# taz.de -- Eine Million Wohnungslose: Uns doch egal
> Die aktuellen Zahlen zu Wohnungslosigkeit sind alarmierend. Mehr als
> Betroffenheitsbekundungen haben Politik und Gesellschaft nicht übrig.
(IMG) Bild: Sollte nicht egal sein: Eine Million Menschen in Deutschland sind ohne Wohnung
Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, wird es bald wieder durch Kirchen
und über Weihnachtsmärkte schallen: die Adventszeit steht vor der Tür.
Nehmen wir diesen christlichen Ruf nach Offenheit doch einmal ernst und
übersetzen ihn in die heutige Zeit: Macht eure Wohnungstür auf und lasst
die Menschen rein.
Am Montag sind die aktuellen Zahlen zu wohnungslosen Menschen
veröffentlicht worden. [1][Laut Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungslosenhilfe] sind eine Million Menschen in Deutschland ohne Wohnung.
Warum also nicht jemanden bei sich zu Hause aufnehmen, und wenn es nur für
eine Nacht ist? Gerade in der kalten Jahreszeit geht es prekär zu,
Obdachlosen droht in kalten Nächten Lebensgefahr. Doch machen wir uns
nichts vor: Wer hat so etwas schon mal wirklich gemacht?
Auch Sie, liebe:r Leser:in, werden dieser Tage wieder jemanden im
Nasskalten zurücklassen. Vielleicht haben Sie ein schlechtes Gewissen
dabei, vielleicht auch nicht – klar wird: Das Appellieren an Nächstenliebe
ist aussichtslos. Was es braucht, ist eine politische Lösung – könnte man
denken: Über mehr Wohnraum können sich ja eigentlich alle Parteien
verständigen. Allein: Die letzte Bundesregierung hat ihr selbst
ausgerufenes Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr grandios gerissen.
Selbst das ist gar nicht das größte Problem. Denn gleichzeitig ist der
soziale Wohnungsbau auf einem historischen Tiefstand. Wenn von
„Wohnungsnot“ gesprochen wird, sind paradoxerweise nicht Wohnungslose
gemeint. Gemeint ist die Konkurrenz um Wohnraum in Großstädten, die
inzwischen bis in die [2][Mittelschicht] hinein regiert. Doch im Gegensatz
zu obdachlosen Menschen sind sie diese Gruppen begehrte Wähler:innen.
Wenn jetzt also die erwartbaren Reaktionen kommen, dann sollten wir so
ehrlich sein und uns sowohl persönliche Betroffenheit als auch wohlfeile
politische Appelle sparen. Am Ende lässt die Realität keinen anderen
Schluss als diesen zu: Die Menschen auf der Straße sind der Mehrheit in
dieser Gesellschaft offensichtlich vollkommen egal.
18 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://www.bagw.de/de/neues/s?tx_netnews_newsview%5Bnews%5D=389&cHash=0af8991fea9ade1f2535fef10b2327c2
(DIR) [2] /Mietenreport-Rund-6-Mio-Mieterinnen-durch-hohe-Wohnkosten-extrem-ueberlastet/!6127688
## AUTOREN
(DIR) David Hinzmann
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