# taz.de -- Stadtbilddebatte wird praktisch: CDU findet Göttingen ohne Döner schöner
> Mit scharf: Die Göttinger Unionsfraktion macht Stimmung. Sie will
> Imbissbuden, Gemüseläden und Barbershops aus der Nordstadt vertreiben.
(IMG) Bild: Wäre die CDU froh, wenn alle Dönershops gebrannte Mandeln verkaufen würden? Budenzauber auf dem Weihnachtsmarkt
Die CDU in Göttingen hat bei den [1][Stadtbild-Äußerungen] des
Parteivorsitzenden Friedrich Merz offenbar gut aufgepasst. Für die Sitzung
des Kommunalparlaments an diesem Freitag hat die Ratsfraktion der
Christdemokraten einen Antrag vorgelegt, durch den das Göttinger
„Innenstadtleitbild“ aktualisiert werden soll.
Im Blick hat sie dabei vor allem die von ihr so genannte „Dönermeile“ in
der nördlichen City, wo Migrant:innen mehrere Imbisse betreiben. Die
Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Innenstadt hätten sich in den
vergangenen Jahren deutlich verändert, schreibt der
CDU-Fraktionsvorsitzende Olaf Feuerstein in der Begründung des Antrags.
Als Ursachen dafür benennt er strukturelle Veränderungen im Einzelhandel,
den zunehmenden Online-Handel, die Digitalisierung, neue Mobilitäts- und
Aufenthaltsansprüche sowie gesellschaftliche und ökologische
Herausforderungen. Eine Aktualisierung sei erforderlich, um die zukünftige
Entwicklung der Göttinger Innenstadt „strategisch und ganzheitlich“ zu
steuern.
Nach diesem eher allgemeinen Intro wird die CDU konkret: Ziel der
Ratsinitiative sei es, „die funktionale Durchmischung der Innenstadt zu
erhalten und zu stärken, Leerstände und Monostrukturen – wie beispielsweise
die Häufung ähnlicher Nutzungen an der sogenannten ‚Dönermeile‘ – zu
vermeiden und die Innenstadt als attraktiven, vielfältigen und
zukunftsfähigen Stadtraum zu sichern“.
Die „Dönermeile“ ist in Wirklichkeit gar keine Meile. Es handelt sich um
einen rund 100 Meter langen Abschnitt der Weender Straße. Die
durchschneidet das Stadtgebiet in Nord-Süd-Richtung. Ihr längerer Teil ist
die zentrale Achse der Fußgängerzone.
Auf der Ostseite des nicht verkehrsberuhigten Abschnitts befinden sich
unter anderem drei Dönerläden, zwei Bäckereien und ein Frisör. Mehrere der
Betreiber haben einen migrantischen Hintergrund. Weil die Läden meist bis
spät in die Nacht geöffnet haben, dienen sie Nachtschwärmern und
Studierenden als Treffpunkt.
Die Westseite wird von dem 1974 errichteten Einkaufszentrum Carré
dominiert, einem Betonmonster mit 14.000 Quadratmetern Gewerbefläche. Seit
dem Auszug des Elektrofachmarkts Saturn im September 2021 stehen viele
Läden in dem Gebäude leer. In anderen gibt es große Fluktuation.
Geprägt wird der Teil der Straße aber vor allem durch eine völlig
chaotische und von der Stadt zu verantwortende Verkehrssituation.
Stadtbusse, Autos, Radfahrer:innen und Fußgänger:innen müssen sich
hier auf engstem Raum aneinander vorbei drängeln, immer wieder kommt es zu
Unfällen.
## Vorrang für Autos
Wie fast überall in der Innenstadt gibt es auch vor dem Carré viel zu
wenige Fahrradstellplätze – das hat zur Folge, dass viele Radler:innen
ihr Gefährt an Laternen oder der Bushaltestelle anketten. Von all dem ist
im CDU-Antrag allerdings keine Rede: An der von ihr maßgeblich
mitverantworteten Göttinger Verkehrspolitik mit ihrem deutlichen Vorrang
für Kraftfahrzeuge will sie nicht rütteln.
Bei anderen Mitgliedern im Stadtrat stößt der CDU-Vorstoß auf Kritik. Die
SPD-Fraktion – bis vor Kurzem noch mit der CDU durch eine
„Haushaltsbündnis“ genannte Quasikoalition verbandelt – erklärte auf
Anfrage: „Für uns ist klar, dass die Innenstadt ein Ort der Vielfalt ist,
deshalb sind für diese wichtige Diskussion Begriffe wie ‚Dönermeile‘ wenig
hilfreich.“
Im Übrigen fordere die CDU „nichts Neues“. Bereits 2020 hätten SPD und
Grüne auf eine Aktualisierung des 14 Jahre alten Innenstadtleitbildes
gedrängt. Das sehen die Grünen ähnlich. Die Weiterentwicklung des
Innenstadtleitbilds sei längst beschlossen, so die Ratsherren Horst Roth
und Julian Arends.
## Weihnachtliche Stimmungsmache
Aus der Begründung des CDU-Antrags bleibe „fast ausschließlich eine wenig
hilfreiche Stimmungsmache rund um die ‚Dönermeile‘ übrig. Wir halten solche
Zuspitzungen nicht für zielführend, wenn es darum geht, echte
Weiterentwicklungen in der Innenstadt zu erreichen.“
Ratsherr Francisco Welter-Schultes vom Bündnis für nachhaltige
Stadtentwicklung sagte der taz, der CDU-Antrag sei „eher auf Show
ausgerichtet“. Er verwies darauf, dass die Stadt sich schon seit geraumer
Zeit selbst in vielen Fällen nicht an die beschlossenen Leitlinien halte.
Nach wie vor würden historische Häuser durch Betonbauten ersetzt. Der Alte
Botanische Garten als wichtige Grünfläche werde ständig angegriffen. Am
Rand der Innenstadt sei an fast allen Ampeln die Wartezeit für
Fußgänger:innnen erheblich verlängert worden.
10 Dec 2025
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(DIR) Reimar Paul
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