# taz.de -- ++ Bundestag ++: Rentenpaket geht durch bei nur 7 Nein-Sagern in der Union
> Friedrich Merz erreicht seine Kanzlermehrheit: Sowohl die Rentenreform
> als auch der Wehrdienst wurden im Bundestag beschlossen. Die Debatte im
> Live-Ticker.
(IMG) Bild: Heidi Reichinnek, Fraktionsvorsitzende der Linken, spricht über die Rente
Showdown: Im Bundestag ist der große Schlagabtausch zur Rentenreform der
Merz-Regierung über die Bühne gegangen – auch mit scharfen gegenseitigen
Wortgefechten innerhalb der Opposition zwischen Grünen und Linken. [1][Seit
Wochen wurde dabei vor allem in der Koalition darüber gestritten]. Die
spannende Frage war: Wie viele Abweichler:innen wird es bei der Union
geben? Spoiler: weniger als gedacht. Zuvor hatte der Bundestag mehrheitlich
für das nicht minder umstrittene Wehrdienst-Modernisierungsgesetz gestimmt.
Damit wird die [2][verpflichtende Musterung ganzer Jahrgänge ab dem
Geburtsjahr 2008] wiedereingeführt. Dafür votierte nur die Koalition aus
Union und SPD. Alle Oppositionsfraktionen – also Grüne, Linke und
Rechtsextreme – waren dagegen.
Merz: „Das ist erst der Anfang“ – taz-Ticker: Das ist das Ende
15.30 Uhr: Die Abstimmung im Bundestag über das umstrittene Rentenpaket ist
mit Ach und Krach über die Bühne gegangen. Kanzler Friedrich Merz kündigt
unterdessen gleich weitere Reformen in der Rentenpolitik an. „Das ist nicht
das Ende unserer Rentenpolitik, sondern erst der Anfang“, sagte der
CDU-Chef in Berlin. Im nächsten Jahr bereits werde seine schwarz-rote
Koalition eine umfassende Rentenreform vorschlagen.
„Diese Rentenreform II wird dann zu einem zentralen Baustein unseres
sozialen Sicherungssystems werden. Unser Sozialstaat wird auch in Zukunft
finanzierbar, leistungsstark und generationengerecht ausgestaltet sein“,
sagte Merz. Das sei ein Versprechen allen Generationen gegenüber, den
Jungen wie den Älteren.
Die intensive Debatte in der Koalition und vor allem innerhalb der
Unionsfraktion nannte Merz notwendig. „Sie war auch richtig, denn sie hat
uns vor Augen geführt, wie groß die Herausforderungen sind, vor denen unser
Land steht.“
Mit diesem schlappen Fazit des Kanzlers schließt der taz-Ticker für heute
seine Pforten. Die taz bedankt sich für die Aufmerksamkeit. Weitere
Berichte in Kürze auf taz.de. (taz)
Nach dem Rentenbeschluss: Spahn lobt, Grüne kritisieren, Junge Union
nörgelt
15.10 Uhr: Nach dem wochenlangen Gezerre um das Rentenpaket und der
schließlich erfolgreichen Abstimmung an diesem Freitag im Bundestag sprach
Unionsfraktionschef Jens Spahn von „einem guten Tag für die Koalition“.
Zwar stimmten 7 Unionsabgeordnete gegen die Pläne, insgesamt kursierte
zuvor aber die Zahl von bis zu 20 Abweichler:innen aus den Reihen von
CDU und CSU. Für Spahn steht die Koalition folglich glänzend da: „Sie
debattiert, aber dann entscheidet sie auch.“
Von wegen, heißt es dagegen von den Grünen. „Friedrich Merz hat heute mit
letzter Kraft verhindern können, dass seine Koalition aus der Kurve
fliegt“, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina
Dröge. Der Kanzler könne sich auf keine stabile Mehrheit im Bundestag
verlassen. „Die Koalition aus Union und SPD steht schon nach sieben Monaten
auf extrem wackeligen Beinen.“
In der Jungen Union, [3][die das Paket zu Fall hatte bringen wollen], wird
unterdessen weiter genörgelt und auf eine längerfristige Rentenreform
gedrängt. „Es geht jetzt erst los“, sagte der Vorsitzende der Jungen Union,
Johannes Winkel (CDU), dem Spiegel. „Der Reformbedarf in Deutschland wird
durch dieses Rentenpaket nicht kleiner, sondern noch größer.“ (rru)
Sieben Nein-Sager in der Union
14.15 Uhr: Bei der Abstimmung über das Rentenpaket haben nur sieben
Abgeordnete von CDU und CSU mit Nein gestimmt, darunter der JU-Vorsitzende
Johannes Winkel. Zwei weitere haben sich enthalten, einer gab kein Votum
ab. 198 Unions-Abgeordneten stimmten für das Paket.
Das geht aus dem [4][auf bundestag.de veröffentlichten
Abstimmungsverhalten] hervor.
Zuvor hatten 18 Abgeordnete der sogenannten Jungen Gruppe mit einem Nein
gedroht. In dem Fall hätte die schwarz-rote Koalition keine Kanzlermehrheit
mehr gehabt.
Die kam nun doch zusammen, auch weil die SPD geschlossen mit Ja gestimmt
hat. Die Linksfraktion hat sich wie angekündigt komplett enthalten. Grüne
und AfD haben geschlossen gegen das Paket gestimmt. In allen Fraktion
fehlten jeweils einige Abgeordnete bei der Stimmenabgabe. (ga)
Jugend demonstriert gegen die Wehrpflicht
14.00 Uhr: Vor dem taz-Gebäude in der Berliner Friedrichstraße zieht eine
Demonstration junger Leute gegen die Wehrpflicht vorbei. „Eure Wehrpflicht
ist unser Tod“, steht auf einem Pappschild. „Wir sind alle gegen die
Wehrpflicht“, rufen die Demonstrant:innen. Aber auch „Ganz Berlin hasst die
AfD“ und „Viva Palästina“.
Bundesweit war am Freitag zum Schulstreik gegen die Wehrpflicht aufgerufen
worden. An der Demonstration in Berlin-Mitte nahmen nach einer groben
Schätzung mindestens 2.000 Leute teil. (ga)
Klingbeil: „Natürlich wäre Streit vermeidbar gewesen“
13.50 Uhr: Bundesfinanzminister und SPD-Co-Chef Lars Klingbeil hat den kurz
zuvor vom Bundestag mit knapper Mehrheit verabschiedeten Rentenbeschluss
als klares und wichtiges Ergebnis für die Stabilität der Altersvorsorge in
Deutschland begrüßt. „Diese Koalition hat (…) dafür gesorgt, dass sie eine
auskömmliche Rente bekommen, dass die Renten stabil bleiben“, sagte
Klingbeil am Freitag nach der Abstimmung.
Dies sei eine wichtige Entscheidung und ein Zeichen des Respekts für
Menschen, die viel geleistet hätten. Es sei nun an der Zeit, die Debatten
innerhalb der Koalition beiseitezulegen und sich auf das Ergebnis zu
konzentrieren. „Natürlich wäre Streit vermeidbar gewesen“, sagte Klingbeil
mit Blick auf Kritik in den Reihen der Unionsfraktion. „Das gehört zur
Demokratie aber auch dazu.“
Zugleich kündigte Klingbeil weitere Schritte zur Neuausrichtung des
Rentensystems an. Die Entscheidung entlasse die Regierung nicht aus der
Verantwortung, wichtige Strukturveränderungen vorzunehmen. „Nach der
Entscheidung ist vor der nächsten Debatte um die Rente“, erklärte
Klingbeil.
Bundesarbeitsministerin und SPD-Co-Chefin Bärbel Bas werde nun eine
Reformkommission einberufen. Bei den anstehenden Diskussionen müssten „alle
Sachen auf den Tisch“. Ziel sei es, bis Mitte nächsten Jahres Ergebnisse
vorzulegen und die Gesetzgebung noch in dieser Legislaturperiode
umzusetzen. (reuters)
Rentenpaket mit extrem knapper Mehrheit beschlossen, Plenarsaal leert sich
13.20 Uhr: Die Kuh ist vom Eis: Der Bundestag hat die Kernpunkte des
umstrittenen Rentenpakets beschlossen. Dabei wurde auch die von
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) faktisch eingeforderte Kanzlermehrheit
von mindestens 316 Stimmen erreicht. 597 Stimmen wurden abgegeben, es gab
319 Ja-Stimmen, 225 Nein-Stimmen und 53 Enthaltungen. „Ich denke, wir haben
die Steine, die von manchem Herzen geplumpst sind, gehört“, sagte
Bundestagsvize Bodo Ramelow (Linke) nach der Bekanntgabe des Ergebnisses.
Im Anschluss leert sich der Plenarsaal des Bundestags wieder schlagartig.
Die Regierungsbank ist verwaist, viele Abgeordnete sind von der Abstimmung
gar nicht zurück in das Plenum gekommen. (rru/cem)
Debatten-Intermezzo: Arbeitsbedingungen in der Paketzustellung
13.10 Uhr: Während die Abstimmung läuft geht, geht es im verwaisten Plenum
um ein anderes Thema: Die Arbeitsbedingungen in der Paketzustellung. Auf
der Besuchertribüne haben dafür sechs DHL-Mitarbeiter:innen in ihren
rot-gelben Jacken Platz genommen. Die Debatte hat die Linksfraktion im
Bundestag angestoßen.
[5][Auch die taz berichtet aktuell über die Arbeitsbedingungen in einem
Versandzentrum von Amazon.]
Im Bundestag spricht der SPD-Abgeordnete Jan Dieren in der Diskussion
unterdessen über seine eigenen Erfahrungen aus einem Paketzentrum in
Krefeld. Für seine Schilderungen darüber, wie dort mit schweren Paketen
gearbeitet wird, nicken die Arbeiter:innen auf der Tribüne heftig. Der
Politiker aus NRW vom linken SPD-Flügel hatte als einziger Abgeordneter der
schwarz-roten Koalition zuvor auch gegen das Wehrdienst-Gesetz gestimmt.
Während die Debatte läuft, kommt ein Einschub von Bundestags-Vizepräsident
Omid Nouripour (Grüne): „Dies ist der letzte Aufruf für die Stimmabgabe.“
Kurz darauf übernimmt Vizepräsident Bodo Ramelow (Linke) die
Sitzungsleitung. Nouripour hat nun die Gelegenheit, selbst noch seine
Stimme für den Rentenplänen abzugeben. (cem)
Abstimmung läuft, Magen knurrt
12.45 Uhr: Die Aussprache zum Rentenpaket ist geschlossen, die Abstimmung
läuft. Die AfD fand keine Mehrheit dafür, über die Teile Rentenniveau und
Mütterrente getrennt abzustimmen. Da namentlich mit Stimmkarten abgestimmt
wird und die Auszählung Zeit braucht, gibt es das Ergebnis erst nach dem
nächsten Tagesordnungspunkt – voraussichtlich gegen 13.30 Uhr. Erst mal
also genug Zeit fürs Mittagessen. (ts)
CDU-Junggruppler Reddig bleibt bei Ablehnung
12.35 Uhr: Pascal Reddig wird als einer der letzten Redner in der Debatte
aufgerufen und erhält direkt überdurchschnittlich lauten, demonstrativen
Applaus aus den Reihen der Union. Der Vorsitzende der Jungen Gruppe der
CDU/-CSU-Fraktion hat schon vorab angekündigt, dem Gesetzespaket nicht
zuzustimmen. Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und man
könne die Frage auch anders beantworten, sagt er in seiner Rede. Seiner
Fraktion danke er dafür, dass sie ihn trotz seiner abweichenden Meinung als
Redner nominiert hat. In der Sache bleibe es aber dabei: „Der
Gesetzesentwurf geht gegen meine fundamentalen Überzeugungen.“ Zustimmen
will Reddig weiterhin nicht. Er sagt: „Wir haben für unsere Position viel
Zuspruch bekommen.“ Und: „Unser Land sehnt sich nach einer ehrlichen und
glaubwürdigen Reformagenda.“ (ts/cem)
Nachlese zur Wehrdienst-Abstimmung: Ein Sozialdemokrat sagt Nein
12.30 Uhr: Bei der Abstimmung über das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz hat
die schwarz-rote Koalition nicht komplett einheitlich abgestimmt. Der
34-jährige SPD-Abgeordnete Jan Dieren vom linken Parteiflügel hat gegen das
Gesetz votiert. Das geht aus den Daten zur namentlichen Abstimmung hervor,
[6][die auf bundestag.de veröffentlicht wurden]. Demnach stimmten ansonsten
alle Abgeordneten von CDU/CSU und SPD für die Reform. Linke, AfD und Grüne
stimmten nahezu geschlossen dagegen – allerdings gab es in allen Fraktionen
Parlamentarier, die keine Stimme abgaben. Die Grünen-Abgeordnete Paula
Piechotta hat sich enthalten. (ga)
Warten auf die Krawallos von der Jungen Gruppe
12.15 Uhr: Jetzt sprechen Redner*innen aus den zweiten und dritten
Reihen der Fraktionen. Inzwischen hat es auch CDU-Kanzler Friedrich Merz
auf seinen Platz auf der Regierungsbank geschafft – bislang glänzte er in
den Debatten durch Abwesenheit. Interessant wird es noch mal gegen 12.30
Uhr, wenn für die Union Pascal Reddig von der Jungen Gruppe ans Pult tritt.
Er hatte in den letzten Wochen den Widerstand gegen die Pläne der eigenen
Regierung angeführt. Wenig später beginnt die Abstimmung, das Ergebnis
erwarten wir für den frühen Nachmittag. (ts)
Grüne und Linke beharken sich in Rentendebatte
12.00 Uhr: Als der SPD-Abgeordnete Bernd Rützel ans Rednerpult tritt, kehrt
im Plenum wieder Ruhe ein. Davor ging es zehn Minuten lang hoch her
zwischen Linken (die sich in der Abstimmung enthalten wollen, damit das
Rentenniveau nicht sinkt) und Grünen (die mit Nein stimmen wollen, weil
ihnen das Gesamtpaket nicht ausreicht und sie Schwarz-Rot nicht aus der
Patsche helfen wollen).
Die Linken hätten „Opposition versprochen“, seien aber als
„Mehrheitsbeschaffer:innen von Merz geendet“, kritisierte Grünen-Vize
Andreas Audretsch. Das Schlimmste daran sei die „Ambitionslosigkeit“ der
Linken. Man könne im Bundestag ja kooperativ sein, aber: „Dann kämpft man,
dann geht man los (…). Dann holt man etwas für die Menschen in diesem Land
heraus.“ Teile seiner restlichen Rede gingen im Lärm unter – Applaus der
eigenen Leute, Protestrufe aus der Linksfraktion.
Die Antwort auf Audretsch lieferte direkt darauf Linken-Fraktionschefin
Heidi Reichinnek. Es gehe in der Abstimmung um das Leben von Millionen
Rentnerinnen und Rentner. Komme das Paket der Regierung nicht durch, gehe
es diesen noch schlechter. „Sie sagen mir wirklich, dass es richtig wäre,
diese Menschen über die Klippe springen zu lassen? Sie haben eine Obsession
mit Friedrich Merz und Jens Spahn!“, so Reichinnek in Richtung der Grünen.
Dass die Grünen der Reform der Schuldenbremse mit mehr Mitteln fürs Militär
zugestimmt hätten, jetzt aber eine rote Linie zögen, sagte „alles über die
Grünen, was man über die Grünen wissen muss“.
Eine schönere Opposition kann man sich als Regierung gar nicht wünschen.
(ts)
High Noon beim Rentenstreit hat begonnen
11.40 Uhr: Die Aussprache zur Rente hat begonnen, die Reihen im Plenum
füllen sich nach und nach. Noch nicht im Saal: Friedrich Merz.
Die Abstimmung am Mittag birgt für ihn und die Koalition ein doppeltes
Risiko: Erhält die Regierung für ihr Gesetzespaket wegen der
Abweichler:innen in der Unionsfraktion keine Mehrheit, hat sie ein
Problem. Bekommt sie die Mehrheit, aber auch nur, weil sich die Linke wie
angekündigt enthält, hat sie ebenfalls ein Problem. Nur wenn Schwarz-Rot
die Mehrheit mit eigenen Stimmen schafft, könnte erst mal Ruhe einkehren.
Ulrike Schielke-Ziesing von der AfD nutzt den wunden Punkt in ihrer Rede
direkt: „Jetzt stehen wir also hier, mit einem Gesetz, dass die
Bundesregierung mit Linksextremisten durchbringen will“, sagt sie. Danach
spricht CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und sendet ein Signal an die
Rebell:innen in den eigenen Reihen: Das Rentenpaket sei nicht alles.
„Der zweite Schritt muss kommen.“ Er sei froh, dass die angekündigte
Rentenkommission ihre Ergebnisse schon früher präsentieren soll als
ursprünglich gedacht, nämlich schon nächstes Jahr. Das sei auch der
Verdienst der Debatten der letzten Wochen. (ts)
Wehrdienst-Reform wird auch in der namentlichen Abstimmung angenommen
11.30 Uhr: Unmittelbar vor der aktuell beginnenden Rentendebatte hat
Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) das Ergebnis der
namentlichen Abstimmung zur Wehrdienst-Reform verkündet. Von den 596
abgegebenen Stimmen entfielen 323 Stimmen auf Ja, 272 Abgeordnete stimmten
mit Nein, es gab eine Enthaltung. Die Musterungspflicht für die Jahrgänge
ab 2008 ist damit beschlossene Sache. (rru)
Proteste gegen Wehrdienst-Pläne vor dem Bundestag
11.20 Uhr: Aus Protest gegen die von der Koalition aus CDU/CSU und SPD im
Bundestag – vorerst nur per Handzeichen – durchgewunkenen Wehrdienst-Pläne
der Bundesregierung gehen am Freitag bundesweit junge Menschen auf die
Straße. [7][Vor dem Bundestag wird protestiert.] Ein Bündnis von
Jugendorganisationen ruft überdies zu einem „Schulstreik“ auf. Jede Form
staatlicher Zwangsdienste würden abgelehnt, erklärte etwa die
Landesschülervertretung von Nordrhein-Westfalen. Der Staat dürfe sich nicht
über Körper, Lebenszeit und Zukunftspläne junger Menschen hinwegsetzen, um
geopolitische Interessen durchzusetzen. [8][Die taz hat sich bei
Streikwilligen und Jugendorganisationen in Berlin umgehört.] (rru)
Reichinnek: „Wir retten nicht Herrn Merz, wir retten die Rente“
11.05 Uhr: Ab 11.20 Uhr steht laut Tagesordnung des Bundestags die mit
Spannung erwartete Debatte über das umstrittene Rentenpaket der
Merz-Regierung an.
Die Linken wollen sich bei der anschließenden Abstimmung im Bundestag
enthalten. Fraktionschefin Heidi Reichinnek bestritt jetzt machttaktische
Erwägungen. „Wir retten nicht Herrn Merz, wir retten die Rente von über 21
Millionen Menschen in diesem Land“, sagte sie in der Sendung „Frühstart“
von RTL/ntv. „Wir werden ganz sicher nicht zulassen, dass die Union ihre
Machtspielchen auf dem Rücken der Rentnerinnen und Rentner ausführt.“
Mit der Union habe die Partei nicht gesprochen, „weil es hier einfach weder
um Herrn Merz noch um Herrn Spahn noch um die Union an sich geht. Es geht
darum, wie wir etwas für die Menschen in dem Land erreichen können“, sagte
Reichinnek über Kanzler Friedrich Merz und Unionsfraktionschef Jens Spahn.
Zugleich sagte sie aber, für die Union gebe es nichts Schlimmeres, als wenn
das nur durch die Enthaltung der Linken zustande komme.
Zur Frage, wie die Enthaltung der Linksfraktion zu bewerten ist, haben sich
die taz-Kollegen Pascal Beucker und Thomas Salter [9][hier] einen
Schlagabtausch geliefert. (dpa/taz)
🐾 Nicht alle Grünen für den Hodengriff
10.30 Uhr: Zu den Wehrdienstplänen der Bundesregierung sagen die Grünen
mehrheitlich „Nein, aber“. Die Position, die ihr Parteitag am letzten
Wochenende festgelegt hat: Die Möglichkeit, junge Männer zum Dienst zu
verpflichten, lehnen sie vorerst ab, weshalb die Grünen am Freitagvormittag
auch im Bundestag bei der Handzeichenabstimmung gegen das sogenannte
Wehrdienst-Modernisierungsgesetz votierten. Allein: Den Zwang zur
Musterung, der durch die Gesetzänderung zurückkommt, finden viele Grüne
trotzdem richtig. Einige Abgeordnete kritisieren diesen Musterungszwang
jetzt als „entwürdigend“. [10][Alle Details im Bericht des Kollegen Tobias
Schulze.] (taz)
Wehrpflicht bekommt Handzeichen-Mehrheit
10.15 Uhr: Der Bundestag hat über das sogenannte
Wehrdienst-Modernisierungsgesetz abgestimmt, zunächst per Handzeichen. Die
Koalition stimmt zu, Grüne, Linke und Rechtsextreme stimmen dagegen.
Allerdings hat die AfD eine namentliche Abstimmung beantragt. Diese soll im
Anschluss erfolgen. (rru)
Pistorius: Wenn es freiwillig nicht funktioniert, kommt die Wehrpflicht
9.55 Uhr: In der Debatte über das sogenannte
Wehrdienst-Modernisierungsgesetz hat Bundesverteidigungsminister Boris
Pistorius (SPD) zwar betont: „Dieser Wehrdienst ist freiwillig und soll es
auch bleiben.“ Sollte es mit der Freiwilligkeit aber nicht funktionieren,
werde man aber „um eine Teilwehrpflicht nicht herumkommen“. Die Aufregung
um die Musterung sei übrigens übertrieben, das tue niemandem weh.
Die Grünen-Abgeordnete Sara Nanni kritisierte zuvor, dass die Pläne keine
systematische Abfrage für den Dienst etwa im Zivilschutz vorsähen und
zunächst nur 18-jährige Männer verpflichtend einen Fragebogen zum Interesse
am Dienst in den Streitkräften ausfüllen müssen und nicht „alle
Generationen“ und „alle Geschlechter“.
Die Linke lehnt die Wehrdienst-Pläne kategorisch ab; sie sieht darin die
Vorbereitung einer Wehrpflicht. Die Linken-Abgeordnete Desiree Becker
unterstützte die Schülerstreiks: „Geht auf die Straße, streikt heute gegen
die Wiedereinführung der Wehrpflicht“, sagte sie an die jungen Menschen
gewandt. „Informiert euch über das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und
nutzt es.“ Die namentliche Abstimmung über das Gesetz soll gegen 10.05 Uhr
beginnen. (rru)
Wehrdienst-Debatte hat begonnen
9.00 Uhr: Im Bundestag hat die abschließende Beratung über die Einführung
eines neuen Wehrdienstes begonnen. Nach einer rund einstündigen Debatte
findet am Freitagvormittag die namentliche Schlussabstimmung statt. Das
Vorhaben von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sieht die
Wiedereinführung der verpflichtenden Musterung ganzer Jahrgänge ab dem
Geburtsjahr 2008 vor. Die Entscheidung für den Wehrdienst soll aber
freiwillig bleiben.
Werden allerdings erwartete Ziele für die Erhöhung der Personalstärke der
Bundeswehr nicht erreicht, könnte eine sogenannte Bedarfswehrpflicht
kommen. Diese soll dann die Lücken zwischen dem Bedarf der Streitkräfte und
der tatsächlichen Zahl der zur Verfügung stehenden Soldatinnen und Soldaten
schließen. Nötig dafür wäre ein erneuter Beschluss des Bundestags.
Betroffene könnten dann gegebenenfalls auch über ein Los- oder ein anderes
Zufallsverfahren ausgewählt werden.
Hintergrund der Wehrdienst-Reform sind neue Vorgaben der Nato zu
Personalstärken vor dem Hintergrund der erhöhten Bedrohung durch Russland.
Demnach muss Deutschland bis 2035 im Krisen- und Kriegsfall rund 460.000
Soldatinnen und Soldaten bereitstellen können. Pistorius plant dafür die
Aufstockung der Bundeswehr auf rund 260.000 aktive Soldatinnen und Soldaten
sowie die Erhöhung der einsetzbaren Reservisten auf rund 200.000. (afp)
Merz legt Latte für Renten-Abstimmung hoch
8.00 Uhr: Vor der Entscheidung über das umstrittene Rentengesetz im
Bundestag legt Kanzler Friedrich Merz (CDU) die Latte für die eigene
Fraktion und Koalition noch einmal ein Stück höher. Er will die absolute
Mehrheit aller Abgeordneten im Bundestag erzielen, die sogenannte
Kanzlermehrheit von 316 Stimmen. Damit dürfen aus seiner Sicht bei der
Schicksalsabstimmung der Koalition heute gegen 12.30 Uhr im Bundestag nicht
mehr als zwölf Koalitionsabgeordnete fehlen, mit Nein stimmen oder sich
enthalten.
„Wir haben 630 Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Die Mehrheit ist 316.
Wir haben 328 und ich würde mir ein Ergebnis wünschen zwischen 316 und
328“, sagte der CDU-Vorsitzende nach einem Treffen mit den
Ministerpräsidenten der Länder in Berlin auf eine Journalistenfrage. Damit
nennt er eine Zielmarke, die vor ihm noch niemand aus der Koalition so
gesetzt hat. Und sie geht auch weit über das hinaus, was für eine
Verabschiedung des Gesetzes nötig ist. (dpa)
5 Dec 2025
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