# taz.de -- Kabinett beschließt Grundsicherung: Höchststrafe Obdachlosigkeit
       
       > Härtere Sanktionen und weniger Schonvermögen: Die neue Grundsicherung
       > soll das Bürgergeld ablösen. Sozialverbände und Opposition üben harte
       > Kritik.
       
 (IMG) Bild: Essensausgabe bei der Tafel: Die Ärmsten dürfen wieder schikaniert werden
       
       Ab 2026 soll die neue Grundsicherung das Bürgergeld ablösen. Darauf hat
       sich die Bundesregierung [1][nach längerem Gerangel] geeinigt. Am Mittwoch
       hat das Bundeskabinett den entsprechenden Entwurf der
       Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) abgesegnet.
       
       Das Gesetz umfasst nicht nur eine Namensänderung, sondern viele
       tiefgreifende Veränderungen. Sie betreffen Sanktionen, das Schonvermögen
       von Menschen oder auch die Übernahme von Wohnkosten.
       
       Besonders umstritten sind die geplanten schnelleren und härteren
       Sanktionen. Auch wenn diese oft die medialen Diskussionen bestimmen,
       Sanktionen betreffen insgesamt nur einen Bruchteil der
       Bürgergeldbeziehenden. Dennoch sollen diese massiv verschärft werden.
       Künftig soll gelten: Wer zum Beispiel eine Fördermaßnahme abbricht, dem
       können Leistungen direkt um 30 Prozent für bis zu drei Monate gekürzt
       werden. Das wären heute etwa 150 Euro weniger vom Regelsatz.
       
       Wenn eine Person ein konkretes Arbeitsangebot ablehnt, kann in Zukunft auch
       direkt der komplette Regelsatz wegfallen. Die Miete wird in dem Fall aber
       weiter übernommen und direkt an die Vermieter:innen überwiesen. Die
       Regelsätze von Kindern werden nicht gekürzt, allerdings ist das
       Haushaltseinkommen durch eine Sanktion von Elternteilen empfindlich
       getroffen.
       
       ## Terminversäumnisse
       
       Besonders hart werden mehrfache Terminversäumnisse bestraft. Wer zwei
       Termine ohne Angabe von Gründen verpasst, bekommt künftig 30 Prozent
       weniger Geld. „Eine Gelegenheit zur persönlichen Anhörung soll erfolgen,
       wenn ein drittes aufeinander folgendes Meldeversäumnis geprüft wird“, heißt
       es im Gesetzentwurf. Über diesen Satz hatte die Bundesregierung zuletzt
       länger intern gerungen – ergänzt wurde der Satz am Ende durch das Wort
       „Gelegenheit“.
       
       Das bedeutet: Eine persönliche Anhörung ist nicht verpflichtend, sie muss
       nur angeboten werden. Wer drei Termine versäumt und sich auch danach nicht
       im Jobcenter meldet, dem können neben den Regelsätzen auch die Wohnkosten
       gestrichen werden – allerdings nur, wenn keine Kinder und Jugendlichen im
       Haushalt leben. Wenn das Jobcenter Anhaltspunkte für eine psychische
       Erkrankung hat, sollen Menschen persönlich angehört werden.
       
       Sozialverbände, Grüne und Linke kritisieren aber, dass der [2][Schutz von
       verletzlichen Gesellschaftsmitgliedern nicht ausreichend ist.] Armin Grau,
       sozialpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, bezeichnete die
       Regelungen zum Schutz von psychisch Erkrankten und Kindern als
       „realitätsfremd und unzureichend.“ Nicht immer sei „von außen zu erkennen,
       ob jemand seelisch krank ist.“
       
       Die sozialpolitische Sprecherin der Linken sprach gar von „staatlich
       organisierter Grausamkeit“. Mit brutaler Härte wolle „die Regierung gegen
       die Verletzlichsten unserer Gesellschaft vorgehen.“
       
       Der Deutsche Anwaltsverein hat zudem verfassungsrechtliche Bedenken, beim
       vollständigen Wegfall des Regelbedarfs: „Menschen mit psychischen
       Erkrankungen oder vorübergehender Handlungsunfähigkeit drohen existenzielle
       Leistungsausfälle – bis hin zum Verlust des Krankenversicherungsschutzes.“
       
       ## Neuer Umgang mit hohen Wohnkosten
       
       Neu geregelt wird auch der Umgang [3][mit Wohnkosten in der Karenzzeit.]
       Bislang ist es so, dass im ersten Jahr des Bürgergeldbezugs die Mietkosten
       vollständig übernommen werden – auch wenn diese höher sind, als eine
       Kommune eigentlich als angemessen erachtet. Künftig sollen die Mietkosten
       in der Karenzzeit gedeckelt werden.
       
       Überteuerte Mieten vonseiten der Vermieter:innen sollen zudem nicht
       mehr akzeptiert werden. Verstößt die aufgerufene Miete zum Beispiel gegen
       die Mietpreisbremse, müssen Bürgergeldempfänger*innen ihre
       Vermieter:innen auffordern, die Miete entsprechend zu senken. Außerdem
       können Kommunen eine Quadratmeterhöchstmiete festlegen, um besser gegen
       Mietwucher vorgehen zu können.
       
       Der Deutsche Mieterbund kann es zwar nachvollziehen, dass der Staat keine
       überhöhten Mieten finanzieren will. Doch wenn „die Wohnkosten von Tag eins
       an gedeckelt werden, wird es zwangsläufig zu Rückständen kommen“, warnte
       die Präsidentin Deutschen des Mieterbundes, Melanie Weber-Moritz. Damit
       steige das Risiko für einen Wohnungsverlust.
       
       Neue Regelungen betreffen auch das Schonvermögen von Menschen. Bevor jemand
       Leistungen bekommt, muss er künftig stärker sein Vermögen aufbrauchen,
       abhängig vom Alter. Zudem soll mit der Reform wieder der sogenannte
       Vermittlungsvorrang gestärkt werden. Die Vermittlung in Arbeit wird damit
       höher bewertet als Weiterbildungen und Qualifizierung. Die Neuerungen
       sollen größtenteils zum 1. Juli 2026 in Kraft treten.
       
       17 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1133916
 (DIR) [2] /Kabinett-beschliesst-neue-Grundsicherung---Buergergeld-wird-abgeschafft/!6139282
 (DIR) [3] /Wohnen-und-Buergergeld/!6101127
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasmin Kalarickal
       
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