# taz.de -- Alle Konten gekündigt: Rote Hilfe droht das finanzielle Aus
       
       > Innerhalb weniger Tage wurden die beiden Konten des linken Hilfsvereins
       > Rote Hilfe gekündigt. Steckt der Feldzug der Trump-Regierung gegen
       > antifaschistische Gruppen dahinter?
       
 (IMG) Bild: „Gegen Repression“: Hier wurde noch mit Rote-Hilfe-Banner 2016 in Berlin demonstriert. Nun trifft es die Rote Hilfe selbst
       
       Sie ist die älteste und größte Organisation innerhalb der linken Szene, mit
       rund 19.000 Mitgliedern: [1][Seit mehr als 100 Jahren unterstützt die Rote
       Hilfe linke Gefangene], übernimmt Prozesskosten oder verschafft ihren
       Verfahren Öffentlichkeit. Nun aber steht der finanzielle Fortbestand des
       Hilfsvereins auf der Kippe: Zwei Banken, die Sparkasse Göttingen und die
       GLS Bank, haben ihre Konten gekündigt. „Beides ist innerhalb weniger Tage
       geschehen“, sagte Bundesvorstand Hartmut Brückner der taz. „Das stellt uns
       jetzt tatsächlich vor die Existenzfrage.“
       
       Konkrete Gründe für die Kündigungen seien nicht genannt worden, so
       Brückner. Die Rede sei nur von „regulatorischen Anpassungen“ gewesen – also
       Änderungen, um sich neuen Vorschriften oder Gesetzen anzupassen. Die
       Auflösung der Konten soll innerhalb der nächsten zwei Monate erfolgen.
       
       Die Sparkasse in Göttingen, wo die Rote Hilfe ihren Vereinssitz hat, und
       die GLS Bank wollten sich dazu nicht äußern. Aufgrund des Bankgeheimnisses
       und Datenschutzes könne man keine Auskünfte zu Konten oder Kund*innen
       erteilen, hieß es von beiden Instituten. Gerade im Fall der GLS ist die
       Kündigung aber pikant, da diese sich selbst nachhaltigem, sozialem Handeln
       und „gegenseitiger Hilfe“ verschreibt.
       
       Für die Rote Hilfe hat die Entscheidung gravierende Folgen: Ohne Konten
       kann sie keine Mitgliedsbeiträge oder Spenden mehr annehmen oder verwalten,
       keine Prozesskosten erstatten und müsste Mitarbeitende entlassen.
       
       Ein möglicher Grund für die Kündigungen könnte Druck von
       Sicherheitsbehörden sein. Der Verfassungsschutz stuft die Rote Hilfe schon
       länger als linksextremistisch ein und beobachtet sie. Die Behörde wirft ihr
       vor, den Rechtsstaat zu „delegitimieren“, indem sie von Klassenjustiz
       spricht und Sicherheitsbehörden diskreditiert. Solche Einstufungen haben
       auch Konsequenzen für Banken: Sind beobachtete Vereinigungen bei ihnen
       Kund*innen, müssen die Institute die Konten deutlich strenger auf
       extremistische, terroristische oder Geldwäscheaktivitäten prüfen – was
       einige Kapazitäten kostet. Aber: Diese Einstufung gibt es eben bereits seit
       Jahren.
       
       ## USA stuften zuvor die Antifa Ost als terroristisch ein
       
       Die Rote Hilfe vermutet daher einen anderen Auslöser: die US-Regierung von
       Donald Trump. Denn die hatte [2][Mitte November die deutsche Antifa Ost
       beziehungsweise „Hammerbande“ als ausländische terroristische Vereinigung
       eingestuft]. Mit dem Namen wird [3][eine Gruppe Antifaschist*innen
       bezeichnet, denen schwere Angriffe auf Rechtsextreme in Ostdeutschland und
       Budapest vorgeworfen] wird. Mit der Einstufung setzte Trump seine Kampagne
       gegen die Antifa fort, auch international – obwohl es US-Verbindungen der
       Antifa Ost gar nicht gibt.
       
       Welche Personen die USA zur „Antifa Ost“ zählen und sanktionieren, ist bis
       heute unklar. Aber die US-Regierung erklärte bei der Terroreinstufung
       explizit, dass damit ein Ausschluss vom US-Finanzsystem verbunden ist. Und
       sie setzte die Gruppe auf eine Sanktionsliste, die auch Banken zu beachten
       haben. Das könnte nun der Roten Hilfe die Probleme beschert haben – denn
       der Verein unterstützt derzeit auch Inhaftierte der „Antifa Ost“ und
       startete die Solidaritätskampagne „Wir sind alle Antifa“.
       
       Das US-Außenministerium ließ eine taz-Anfrage offen, ob die Sanktionierung
       der Antifa Ost mit der Kontokündigung zusammenhängt und ob es Druck auf
       deutsche Banken gab, die Zusammenarbeit mit der Roten Hilfe zu beenden.
       
       Rote-Hilfe-Vorstand Brückner ist überzeugt: „Es liegt sehr nahe, dass die
       Kontokündigungen mit der US-Einstufung der Antifa Ost zu tun hat.“ Brückner
       kritisiert den Schritt scharf. „Hier wird ein völlig entfesselter Feldzug
       gegen die antifaschistische Bewegung geführt.“ Ob und was der
       vermeintlichen Antifa Ost vorzuwerfen ist, werde doch [4][gerade erst in
       einem kürzlich angelaufenen Prozess in Dresden] geklärt, mit „äußerst
       fragwürdiger Beweislage“. Und Brückner macht noch einen anderen Punkt:
       „Wenn sich das Vorgehen bewahrheitet, wäre es ein erheblicher Eingriff der
       USA in das politische Handeln und die Zivilgesellschaft in Deutschland. Den
       dürfte sich die Bundesrepublik nicht bieten lassen.“
       
       Tatsächlich hatte die Bundesregierung überrascht auf die Terroreinstufung
       der Antifa Ost durch die USA reagiert und erklärt, sie sei ein
       eigenständiger Schritt der USA. Das Bundesinnenministerium betonte zudem,
       dass sich das Gefährdungspotenzial der Antifa Ost zuletzt „erheblich
       verringert“ habe, weil die Beschuldigten entweder derzeit vor Gericht
       stünden oder bereits Haftstrafen verbüßten.
       
       Die Rote Hilfe hat inzwischen eine einstweilige Verfügung beim Landgericht
       Göttingen gegen die Sparkasse eingereicht. Sie verweist auf den
       öffentlichen Versorgungsauftrag der Bank. Auch die Kündigung bei der GLS
       Bank lässt Brückner verständnislos zurück. Die Bank gebe sich doch ein
       sozialökologisches Profil und die Rote Hilfe habe dort seit vielen Jahren
       ein Konto, sei auch Genossenschaftsmitglied. „Dass wir gerade dort und nach
       so langer Zusammenarbeit jetzt abrupt gekündigt werden, ist sehr fragwürdig
       und enttäuschend.“ Die Lage sei umso prekärer, da andere angefragte Banken
       bisher die Eröffnung eines neuen Kontos ablehnten.
       
       ## Kündigungen auch bei anderen linken Organisationen
       
       Und die Rote Hilfe ist nicht allein: Auch die Deutsche Kommunistische
       Partei (DKP) machte gerade erst publik, [5][dass ihr Parteikonto bei der
       GLS zum Jahresende gekündigt wurde] – auch hier mit Verweis auf die
       Allgemeinen Geschäftsbedingungen und ohne weitere Angaben von Gründen. Die
       Partei vermutet als Grund ihre Spendenaktion für Kuba.
       
       Auch die Gruppe Anarchist Black Cross Dresden erklärte kürzlich, dass ihr
       Konto bei der GLS fristlos gekündigt worden sei, ebenfalls ohne Angabe von
       Gründen. Die Gruppe unterstützt ebenso linke Inhaftierte, auch im Ausland.
       Auch dort wird „ein politischer Angriff verschiedener Banken auf die linke
       Infrastruktur in Deutschland“ hinter der Kündigung vermutet. Als mögliche
       Gründe vermutet die Gruppe ebenso ihre Unterstützung für
       Antifaschist*innen und die US-Einstufung der Antifa Ost. Möglich sei
       aber auch, dass ihr Einsatz für verfolgte Linke in Belarus und Russland
       verantwortlich sei oder humanitäre Hilfe in der Ukraine. Von der GLS zeigte
       sich die Gruppe enttäuscht: Ihr Vorgehen zeige, „wie liberale Kräfte dem
       Rechtsruck immer wieder Vorschub leisten können“.
       
       Auch Rote-Hilfe-Vorstand Hartmut Brückner kritisiert, wie sich in ihrem
       Fall „zwei Banken ohne erkennbare rechtliche Notwendigkeit gebeugt“ hätten.
       Dies sei ein „besorgniserregendes Zeichen dafür, dass autoritäre Politik
       zunehmend über technische und wirtschaftliche Infrastrukturen durchgesetzt
       wird“. Heute treffe es die Rote Hilfe, demnächst könnten dann andere
       progressive Initiativen im Visier sein. Schon allein deshalb fordert
       Brückner Solidarität mit der Roten Hilfe ein. Die angelaufene Entwicklung
       müsse man „gemeinsam stoppen“.
       
       23 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
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