# taz.de -- Beschuldigter Linker Johann G.: JVA beschlagnahmt „Nova“-Shirt von Antifa-Inhaftiertem
       
       > Der Antifaschist Johann G. solidarisierte sich in seinem Prozess mit
       > einem Shirt mit dem israelischen „Nova“-Festival – nun beschlagnahmte es
       > die JVA.
       
 (IMG) Bild: Statement vor dem Oberlandesgericht Dresden: Johann G. im „Nova“-Shirt mit seinem Anwalt Martin Schaar
       
       Es war ein Statement. [1][Zum Prozessauftakt gegen sieben
       Antifaschist*innen] vor dem Oberlandesgericht Dresden am vergangenen
       Dienstag betrat der Hauptbeschuldigte [2][Johann G.], in Handschellen und
       von Wachleuten hereingeführt, den Verhandlungssaal in einem grünen Shirt,
       darauf das Logo des israelischen Ravefestivals „Nova“. Das Festival, auf
       das Hamas-Terroristen [3][im Oktober 2023 ein Massaker mit gut 360 Toten
       verübten] – einer der Ausgangspunkte des jüngsten Nahostkriegs.
       
       Nun gibt es dazu ein Nachspiel: Denn die JVA Dresden, in welcher der
       32-Jährige in Untersuchungshaft sitzt, beschlagnahmte laut Auskunft seiner
       Verteidiger*innen nach G.s Auftritt im Gericht das besagte
       „Nova“-Shirt – weil es für Unruhe in dem Gefängnis sorgen könnte.
       
       Die JVA Dresden wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern. Aus Gründen des
       Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte mache man zu einzelnen
       Gefangenen keine Angaben, sagte eine Sprecherin der taz. Sie erklärte aber,
       dass grundsätzlich in der JVA Kleidung untersagt werden dürfe, wenn sie
       verboten oder verfassungsfeindlich sei oder wenn damit „eine Botschaft
       gesendet werden soll, die das geregelte Zusammenleben in der Anstalt
       gefährdet“. In der JVA Dresden seien Gefangene unterschiedlicher Ethnien
       und Nationen untergebracht, die dabei berücksichtigt werden müssten, so die
       Sprecherin. Wenn mit Kleidung etwa zu Hass oder Gewalt aufgerufen werde
       oder Religionszugehörigkeiten diskriminiert würden, könne das Tragen
       untersagt werden.
       
       ## „Kaum zu ertragende Argumentation“
       
       Die Verteidiger*innen von Johann G. haben für die Beschlagnahmung
       keinerlei Verständnis. „Dass ein Kleidungsstück, auf dem nichts weiter
       abgedruckt ist als der Name des Festivals, dessen Besucher am 7. Oktober
       2023 Opfer des größten Verbrechens an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust
       wurden, nach Ansicht der Verantwortlichen der JVA Dresden die Sicherheit
       und Ordnung einer Justizvollzugsanstalt in Deutschland beeinträchtigen
       soll, ist eine kaum zu ertragende Argumentation“, kritisierte Martin
       Schaar, einer der Anwälte. „Wir werden einen Antrag an die zuständige
       Strafvollstreckungskammer stellen, um dies überprüfen zu lassen.“
       
       Auch zum Prozessauftakt hatte das „Nova“-Shirt von Johann G. für Aufsehen
       gesorgt – und für Diskussionen in der linken Szene. In
       Social-Media-Beiträgen lobten einige dieses als Zeichen gegen
       Antisemitismus, andere kritisierten G. als „Zionisten“. Politisch hatte
       sich der Leipziger schon vorher innerhalb der Antifa-Szene positioniert. Er
       soll auch Teil der „Nakam“-Graffiti-Crew gewesen sein, was die Gruppe
       einerseits mit „Nazis kaputt machen“ übersetzte, sich andererseits aber auf
       eine gleichnamige jüdische Gruppe bezog, die nach 1945 Rache für die
       NS-Verbrechen nehmen wollte. Nakam steht hebräisch für „Rache“.
       
       In dem Dresdner Prozess wird Johann G. von der Bundesanwaltschaft
       vorgeworfen, mit fünf Mitangeklagten eine kriminelle Vereinigung gebildet
       zu haben, [4][die von 2018 bis 2023 mehrere schwere Angriffe auf
       Rechtsextreme verübte]. Ein weiterer Angeklagter gilt als Unterstützer.
       Johann G. soll laut Anklage eine „herausgehobene Stellung“ gehabt, soll
       Trainings, Ausspähungen und Angriffe organisiert haben und bei fast allen
       Taten dabei gewesen sein.
       
       Vor seiner [5][Festnahme am 8. November 2024] war Johann G. fast vier Jahre
       abgetaucht. Zu den Vorwürfen schweigt er bisher. Seine
       Verteidiger*innen kritisierten zu Prozessbeginn eine Vorverurteilung
       von G.: durch Festlegungen [6][in einem früheren Prozess gegen vier weitere
       Antifaschist*innen], [7][darunter seine Ex-Verlobte Lina E.], durch
       Medienberichte und durch seine Haftbedingungen.
       
       Tatsächlich hatte die JVA Dresden Johann G. direkt nach seiner Festnahme
       unter strengsten Bedingungen inhaftiert. So wurde G. anfangs in einem
       besonders geschützten Sicherungshaftraum untergebracht und stand mit einer
       sogenannten Sitzwache unter Dauerbeobachtung. Wenn er die Zelle verlassen
       durfte, wurden seine Hände und Füße gefesselt. Über mehrere Wochen befand
       sich Johann G. in „Absonderung“, durfte keine anderen Gefangenen treffen
       oder an Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen. „Unser Mandant befand sich
       praktisch in Isolationshaft“, kritisierte Anwalt Schaar. Er und seine
       Mitverteidiger*innen hatten gegen diese Auflagen geklagt – und
       zuletzt Recht bekommen. Das Oberlandesgericht Dresden erklärte nach Schaars
       Auskunft die Maßnahmen nachträglich für rechtswidrig.
       
       Im Prozess vor dem Oberlandesgericht Dresden drohen Johann G., der
       einschlägig vorbestraft ist, derweil mehrere Jahre Haft – auch weil die
       Bundesanwaltschaft [8][zwei der Angriffe auf Rechtsextreme, in
       Dessau-Roßlau und Erfurt, als versuchten Mord wertet]. Die
       Verteidiger*innen ziehen vor allem bei diesen beiden Angriffen jedoch
       die angeführten Indizien in Zweifel, dass G. am Tatort war – ein
       vermeintlicher DNA-Treffer und Videoaufnahmen der vermummten Angreifer
       durch Passanten.
       
       Die Vorwürfe gegen G. seien schwer und man nehme sie sehr ernst, sagte
       seine Anwältin Kristin Pietrzyk zu Prozessbeginn. Man erwarte aber auch,
       dass das Gericht ernsthaft prüfe, ob diese Vorwürfe stichhaltig seien oder
       auf Mutmaßungen beruhten.
       
       Der Prozess gegen Johann G. und die sechs Mitangeklagten geht am Montag
       weiter. Wegen der vielen Tatvorwürfe sind bisher Prozesstermine bis ins
       Jahr 2027 angesetzt.
       
       30 Nov 2025
       
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 (DIR) Konrad Litschko
       
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