
       Auch die rot-grüne Regierung steht hinter der Klage des Energiekonzerns. Er
       fordert 4,7 Milliarden für den Atomausstieg in Deutschland.
       
 (DIR) Strukturwandel in Ostdeutschland: Auferstehung mit Ruinen
       
       In Zeitz, der Stadt des Maschinenbaus, der Kinderwagen und Klaviere, hat
       die Deindustrialisierung gewütet. Doch es gibt erste Zeichen der Erholung.
       
 (DIR) Folgekosten von Atomkraft: Wo ist die Kohle?
       
       Die Bundesländer fordern Klarheit: Wer zahlt den Abbau eines AKW, wenn der
       Betreiber pleite ist? Was passiert, wenn sich ein Konzern verweigert?