# taz.de -- Reform für Seenotrettung: Wie das Sterben im Mittelmeer aufhören könnte
       
       > 14 NGOs haben ein Konzept für ein EU-Programm zur Seenotrettung im
       > Mittelmeer vorgelegt. Die EU könne jederzeit sichere Fluchtwege schaffen.
       
 (IMG) Bild: Soll einen „Neuen Pakt für das Mittelmeer“ ausarbeiten: Dubravka Šuica
       
       Berlin taz | Zeitgleich zur Abstimmung über die [1][neue EU-Kommission am
       Mittwoch] haben 14 NGOs ein Konzept für ein EU-Programm zur
       [2][Seenotrettung] im Mittelmeer vorgelegt. Der „Mare Solidale“ genannte
       Entwurf sieht unter anderem vor, mit Ausrüstung und Personal aus nationalen
       Katastrophenbehörden Patrouillen in internationalen Gewässern, vor allem
       vor Libyen, durchzuführen. Menschen in Seenot sollen von diesen Patrouillen
       gerettet und nach Europa gebracht werden.
       
       Das bereits existierende EU-Zentrum für die Koordination von
       Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre, ERCC) soll die
       Leitung übernehmen und dafür mit den bestehenden nationalen
       Rettungsleitstellen zusammenarbeiten. Unter anderem sollen
       „Überwachungskapazitäten, die derzeit bei [3][Frontex] liegen“, vom ERCC
       übernommen werden, „um sicherzustellen, dass bestehende Informationen zur
       Rettung von Menschenleben auf See genutzt“ werden.
       
       Die Kosten für das Rettungsprogramm „mit ausreichender Kapazität für den
       vorhersehbaren Bedarf“ werden in dem Papier auf 240 Millionen Euro taxiert
       – also rund 0,13 Prozent des EU-Jahresbudgets 2023 oder 28 Prozent des
       Frontex-Budgets.
       
       Ausgearbeitet hat das Konzept die Juristin Violetta Moreno-Lax von der
       Queen Mary Uni London, veröffentlicht hat es ein Bündnis aus 14
       Organisationen, darunter unter anderem Sea-Watch, United4Rescue und SOS
       Humanity.
       
       ## Kommissarin soll Seenotrettung reformieren
       
       Hintergrund ist, dass das EU-Parlament am Mittwoch die neue EU-Kommission
       bestätigen soll, der unter anderem zum ersten Mal eine „Kommissarin für den
       Mittelmeerraum“ angehören wird. Das Amt bekommt die nationalkonservative
       Kroatin Dubravka Šuica, die einen „Neuen Pakt für das Mittelmeer“
       ausarbeiten soll.
       
       In diesem Jahr sind bisher 1.985 Flüchtlinge und Migrant:innen im
       Mittelmeer ertrunken. Die zahlreichen Seenotrettungs-NGOs werden unter
       anderem von Italien und Griechenland drangsaliert und sehen sich seit
       Jahren dem Risiko juristischer Verfolgung ausgesetzt. Italien setzt bei
       Notfällen vor allem darauf, dass die Menschen von der libyschen Küstenwache
       zurück nach Libyen gebracht werden. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex
       unterstützt dabei.
       
       „Die Europäische Kommission hat keine Antwort auf die
       Menschenrechtsverletzungen und das tägliche Sterben im Mittelmeer“, heißt
       es in einer Erklärung des NGO-Bündnisses. Der „Mare Solidale“-Vorschlag sei
       als „Gegenentwurf zum Wettbewerb der Menschenrechtsabschaffung“ gedacht und
       fordere damit „ausdrücklich eine Debatte über sichere Fluchtwege in die EU
       ein“.
       
       Die „politische Rettungsblockade“ müsse ein Ende haben. „Die Europäische
       Kommission kann jederzeit beschließen, das Sterben auf See zu beenden. Ein
       europäisches Rettungsprogramm ist keine Frage der Ressourcen oder der
       Logistik – es ist eine Frage des politischen Willens“, sagte die
       Sea-Watch-Sprecherin Giulia Messmer.
       
       27 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Raffaele-Fitto-fuer-neue-EU-Kommission/!6045758
 (DIR) [2] /Seenotrettung/!t5010374
 (DIR) [3] /Frontex/!t5007627
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Seenotrettung
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Frontex
 (DIR) Sea-Watch
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Griechenland
 (DIR) EU-Flüchtlingspolitik
 (DIR) Frontex
 (DIR) Frontex
 (DIR) Schwerpunkt UN-Migrationspakt
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Ursula von der Leyen
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Seenotrettung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Seenotrettung im Mittelmeer: Insgesamt 175.000 Menschen gerettet
       
       Seit zehn Jahren sind private Seenotretter auf dem Mittelmeer im Einsatz.
       Nun zogen die Organisationen Bilanz – und forderten endlich sichere
       Fluchtwege.
       
 (DIR) Gesunkenes Flüchtlingsboot: Strafverfahren gegen Mitglieder der griechischen Küstenwache
       
       2023 kenterte ein Boot vor der Küste Griechenlands, rund 600 Geflüchtete
       starben. Die Staatsanwältin erhebt schwere Vorwürfe gegen die Küstenwache.
       
 (DIR) 10 Jahre SOS Humanity: Kein Happy Birthday
       
       Die NGO SOS Humanity rettet Menschen im Mittelmeer. Jetzt wird sie zehn
       Jahre alt – Grund zum Feiern hat sie allerdings wenig.
       
 (DIR) Migration in die EU: Deutlich weniger unerlaubte Einreisen
       
       Die Grenzschutzagentur Frontex legt ihren Jahresbericht für 2024 vor.
       Amnesty wirft Sicherheitsbehörden in diesem Zusammenhang schwere Verstöße
       vor.
       
 (DIR) Europäische Abschottungspolitik: Wettbewerb der menschenrechtlichen Unterbietung
       
       Die Europäische Union könnte das Sterben im Mittelmeer stoppen – wenn sie
       denn wollte. Doch danach sieht es momentan nicht aus.
       
 (DIR) Flucht übers Mittelmeer nach Europa: NGO berichtet von 10.000 Toten bei Überfahrt nach Spanien
       
       Auf dem Weg von Afrika auf die Kanaren sterben laut der Caminando Fronteras
       pro Tag 30 Migrant:innen. Die NGO kritisiert eine „nicht hinnehmbare
       Tragödie“.
       
 (DIR) Unterbringung und Versorgung: Geflüchtetenaufnahme belastet Kommunen weiterhin deutlich
       
       Obwohl weniger neue Asylbewerber*innen nach Deutschland kommen ist
       rund ein Drittel der Kommunen „im Krisenmodus“. Oft fehlt es an Geld und
       Wohnraum.
       
 (DIR) KI für EU-Grenzschutz: Grenzenlose Überwachung
       
       Die NGO AlgorithmWatch hat 24 Projekte untersucht, die zum Einsatz von KI
       im EU-Grenzschutz genutzt werden sollen. Die Ergebnisse seien „verstörend“.
       
 (DIR) Neue EU-Kommission gewählt: Eingerissene Brandmauer
       
       Die neue EU-Kommission steht. Sie ist die bisher rechtslastigste
       EU-Behörde. Das hat gravierende Folgen.
       
 (DIR) Raffaele Fitto für neue EU-Kommission: Machtpoker um Melonis Mann in Brüssel
       
       Die Nominierung Raffale Fittos für die neue EU-Kommission sorgt für Streit.
       Grüne und Sozialdemokraten wollen ihn nicht als Vizepräsidenten.
       
 (DIR) Ehrenamtliche über Seenotrettung: „Wenn ein Boot untergeht, ist die Küstenwache oft nicht da“
       
       Seit zehn Jahren hilft das Alarm-Phone Migrant*innen in Seenot.
       Staatliche Rettungsstellen würden die Zusammenarbeit verweigern, klagt
       Britta Rabe.
       
 (DIR) 10 Jahre Alarm Phone: Notrufe von über 8.000 Booten
       
       Die Hotline Alarm Phone nimmt seit einem Jahrzehnt Anrufe von
       Geflüchteten-Booten entgegen. Nun feiert sie Jubiläum und zieht Bilanz.