# taz.de -- Vorbild des Terrornazi-Trios: Blaupause „Lasermann“
       
       > Der Verfassungsschutz glaubt, dass sich die Zwickauer Zelle NSU einen
       > rassistischen Serientäter in Schweden zum Vorbild nahm. Die
       > Gemeinsamkeiten sind auffällig.
       
 (IMG) Bild: Das rechtsextreme Blood-&-Honour-Netzwerk könnte das Verbindungsglied nach Schweden gewesen sein.
       
       BERLIN taz | Jimmy Ranjbar war als junger Mann aus dem Iran nach Schweden
       zum Studieren gekommen; er wollte Ingenieur werden. An jenem
       verhängnisvollen Freitagabend im November 1991 war er auf dem Weg zu einem
       Studentenwohnheim, um seinen Bruder abzuholen. Sie wollten ins Kino. Doch
       vor dem Haus im Stockholmer Norden lauerte dem 34-Jährigen ein
       rassistischer Serientäter auf – und schoss dem Iraner unvermittelt mit
       einem Gewehr von hinten in den Kopf.
       
       Jimmy Ranjbar war das fünfte von insgesamt elf Opfern von John Ausonius,
       den sie in den schwedischen Medien nur den „Lasermann“ nannten. Er hieß so,
       weil er für einige seiner Anschläge eine Laser-Zielvorrichtung auf das
       abgesägte Gewehr montiert hatte, mit der er seine Opfer ins Visier nahm.
       
       Zehn von ihnen überlebten, zum Teil schwer verletzt – der Ingenieursstudent
       Ranjbar starb.
       
       John Ausonius, Sohn einer Deutschen und eines Schweizers, hatte seine Opfer
       nur nach einem Kriterium ausgewählt: Es mussten Einwanderer sein. Auf wen
       genau er am Ende seine Schüsse abfeuerte, war zweitrangig – gekannt hat er
       sie alle nicht.
       
       „Dass es Ranjbar erwischte, war reiner Zufall“, sagte der 1994 zu
       lebenslanger Haft verurteilte Ausonius später einem schwedischen
       Journalisten.
       
       Es ist ein Vorgehen, das auffällig an die Mörder des
       Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) erinnert. Und tatsächlich glaubt
       das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln, dass der „Lasermann“ das
       Vorbild der deutschen Neonazis gewesen sein könnte.
       
       ## Es gibt Parallelen
       
       „Hinweis auf mögliche Blaupause für den NSU“, ist ein Schreiben der Behörde
       an das BKA und den Generalbundesanwalt überschrieben. Darin schreibt die
       Leiterin der Rechtsextremismus-Abteilung des Inlandsgeheimdiensts von
       „deutlichen Parallelen“ bei den beiden rassistischen Tatserien – und die
       erschöpfen sich längst nicht darin, dass die Opfer zufällig ausgewählte
       Einwanderer waren.
       
       Der „Lasermann“ John Ausonius finanzierte sich das Leben mit eineinhalb
       Dutzend Banküberfällen und flüchtete, nachdem er die Geldinstitute
       ausgeraubt hatte, immer auf dem Fahrrad – so wie es auch die
       NSU-Terroristen später taten.
       
       Ausonius lebte unter falscher Identität – seiner letzten Vermieterin hatte
       er sich als „Stefan Riesling“ vorgestellt – und mietete sich Autos an,
       bevor er im Großraum Stockholm/Uppsala Anschläge auf Einwanderer verübte.
       
       Weitere auffällige Gemeinsamkeiten zwischen dem „Lasermann“ und dem NSU
       gehen aus dem 2007 ins Deutsche übersetzten Buch des preisgekrönten
       schwedischen Journalisten Gellert Tamas hervor.
       
       Demnach verübte Ausonius die letzten seiner Anschläge im Jahr 1992 nicht
       mit dem Gewehr mit der Laser-Zielvorrichtung, sondern mit einer Waffe, auf
       die er einen Schalldämpfer schraubte – so töteten auch die Mörder des NSU,
       die von September 2000 bis April 2006 neun Gewerbetreibende mit türkischen
       und griechischen Wurzeln erschossen.
       
       Warum aber sollte sich das Zwickauer Terrortrio ausgerechnet einen
       schwedischen Serientäter zum Vorbild genommen haben? Auch hier hat der
       Verfassungsschutz eine Theorie: Sie könnten von seinen rassistischen
       Anschlägen in Schriften des weltweit agierenden rechtsextremen
       Blood-&-Honour-Netzwerks gelesen haben. Zu dem pflegten die Neonazis Uwe
       Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe engste Kontakte. 
       
       ## Der "Lasermann" als Vorbild
       
       In einem „Field Manual“ von Blood & Honour wurde rechtsextremer Terror im
       Sinne eines „führerlosen Widerstands“ in Ländern wie Deutschland zur
       Pflicht erhoben. Als ein Vorbild wird dabei explizit erwähnt: der
       schwedische „Lasermann“ John Ausonius.
       
       Erschienen ist das militante Strategieheft im Jahr 2000 – genau in dem Jahr
       also, als die Neonazis des NSU das Morden begannen.
       
       Der Verfassungsschutz hält es für möglich, dass die NSU-Terroristen durch
       das „Field Manual“ von Blood & Honour „Kenntnis von den durch Ausonius
       verübten Anschlägen auf Ausländer erhalten haben und dessen Vorgehensweise
       als Blaupause für die Taten des Trios diente“.
       
       Auch die intensiven Kontakte zwischen der deutschen und skandinavischen
       Blood-&-Honour-Szene um die Jahrtausendwende könnten dazu geführt haben,
       dass „das Trio möglicherweise über die Vorgehensweise und Taten des
       Ausonius informiert war“, heißt es in dem Schreiben des Verfassungsschutzes
       an das BKA und den Generalbundesanwalt.
       
       ## Anfrage beim schwedischen Geheimdienst
       
       Der deutsche Inlandsgeheimdienst hat nun beim schwedischen Dienst
       angefragt, ob der „Lasermann“ womöglich sogar Kontakte in die deutsche
       Rechtsextremistenszene hatte. Entsprechende Gerüchte gab es schon in den
       90ern, belegt werden konnten sie bisher nicht.
       
       Bestätigt haben die schwedischen Behörden allerdings, dass Ausonius nach
       dem Ende seiner Anschlagsserie auf Einwanderer nach Deutschland reiste und
       sich am 17. Februar 1992 in Dresden einen gefälschten Pass mit der Nummer K
       8597241 auf den Namen Manfred Tilo Ulbrich besorgte.
       
       Damit tauchte der „Lasermann“ eine Zeit lang in Südafrika unter – auch das
       hatten sich die NSU-Täter zwischenzeitlich überlegt.
       
       5 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
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