# taz.de -- Immer mehr Frauen obdachlos: Von der Politik im Stich gelassen
> Dass die Zahl wohnungsloser Frauen um 40 Prozent gestiegen ist, steht für
> politisches Versagen. Jetzt müssen schnell wirksame Maßnahmen kommen.
(IMG) Bild: Immer öfter weiblich: eine junge obdachlose Frau bittet auf der Straße um Geld
Immer mehr [1][Frauen in Niedersachsen sind wohnungslos]. Das geht aus
einem Statistik-Bericht zur Lage von Menschen in besonderen sozialen
Schwierigkeiten in Niedersachsen hervor, den die [2][Zentrale
Beratungsstelle Niedersachsen (ZBS)] gemeinsam mit der Diakonie und der
Caritas Anfang kommenden Jahres vorlegen will.
Die neuen Zahlen sind alarmierend: Innerhalb von fünf Jahren stieg die Zahl
der Frauen, die Tagesaufenthalte für Obdachlose nutzen, von 4.054 auf
5.721, ein Anstieg um über 40 Prozent. Der Frauenanteil an allen
Wohnungslosen kletterte demnach auf 30,2 Prozent.
Und das ist nur das Hellfeld, also die bekannt gewordenen Fälle, wie Gudrun
Herrmann-Glöde, Referentin am ZBN betont. Die tatsächliche Zahl ist nach
Ansicht von Expert:innen deutlich größer.
Eine Überraschung sind diese Zahlen nicht: [3][Die Mieten explodieren],
[4][der soziale Wohnungsbau liegt seit Jahrzehnten danieder], die
Energiepreise sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Und der
Wohnungsmarkt in Niedersachsen ist auch auf dem Land oft so eng, dass
selbst Erwerbstätige mit mittlerem Einkommen [5][keine bezahlbare Wohnung
mehr finden].
Wenn dann noch [6][Gewalt in der Partnerschaft] dazukommt – [7][und das tut
sie bei einem Großteil der betroffenen Frauen] –, bleibt nur die Flucht.
Und danach oft: nichts.
## Zu wenig frauenspezifische Hilfen
Dass Frauen von diesen Entwicklungen besonders hart getroffen werden, ist
auch das Ergebnis jahrelanger politischer (Nicht-)Entscheidungen. Das
System versagt an mehreren Stellen. Ganz akut gibt es viel zu wenig
frauenspezifische Hilfen. In den meisten Landkreisen Niedersachsens gibt es
weder [8][Notschlafstellen] für Frauen noch geschützte Tagesaufenthalte.
Laut der Auswertung bieten derzeit nur neun der 45 niedersächsischen
Gebietskörperschaften spezifische Angebote für Frauen an. Tagesaufenthalte
gibt es bisher nur in Hannover und Osnabrück, stationäre Angebote nur in
Hannover, Osnabrück, Nienburg und Hildesheim.
Wer vor gewalttätigen Partner:innen flieht, landet dann oft in einer
gemischtgeschlechtlichen Unterkunft – und damit nicht selten auch [9][in
der nächsten Gewaltsituation]. Wer das Risiko nicht eingehen will, bleibt
unsichtbar, schläft auf dem Sofa von Freundinnen, im Auto oder in der
Gartenlaube.
[10][Die Politik schaut seit Jahren zu]. In Niedersachsen hat die Große
Koalition aus SPD und CDU von 2017 bis 2022 das Verschwinden der
Sozialwohnungen nicht stoppen können. Jahr für Jahr fielen Miet- und
Belegungsbindungen weg, der Neubau blieb weit hinter dem Bedarf zurück.
Auch die aktuelle rot-grüne Landesregierung betont zwar „bezahlbares
Wohnen“ als zentrale politische Aufgabe und hat erste Schritte wie die
[11][Gründung der landeseigenen Wohnraum Niedersachsen GmbH] eingeleitet.
Aber angesichts eines [12][Sozialwohnungsbestands, der Ende 2024 in
Niedersachsen auf nur noch 48.665 Wohnungen geschrumpft war,] reichen die
bisherigen Maßnahmen nicht aus, auch wenn Niedersachsen bei der
Neu-Förderung im Ländervergleich gar nicht so schlecht dasteht: Der
Wohnungsmarkt bleibt angespannt, der Förderrahmen wächst zu langsam.
Und dass das Sozialministerium die ZBS mit der „Koordination der Hilfen für
wohnungslose Frauen“ beauftragt hat, bleibt Symbolpolitik, solange das Geld
fehlt. Die ohnehin klammen Kommunen sollen den Ausbau der Frauenhilfen
irgendwie nebenher stemmen. Das wird nicht passieren.
Was es braucht, ist kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsbau,
finanziert aus Landes- und Bundesmitteln; eine Mietpreisbremse, die diesen
Namen verdient und auch Bestandsmieten deckelt; und ein landesweites
Programm für frauenspezifische Notschlafstellen, Tagesaufenthalte und
Übergangswohnungen, das die Realität von Gewalt und Flucht berücksichtigt.
3 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Theaterstueck-ueber-obdachlose-Frauen/!6124292
(DIR) [2] https://www.zbs-niedersachsen.de/
(DIR) [3] /Studie-zum-Wohnungsmarkt/!6117727
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(DIR) [7] /Obdachlose-Frauen/!6023205
(DIR) [8] /Schlafplaetze-fuer-junge-Obdachlose/!6088651
(DIR) [9] /Obdachlose-Frauen-werden-oft-Gewaltopfer/!5463920/
(DIR) [10] /Eine-Million-Wohnungslose/!6126287
(DIR) [11] https://wohnraum.niedersachsen.de/startseite
(DIR) [12] https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2025/05/VV_sozialer_Wohnungsbau_2025.html
## AUTOREN
(DIR) Robert Matthies
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