# taz.de -- NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben: Strippenzieher im Hintergrund
       
       > Der ehemalige NPD-Vizechef Ralf Wohlleben aus Thüringen sitzt als
       > einziger NSU-Helfer noch in U-Haft. Von der Szene wird er gefeiert.
       
 (IMG) Bild: NSU-Helfer Ralf Wohlleben wird von alten Freunden aus der Jenaer Kameradschaftsszene schwer belastet.
       
       BERLIN taz | Sie fordern „Freiheit für Wolle“ und rufen per Twitter zu
       Spenden für ihren im Gefängnis sitzenden Kameraden auf. Andere setzen eine
       Annonce in die Zeitung. „Zweifel an der Sterne Licht, nur an unserer Treue
       nicht“, heißt es dort. Sogar ein Soli-Konzert für ihren „Wolle“ wollten die
       Neonazis im thüringischen Unterwellenborn veranstalten, was die Polizei
       aber verhinderte.
       
       Mit „Wolle“ ist der seit November in Untersuchungshaft sitzende
       Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben gemeint, dem die Bundesanwaltschaft
       Beihilfe zu neun der zehn NSU-Morde vorwirft. Doch während braune
       Sympathisanten Geld für ihn sammeln, hat gleich eine ganze Reihe seiner
       alten Kumpels aus der Jenaer Kameradschaftsszene den heute 37-Jährigen
       schwer belastet.
       
       In ihren Vernehmungen beschreiben sie ihn als Strippenzieher im
       Hintergrund, der zumindest in den ersten Jahren den Kontakt zum
       abgetauchten Neonazitrio koordiniert und ihnen Kuriere in den Untergrund
       geschickt haben soll, erst mit Geld – dann mit Waffen.
       
       Einer von ihnen ist der frühere Neonazi und spätere Sozialarbeiter der
       Aids-Hilfe Carsten S. Stundenlang hat er in Vernehmungen geschildert, wie
       er von Wohlleben zunächst zum Telefonkontakt für das Trio auserkoren wurde
       – und wie die drei zu ihrem wichtigsten Mordinstrument kamen: Der Ceska 83
       mit der Seriennummer 034678, die vom NSU bei allen neun Morden an Migranten
       benutzt wurde.
       
       ## Die Waffe bei Wohlleben abgeliefert
       
       Demnach habe Wohlleben den fünf Jahre jüngeren Carsten S. um die
       Jahrtausendwende in den Jenaer Szeneladen Madley geschickt. Dort holte S.
       die Pistole ab, packte sie unter den Vordersitz des roten Renault Clio
       seiner Mutter und brachte sie zu Wohlleben. „Ich kann mich noch erinnern,
       dass Wohlleben den Schalldämpfer auf die Waffe schraubte“, sagte Carsten S.
       den Beamten des BKA und der Bundesanwaltschaft. „Er hatte dabei schwarze
       Lederhandschuhe an.“
       
       Ein paar Tage später bringt Carsten S. die Ceska im Zug nach Chemnitz. In
       einem Kaufhaus trifft er Böhnhardt und Mundlos, sie gehen zu einem fünf
       Minuten entfernten Abbruchhaus. Hinter einem Bauzaun will S. den Neonazis
       die Pistole samt Munition in die Hand gedrückt haben.
       
       Auch ein damaliger Mitarbeiter des Jenaer Szeneladens Madley hat in seinen
       Vernehmungen den Neonazi Wohlleben belastet. „Ich habe dem die
       Scheiß-Knarre besorgt“, platzte es nach einigem Herumdrucksen aus ihm
       heraus. Die 2.500 Mark für die Waffe sollen von Wohlleben stammen.
       
       Neben Zschäpe ist der langjährige Vizechef der NPD in Thüringen der einzige
       Beschuldigte in den NSU-Verfahren, der momentan noch in Untersuchungshaft
       sitzt. Wohlleben selbst schweigt zu den Vorwürfen, auch seine Anwältin
       äußert sich nicht.
       
       Auch der Jenaer Jürgen H., der Wohlleben seit seiner Kindheit kennt und bis
       heute NPD-Mitglied ist, hat dem BKA Erhellendes berichtet. 1998 habe
       Wohlleben ihn zu einer Telefonzelle im Osten Jenas geschickt. Dort habe
       dann Uwe Böhnhardt angerufen und H. darum gebeten, ihm etwas zu bringen.
       Einige Tage später habe er dann eine Plastiktüte mit Geld zu einem
       McDonald’s an der A 4 bei Zwickau gebracht und einem ihm angeblich
       Unbekannten in die Hand gedrückt.
       
       ## Für einen Kurierdienst eingespannt
       
       Später, so Jürgen H., habe Wohlleben ihn dann noch mal für einen
       Kurierdienst eingespannt. Wieder sollte er zu einer Telefonzelle gehen,
       wieder hatte er Böhnhardt in der Leitung. Kurz darauf habe Wohlleben ihm
       ein Päckchen vorbeigebracht, das er in einer Sackgasse in Jena ebenfalls an
       einen Unbekannten weitergegeben haben will. „Ich hatte bei der Sache kein
       gutes Gefühl“, sagt H. „Mit dem heutigen Wissen vermute ich, dass es eine
       Waffe gewesen ist.“
       
       Genau jener Jürgen H. war es auch, der schon während seines Wehrdiensts im
       September 1999 dem Militärgeheimdienst MAD freimütig seine Kontakte zum
       Neonazitrio im Untergrund eingestanden hatte. Diese hätten sich „schon auf
       der Stufe von Rechtsterroristen bewegt“, sagte er damals – ein Jahr später
       begann das Morden.
       
       Richtigstellung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes
       fehlte im Vorspann leider das Wort "ehemalig". Ralf Wohlleben ist
       Ex-Funktionär der rechtsextremen NPD und hat diese im Laufe des Jahres 2010
       verlassen.
       
       10 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) W. Schmidt
 (DIR) A. Speit
       
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