# taz.de -- Deutschland und Polen: Freundschaft mit Fallstricken
> Russland und Ukraine – das werden wichtige Themen der deutsch-polnischen
> Regierungskonsultationen sein. Es dürfte aber auch um
> Vergangenheitsbewältigung gehen.
(IMG) Bild: Bundeskanzler Merz und Premierminister Tusk bei einem Treffen in Warschau im Mai 2025
dpa | [1][Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)] und Ministerpräsident Donald
Tusk leiten heute die 17. deutsch-polnischen Regierungskonsultationen, die
zur weiteren Vertiefung der Partnerschaft beider Länder führen sollen. Zu
den Hauptthemen werden die [2][Sicherheits- und Verteidigungspolitik], die
wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Unterstützung der von Russland
angegriffenen Ukraine gehören. Es gibt aber auch einige Fallstricke für die
Gespräche im Berliner Kanzleramt – sie sind vor allem in der
deutsch-polnischen Kriegsvergangenheit zu finden.
## Was sind Regierungskonsultationen?
Regierungskonsultationen sind gemeinsame Kabinettssitzungen, an denen auf
beiden Seiten zwar nicht alle, aber immer mehrere Ministerinnen und
Minister teilnehmen. Sie werden von der Bundesregierung unterschiedlich
häufig mit besonders engen Partnern (zum Beispiel Frankreich, Polen und
Italien) oder besonders bedeutenden Ländern (zum Beispiel China)
durchgeführt. Mit Polen sind es schon die 17. Regierungskonsultationen seit
1991.
## Wie steht es um die deutsch-polnischen Beziehungen?
Seine ersten beiden Auslandsreisen unternahm Merz im Mai am ersten Tag nach
seiner Vereidigung nach Paris und Warschau, um zu zeigen, dass ihm die
Beziehungen zu diesen beiden Nachbarländern besonders am Herzen liegen. Bei
den Regierungskonsultationen soll der Anspruch einer vertieften
Partnerschaft nun in die Tat umgesetzt werden. Geplant ist eine
Abschlusserklärung, die vor allem die Bereiche Sicherheit, Verteidigung und
Wirtschaft abdecken soll.
## Was sorgt weiterhin für Probleme?
Der Umgang mit den dramatischen Folgen der deutschen Besatzung Polens im
Zweiten Weltkrieg ist ein Dauerthema in den Beziehungen beider Länder.
Weiterhin stehen polnische Reparationsforderungen in Billionenhöhe für die
damals angerichteten Schäden im Raum, die zuletzt im September von Polens
Präsident Karol Nawrocki bei seinem Antrittsbesuch in Berlin erhoben und
von Merz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erneut zurückgewiesen
wurden.
Anders als der rechtskonservative Präsident Polens thematisiert die
Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk die
Reparationsfrage nicht mehr offensiv – sie erwartet von der Bundesregierung
aber eine Geste der Unterstützung für die noch lebenden Opfer der deutschen
Besatzung. Die war bei den letzten Regierungskonsultationen im Juli 2024
vom damaligen Kanzler Olaf Scholz (SPD) auch versprochen worden. Bisher ist
aber noch nichts passiert. Und die noch lebenden Opfer – Mitte 2024 war
noch von 40.000 die Rede – werden von Tag zu Tag weniger.
## Wie läuft es in der Ukraine-Politik?
Die Bedrohung durch Russland hat Deutschland und Polen in den vergangenen
Jahren enger zusammengeschweißt. Anfang Mai war Merz zusammen mit Tusk, dem
französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen
Premierminister Keir Starmer in Kyjiw, um die Solidarität mit der Ukraine
zu demonstrieren. Den aktuellen Verhandlungsprozess über einen Friedensplan
führen nun aber Deutschland, Frankreich und Großbritannien ohne Polen, das
lediglich konsultiert wird – obwohl Polen als Nachbarland der Ukraine und
Russlands besonders von dem Krieg betroffen ist.
In Polen sorgt das für Enttäuschung und Entsetzen. „Derzeit sieht es so
aus, als wären wir bei den Verhandlungen überflüssig“, schrieb die Gazeta
Wyborcza, eines der wichtigsten polnischen Medien, in der vergangenen
Woche. „Kyjiw hat entschieden, dass es ohne unsere Unterstützung
zurechtkommt, die europäischen Akteure arbeiten ohne polnische Hilfe, das
Weiße Haus nimmt uns überhaupt nicht wahr. Von einem Land, das der
wichtigste europäische Akteur in der Ukraine-Frage sein sollte, sind wir zu
einer beratenden Stimme geworden.“
## Was ist mit den Grenzkontrollen?
Die verschärften Grenzkontrollen zur Eindämmung illegaler Migration hatten
den Antrittsbesuch von Merz in Polen im Mai überschattet. Tusk hatte auf
offener Bühne seinem Ärger darüber Luft gemacht. „Wenn jemand eine
Kontrolle an der polnischen Grenze einführt, wird Polen auch eine solche
Kontrolle einführen. Und das macht auf lange Sicht einfach keinen Sinn“,
sagte er damals.
[3][Die Grenzkontrollen auf beiden Seiten] gibt es heute immer noch. Polen
hat sie zuletzt bis zum 4. April 2026 verlängert. Offenen Streit zwischen
beiden Regierungen darüber gibt es aber nicht mehr. Inzwischen scheint man
sich mehr oder weniger daran gewöhnt zu haben.
1 Dec 2025
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