# taz.de -- Innenpolitiker der Opposition: „Natürlich können wir regieren“
       
       > Fünf Jahre lang haben sie im Innenausschuss Rot-Schwarz angegriffen.
       > Jetzt ziehen Udo Wolf (Linke), Christopher Lauer (Piratenfraktion) und
       > Benedikt Lux (Grüne) Bilanz.
       
 (IMG) Bild: Kein Kinderspiel: Wenn's um Polizeieinsätze in Berlin geht, sind die Innenpolitiker der Opposition gefordert
       
       taz: Herr Wolf, Herr Lauer, Herr Lux, wer von Ihnen ist der nächste
       Innensenator? 
       
       Schweigen. 
       
       Christopher Lauer: Jetzt kommt so eine typische Politikerantwort:
       Wir sind alle froh, wenn Frank Henkel nicht mehr Innensenator ist.
       
       Typisch Lauer, drängelt sich vor. Auch im Innenausschuss stahl er
       Ihnen ständig die Show. Herr Lux und Herr Wolf, hat Sie das genervt? 
       
       Udo Wolf: Genervt hat er manchmal schon. Aber Christopher gebührt ein
       großes Verdienst: Er hat in der Geschäftsordnung des
       Abgeordnetenhauses einen verstaubten Paragrafen gefunden.
       Damit konnten wir gemeinsam die flächendeckende Videoüberwachung
       stoppen. Großartig!
       
       Eigentlich war die vom rot-schwarzen Senat ja schon beschlossen. Jetzt
       hatte die SPD-Fraktion eine Möglichkeit, hier einen Rückzieher zu
       machen. 
       
       Wolf: Das Gesetz wäre eine Katastrophe gewesen. Die SPD hat gemerkt,
       dass sie bei einem wichtigen Teil des rot-rot-grünen Wählerspektrums
       nicht punkten kann, wenn die CDU damit durchkommt.
       
       Lauer: Die Anzahl der Leute, die sich in Deutschland für Bürgerrechte
       interessieren, ist ja überschaubar. Aber sie sind
       Multiplikatoren. Dann hätte es wieder geheißen: „Wer hat uns
       verraten? Sozialdemokraten!“ Hoffentlich erkennt die SPD, dass
       sie keinen Blumentopf gewinnen kann, wenn sie der CDU immer
       innenpolitisch hinterher rennt.
       
       Warum traut sich bei der Frage nach der Henkel-Nachfolge keiner aus der
       Deckung? Herr Lux, sonst sind Sie doch nicht so zurückhaltend. 
       
       Benedikt Lux: Das Innenressort ist sehr schwierig. Auch Henkel
       wollte es nicht. Das Ressort hat einen riesigen Personalkörper, es
       herrscht Reformstau. Auch in der nächsten Koalition wird es eines der
       unattraktivsten sein.
       
       Wieder so ein Politikerblabla. 
       
       Lux: Ich habe am Wochenende geheiratet und bin noch nicht wieder
       vernehmungsfähig (lacht). Aber das, was ich zum Innenressort gesagt
       habe, meine ich ernst. Es gab dort viele Personalrochaden und
       Blockaden in den letzten Jahren; es ist unklar, wer zuständig ist
       für den öffentlichen Dienst, die Digitalisierung und die
       Bürgerämter. Da kann man nicht wirklich gestalten. Die Ressorts
       Stadtentwicklung, Bildung und Finanzen sind da tausendmal
       interessanter.
       
       Wolf: Ich mache meinen Job als Fraktionsvorsitzender sehr gerne und
       möchte ihn auch weitermachen. Die Frage, welche Senatsressorts wir
       nach der Wahl beanspruchen, steht sinnigerweise am Ende von
       Koalitionsverhandlungen. Das sollten auch Journalistinnen und
       Journalisten wissen.
       
       Rumspinnen darf man ja mal. 
       
       Wolf: Selbstverständlich sind wir in der Lage zu regieren, und zwar am
       besten in der Dreierkonstellation Rot-Rot-Grün. Aber bis dahin ist
       es noch ein weiter Weg.
       
       Sprechen wir über die Polizei: Egal wie die Wahl ausgeht, Klaus Kandt
       bleibt als Polizeipräsident erhalten. Welches Zeugnis stellen Sie
       ihm nach drei Dienstjahren aus? 
       
       Lux: Drei minus.
       
       Lauer: Er ist zwar nicht Margarete Koppers, aber er arbeitet
       anscheinend eng mit der Vizepräsidentin zusammen. Mich hat
       positiv überrascht, dass die Polizei von sich aus den
       Genehmigungsprozess für die kriminalitätsbelasteten Orte neu
       organisiert hat. Das zeigt, Kandt ist kritisch. Aber er ist natürlich
       auch CDU.
       
       Wolf: Klaus Kandt ist schlecht gestartet, er hat in Sachen Racial
       Profiling viel Unsinn erzählt. Aber er ist nicht
       beratungsresistent. Wenn er von der Opposition, von
       Bürgerrechtlern auf Missstände hingewiesen wurde, hat er versucht,
       das aufzuklären.
       
       Ist die Polizei progressiver als ihr Dienstherr Henkel? 
       
       Lux: Definitiv, zumindest ein Teil der Polizei.
       
       Was sind die brennendsten innenpolitischen Themen? 
       
       Wolf: Ein unabhängiger Polizeibeauftragter ist ganz wichtig. Und
       die Deeskalationsstrategie, die in dieser Legislaturperiode
       auf der Strecke geblieben ist.
       
       An welchen Orten zum Beispiel? 
       
       Wolf: Beim Einsatz im April in der Alice Salomon- Hochschule. Die
       Polizei hat sie während einer Nazidemo regelrecht gestürmt, weil
       dort ein Transparent gegen rechts aus dem Fenster hing.
       Vermittlungsangebote des Rektors wurden abgelehnt. Zeitgleich
       zeigten die Nazis vor der Tür den Hitlergruß – und die Polizei hat
       nichts gemacht. Das war das Gegenteil von Deeskalation.
       
       Wo noch? 
       
       Wolf: Dass die Polizei im Januar im Hausprojekt Rigaer94 mit 550
       Beamten eine Hausbegehung machte, ohne einen richterlichen
       Durchsuchungsbeschluss zu haben. Und jetzt aktuell die Räumung der
       Kadterschmiede, ebenfalls in der Rigaer.
       
       Was wäre Ihre Strategie? 
       
       Lauer: Henkel macht einen Larry und schickt da möglichst viele
       Polizisten rein, um die Leute zu schikanieren. Das ist doch keine
       Strategie. Unter dem letzten Innensenator gab es die Praxis, dass
       man mit radikalen Linken den Dialog gesucht hat.
       
       Henkel sagt, der Rechtsstaat sei nicht verhandelbar. Kann man mit den
       Leuten in der Rigaer denn reden?
       
       Lux: Ich glaube schon.
       
       Runde Tische sollen die Probleme lösen – ist das Ihr Ernst? 
       
       Lauer: Nee. Man braucht einen Verhandlungsführer, der Erfahrung damit
       hat, verfeindete Volksgruppen zu einen. Die Leute aus dem
       alternativen Wohnprojekt, die Anwohner, der Bezirk und das Land
       Berlin – alle brauchen einen Fürsprecher, und dann einigt man sich auf
       Dinge. Zum Beispiel, dass die Leute der Rigaer94 dort wohnen können,
       ohne Angst zu haben, geräumt zu werden.
       
       Und die Anwohner der Neubauten brauchen keine Angst mehr zu haben,
       dass ihnen mit Zwillen in die Kinderzimmer geschossen wird? 
       
       Lauer: Genau. Die Leute dort wissen: Unsere Yuppie-Plattenbauten
       werden nicht mit Farbe beworfen, unsere Autos werden nicht
       angezündet und keine Scheiben eingeworfen. Das Ziel muss eine
       friedliche Koexistenz sein. Das klingt heute ja ziemlich altmodisch.
       
       Lux: Das ist aber eine Eskalationslage, die man aus der
       Opposition heraus nur mahnend auflösen kann. Momentan ist die
       Stimmung auf allen Seiten so vergiftet, dass erst mal Ruhe ins Spiel
       gebracht werden muss. Eine Möglichkeit wäre, das Haus zu kaufen. Bei
       vielen der ehemals besetzten Häuser in Friedrichshain hat das
       Anfang der 90er Jahre auch funktioniert. Aber dafür muss man eine
       Akzeptanz in der Stadt haben. Vor der Wahl wird das bestimmt nichts
       mehr.
       
       Herr Wolf, Ihre Meinung? 
       
       Wolf: Ich gebe meinen Kollegen recht. Voraussetzung, um überhaupt
       ins Gespräch zu kommen, wäre, diesen Polizeibesatzungszustand in
       der Straße aufzuheben. Dabei gilt wie immer das Grundprinzip bei
       Friedensverhandlungen: Einseitige Abrüstung kann das Vertrauen
       erhöhen, dass sich die andere Seite wieder an den Tisch setzt.
       Außerdem sollte man versuchen, die Streifentätigkeit der Polizei
       so hinzukriegen, dass der eine oder andere Brandstifter erwischt
       wird. Die gerade von Henkel gegründete Sonderermittlungsgruppe
       Linx hingegen ist völlig sinnlos.
       
       Wann waren Sie das letzte Mal in der Rigaer Straße? 
       
       Wolf: Ich muss da nicht hin. Ich bin in keiner exekutiven
       Verantwortung, ich bin dort auch wahrscheinlich kein gern gesehener
       Vermittler. Die meisten Leute von der Rigaer halten uns ohnehin für
       Verräter in der ganzen Hausbesetzerfrage.
       
       Lauer: Wir sind uns da alle einig. Die Situation ist verfahren und
       müsste so schnell wie möglich gelöst werden. Das wäre Aufgabe des
       Regierenden Bürgermeisters Michael Müller. Man kann nicht auf den
       nächsten Innensenator warten.
       
       Ist das immer so harmonisch, wenn Sie drei zusammenkommen? 
       
       Lauer: Wir zoffen uns eher im Innenausschuss.
       
       Dort spielen Sie sich doch auch immer die Bälle zu. 
       
       (Allgemeines Lachen). 
       
       Lauer: Gut ja, ich schmiere immer der Grünen-Abgeordneten Canan
       Bayram aufs Brot, dass sich ihre Partei bei unserem Antrag auf
       Abschaffung der kriminalitätsbelasteten Orte enthalten hat. Und
       jetzt zieht sie mit großem Tamtam in Friedrichshain-Kreuzberg in den
       Wahlkampf und sagt, sie will die sogenannten Gefahrengebiete in
       Berlin abschaffen.
       
       Wie beurteilen Sie die Situation im Görlitzer Park, seit Henkel
       dort im April 2015 die Null-Toleranz-Zone eingeführt hat? 
       
       Lauer: Das hat kaum was gebracht. Die paar Leute, die festgenommen
       worden sind, und das bisschen Haschisch, das beschlagnahmt worden
       ist. Man hat total frustrierte Polizisten, die sich da die Beine
       plattstehen. An anderen Stellen fehlen sie.
       
       Lux: Für die gesamten Einsatzstunden der Polizei im Görli hätte man
       auch eine Dauerparkstreife mit acht Leuten für den gesamten
       Görlitzer Park finanzieren können. Im Unterschied zur CDU würden
       Grüne, Linke und Piraten viel genauer hinschauen, wie ein gezielter
       Polizeieinsatz ablaufen kann.
       
       Eine gerade vorgestellte Feldstudie besagt, dass Kinder und
       Jugendliche den Park wegen des Drogenhandels meiden, auch
       arabische und türkische Familien gehen dort nicht mehr hin. 
       
       Lux: Es gibt ja auch immer noch keinen arabischsprachigen
       Sozialarbeiter für den Görli. Und in der Hasenheide zeigt sich,
       dass es auch anders geht: Dort wird ein nicht aggressiver
       Drogenhandel seit Jahrzehnten geduldet, und der Park ist trotzdem
       für Familien attraktiv.
       
       Lauer: Es wäre an der Zeit, mal über eine andere Drogenpolitik in
       Deutschland und Europa zu sprechen. Nicht solche Insellösungen
       nach dem Motto, wir machen jetzt einen Coffeeshop in Kreuzberg.
       Sondern: Wie legalisiert man Haschisch? Wie kriegt man im
       Zweifelsfall auch eine legale Abgabe von härteren Sachen hin? Als
       jemand, der sich, ADHS-bedingt, täglich legal auf Rezept Amphetamine
       reinpfeift, lache ich nur über diese unsinnige Verbotspolitik.
       
       Das löst die Probleme vor Ort aktuell aber nicht. 
       
       Lauer: Sorry, aber da machen Sie es sich zu einfach: Ich bin seit fünf
       Jahren Abgeordneter in Berlin. Die Politik davor …
       
       … also die Regierungskoalition aus SPD und Linkspartei … 
       
       Lauer: … hat viele Weichen extrem beschissen gestellt. Die Folge:
       Gerade bei der Drogenpolitik geht es nicht über Verdrängung
       hinaus. Etwa am Weinbergspark in Mitte: 2011 war Drogenhandel dort
       ein großes Thema. Eine Bürgerinitiative hat sich dagegen gewandt,
       der Park wurde hübsch gemacht. Und die Szene ist weitergezogen. Das
       ist ein Wanderzirkus.
       
       Wolf: Richtig: Gegen Drogenkriminalität hilft nur eine Änderung
       des Betäubungsmittelgesetzes auf Bundesebene. Man kann zwar auf
       Landesebene Druckräume schaffen und den Besitz weicher Drogen
       entkriminalisieren. Aber solange das Gesetz besteht, kann
       Innenpolitik nicht viel erreichen. So eine Null-Toleranz-Nummer
       ist da nichts als Aktionismus.
       
       Für die genervten Anwohner ist das ein schwacher Trost. 
       
       Lauer: Am Kotti könnte man natürlich was machen, wenn man die
       Polizisten nicht am Görli bei Sinnlos-Aktionen verbrät. Berlin hat
       sich jahrzehntelang nicht die Zähne geputzt und wundert sich jetzt
       über ein komplett verfaultes Gebiss, das zu erneuern eben viel
       teurer ist, als wenn man sich jeden Tag die Zähne geputzt hätte.
       
       Wie ginge es besser? 
       
       Lauer: Das Ordnungsamt könnte die Polizei bei bestimmten Fällen
       entlasten, etwa bei Verkehrsunfällen. Da sparen sich ja vor allem
       die Versicherungen den Außendienst, weil die Polizei das alles
       protokolliert.
       
       Umbau also. Und die Polizei braucht auch mehr Personal? So steht es
       jedenfalls in den Wahlprogrammen von Linken und Grünen. 
       
       Wolf: Ja. Frank Henkel hat ein paar Stellen geschaffen, die er – durch
       sogenannte pauschale Minderausgaben – an anderer Stelle gleich
       wieder eingespart hat. So können Polizeibeamte eben nicht auf der
       Straße Präsenz zeigen, sondern sitzen im Büro oder müssen beim
       Objektschutz rumstehen. Das zeigt doch, welche Prioritäten in der
       Innenverwaltung bestehen.
       
       Von der CDU hätte man ja erwarten können, dass sie Wert darauf legt,
       die Polizei auf Vordermann zu bringen. 
       
       Lauer: Hat sie aber nicht. Das wohl größte Missverständnis in der
       jüngeren deutschen Geschichte ist, dass die CDU irgendeine Ahnung
       von Innenpolitik hat.
       
       Lux: Stimmt.
       
       Lauer: Die setzen sich hin, tun nichts – und nach einigen Jahren muss
       dann eine andere Regierung aus SPD und noch jemand die Suppe
       auslöffeln.
       
       Warum haben Sie Henkel nicht mehr getrieben? 
       
       Lauer: Haben wir doch! Gerade Linke und Grüne haben Anträge noch und
       nöcher in den Haushaltsberatungen gestellt. Die haben die vorhin
       erwähnten pauschalen Minderausgaben tausendmal vorgerechnet.
       Dann saß da immer Senator Henkel und las von seinem Sprechzettel ab:
       „Höhö, Sie haben das nicht verstanden, wir stellen mehr Polizisten
       ein.“ Das war dann die politische Debatte. Und die Öffentlichkeit
       ist eben mehr an Krawallgeschichten am Görli, am Kotti und in der
       Rigaer interessiert.
       
       Jetzt sind die Medien schuld, die lieber eine Sau durchs Dorf treiben? 
       
       Lauer: Ja – und nein.
       
       Wolf: Ich finde den Vorwurf, die Opposition mache dieses oder jenes
       nicht, auch unglaublich nervend. Beispiel NSU-Skandal: Da haben wir
       Henkel und die Polizei rauf- und runtergetrieben. Wir haben vor dem
       Verfassungsgericht gegen die unsäglichen Übersichtsaufnahmen bei
       Großdemonstrationen geklagt: Die Richter teilten unsere
       Einwände leider nicht. Und, was das Thema Personal im öffentlichen
       Dienst angeht: Da haben wir Entwicklungskonzepte vorlegt, die hat
       Rot-Schwarz abgelehnt, und jetzt im Wahlkampf stellt sich die SPD hin
       und fordert genau das.
       
       Henkel hat es Ihnen aber auch leicht gemacht: Er ist ein
       vergleichsweise schwacher Innensenator. 
       
       Lux: Stimmt. Die CDU und Henkel waren völlig überfordert, die haben gar
       nicht so viel in Richtung Law-and-Order-Staat gemacht. Aber Pudding
       kann man nicht an die Wand nageln. Wir haben den Innenausschuss gut
       bespielt – und wir werden uns diese Zeit bald zurückwünschen: drei
       linke, bürgerrechtlich orientierte Fraktionen, die auch die
       Aufgaben des Staats hinterfragen. Das wird nach dem 18. September
       anders.
       
       In der nächsten Legislatur werden zumindest Linke und Grüne mit der
       AfD zu tun haben. Was kommt da auf Sie zu? 
       
       Wolf: Die AfD ist eine klassische nationalkonservative
       Rechtsabspaltung des bürgerlichen Lagers, die sich wesentlich aus
       dem Lager der Nichtwähler speist. Wir haben mit unseren
       Brandenburger und Thüringer Kollegen gesprochen, wie der Alltag
       im Parlament mit der AfD aussieht. Die Arbeit wird nicht einfach.
       
       Wie stellen Sie sich das vor? 
       
       Wolf: Wir haben ja schon Näherungswerte. Einige Äußerungen aus der
       CDU, von Burkard Dregger oder Robbin Juhnke, sind mitunter nah dran
       an der AfD-Programmatik.
       
       Lauer: Stimmt.
       
       Wolf: Einige Ältestenratssitzungen mussten sich mit auf diese
       Weise ausgelösten Tumulten beschäftigen.
       
       Lauer: Das Abgeordnetenhaus ist das oppositionsfreundlichste
       Landesparlament in Deutschland. Viele Anträge der Opposition
       werden in die Ausschüsse weiterverwiesen, die Gesprächszeiten
       sind fair verteilt. Ich habe Angst, dass wegen der AfD – aus durchaus
       verständlichen Gründen – an der sehr oppositionsfreundlichen
       Geschäftsordnung herumgeschraubt wird, dass also
       Minderheitenrechte eingeschränkt werden und die
       Oppositionsarbeit schwieriger wird.
       
       Wolf: Das darf auf keinen Fall passieren. Bloß weil Feinde der
       Demokratie ins Parlament einziehen, darf kein Jota Demokratie
       abgeschafft werden. Wir brauchen einen Berliner Konsens der
       demokratischen Parteien auch im Verhalten gegenüber dieser
       unappetitlichen Organisation.
       
       Lux: Entscheidend wird sein, dass wir unsere Wähler mobilisiert
       bekommen. Wenn ich höre, was die AfD erzählt, dann leuchtet mir
       einfach nicht ein, dass die ein so großes Spektrum ansprechen.
       
       Herr Lauer, Sie verabschieden sich aus dem Parlament. Ihre Bilanz
       nach fünf Jahren? 
       
       Lauer: Es ist anstrengend, total nervig, macht aber total viel Spaß. Die
       Piratenfraktion konnte aus der Opposition einige sinnvolle
       Dinge in Berlin anzetteln. Ich finde es schade, dass das Thema
       Politik, obwohl es medial so stark vertreten ist,
       gesellschaftlich so wenig behandelt wird. Alle Menschen müssen
       politischer werden – und Landespolitik ist interessanter, als
       man denkt.
       
       Wolf: Ich werde Herrn Lauer vermissen, im Innenausschuss und im
       Plenum.
       
       Lux: Nicht nur ihn.
       
       Herr Lauer, wird der Politikbetrieb Sie wiedersehen? 
       
       Lauer: Da ereilt einen der Ruf.
       
       Lux: Er ist ja noch jung.
       
       8 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
 (DIR) Bert Schulz
       
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