# taz.de -- Härtere Regeln, scharfe Sanktionen: Aus Bürgergeld wird Grundsicherung
       
       > Das Kabinett ist sich einig über die neue Grundsicherung, die das
       > Bürgergeld ablösen soll. Kritik kommt von Sozialverbänden, Lob von der
       > Wirtschaft.
       
 (IMG) Bild: Wenn die Gerichtsvollzieherin klingelt: Die angekündigten Sanktionen könnten auch zu Obdachlosigkeit führen
       
       afp/dpa | Die Bundesregierung hat das Ende des Bürgergelds in heutiger Form
       beschlossen. Das Bundeskabinett gab grünes Licht für einen Gesetzentwurf
       von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) und beschloss damit das neue
       Grundsicherungsgeld. Auf die rund 5,5 Millionen Bezieherinnen und Bezieher
       von [1][Bürgergeld] kommen damit deutlich verschärfte Regeln zu. Mit dem
       Kabinettsbeschluss soll das Gesetzgebungsverfahren in Bundestag und
       Bundesrat weitergehen. An der SPD-Basis gibt es [2][große Widerstände gegen
       die Reformpläne].
       
       In der Regierung waren bis zuletzt Details beim geplanten kompletten
       Wegfall von [3][Leistungen] umstritten gewesen. Dieser soll möglich werden,
       wenn Beziehende des staatlichen Gelds nicht erreichbar sind: Bei drei
       versäumten Einladungen zu Terminen sollen Jobcenter die Überweisungen
       einstellen. Auch der Verlust der Wohnkostenübernahme droht. Allerdings
       müssen die Behörden den Betroffenen den Plänen zufolge Gelegenheit zur
       persönlichen Anhörung geben – etwa durch einen Telefonanruf oder einen
       Besuch. Psychisch Kranke sollen vor einem Wegfall der Leistungen geschützt
       werden.
       
       ## Härteres Vorgehen
       
       Härter vorgehen soll der Staat künftig auch beim Vermögen der Betroffenen.
       So sieht der Gesetzentwurf die Abschaffung einer festen Karenzzeit für
       Schonung von Vermögen vor. Vorrangig soll eigenes Einkommen und Vermögen
       eingesetzt werden, bevor Grundsicherung fließt. Künftig richtet sich die
       Höhe von Schonvermögen nach dem Lebensalter. Kosten der Unterkunft sollen
       in geringem Maß anerkannt werden.
       
       Vorrangiges Ziel der Jobcenter soll Vermittlung in Jobs sein. Wenn eine
       Weiterbildung erfolgversprechender erscheint, soll dem weiter der Vorzug
       gegeben werden. Angebote an die Betroffenen sollen sie in einem gemeinsamen
       Kooperationsplan zusammenstellen.
       
       ## Geringe Einsparungen
       
       Ursprünglich vor allem seitens der Union erhoffte großen Einsparungen
       werden nicht erwartet. 2026 sollen bei Bund, Ländern, Kommunen und
       Bundesagentur für Arbeit unterm Strich 86 Millionen Euro weniger fällig
       werden, dann 70 Millionen. Dagegen sollen in den Folgejahren sogar 11
       beziehungsweise 9 Millionen mehr anfallen.
       
       ## Sozialverbände kritisieren neue Grundsicherung
       
       Mit scharfer Kritik haben die deutschen Sozialverbände auf den
       Kabinettsbeschluss zur Reform des Bürgergelds reagiert. „Die vorgesehenen,
       tief in das Existenzminimum eingreifenden Sanktionsmöglichkeiten gefährden
       gerade benachteiligte Personengruppen“, warnte Joachim Rock,
       Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, am Mittwoch in
       Berlin. „Statt Menschen bei der Jobsuche stärker zu unterstützen,
       verschärft die neue Grundsicherung Unsicherheit und Existenzängste.“ Die
       Bundesregierung stelle mit der Reform „Verdacht vor Vertrauen“.
       
       Ähnlich äußerte sich Michael Groß, der Präsident der Arbeiterwohlfahrt
       (AWO). „Mit der Neuen Grundsicherung verwendet die Bundesregierung viel
       Energie darauf, Menschen in Not schärfer zu sanktionieren“, erklärte Groß.
       Er verwies darauf, dass in den vergangenen fünf Jahren die Preise für
       Lebensmittel um über 36 Prozent gestiegen seien. „Während Familien also
       darum bangen, am Monatsende ein warmes Essen für ihre Kinder auf den Tisch
       zu bekommen, beschäftigt sich die Regierung damit, verpasste Termine beim
       Jobcenter mit der Streichung der Wohnkosten zu bestrafen“, kritisierte
       Groß.
       
       Auch die Diakonie Deutschland kritisierte die neue Grundsicheurng als
       verfehlt. „Statt den Druck zu erhöhen, sollte die Regierung die Jobcenter
       so ausstatten, dass sie Menschen durch gute und wirksame Beratung,
       Förderung und Vermittlung langfristig in Arbeit bringen können“, erklärte
       Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch. „Sanktionen treffen nicht selten
       Menschen in existenziell belastenden Lebenslagen – etwa mit psychischen
       Problemen. Ihnen droht durch die neuen Regelungen schlimmstenfalls sogar
       die Wohnungslosigkeit.“
       
       Die Linkspartei kritisierte insbesondere, dass die SPD die von der Union
       gewünschten Verschärfungen mitträgt. „Die Bundesarbeitsministerin und
       SPD-Vorsitzende Bas betätigt sich als sozialpolitische Abrissbirne“,
       erklärte Linken-Fraktionsvize Janine Wissler. Der Gesetzentwurf bedeute
       „die Rückkehr zu Hartz IV, die winzigen Verbesserungen beim Bürgergeld
       werden wieder zurückgenommen“. Wissler kritisierte die Reform als „riesige
       sozialpolitische Sauerei“.
       
       Lob kam hingegen aus der Wirtschaft. „Das ist ein Signal in die richtige
       Richtung“, sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer
       (DIHK), Peter Adrian, der „Rheinischen Post“. „Man hat als
       Transferempfänger auch eine Leistungsverpflichtung, wenn man vom
       Steuerzahler finanziert wird und arbeitsfähig ist.“ Es müsse sich „einfach
       noch mehr lohnen zu arbeiten, anstatt von Grundsicherung zu leben“.
       
       17 Dec 2025
       
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