# taz.de -- Umweltverbände auf Endlagersuche: Zwischen Einbindung und Boykott
       
       > Die Endlager-Kommission stellt die Umweltverbände vor eine schwierige
       > Wahl. Sollen Sie mitmachen in einem Prozess, den sie kritisch sehen?
       
 (IMG) Bild: Alle tragen ihren kleinen Beitrag bei: Ein junger Atomkraftgegner nimmt etwas Atommüll für den heimischen Kompost mit.
       
       BERLIN taz | Das neue Endlagergesetz hat zwei weitere Hürden genommen: Am
       Mittwoch stimmte das Bundeskabinett dem Entwurf zu, auf den sich Bund und
       Länder vor zwei Wochen geeinigt hatten.
       
       Schon am Dienstagabend hatten die schleswig-holsteinischen Grünen den Kurs
       ihres Umweltministers Robert Habeck gebilligt, unter bestimmten Bedingungen
       Atommüll in ihrem Bundesland zwischenzulagern, der eigentlich für Gorleben
       bestimmt war. Damit sind die Chancen gestiegen, dass Bundestag und
       Bundesrat das Gesetz wie geplant Anfang Juli verabschieden.
       
       Diese Situation stellt die Umweltverbände vor eine Herausforderung. Bisher
       haben sie die Verhandlungen über das neue Endlagergesetz nur mit Protesten
       auf der Straße begleitet. Jetzt sollen sie eingebunden werden: In der
       24-köpfigen Bund-Länder-Kommission, die unter anderem Kriterien für die
       Endlagersuche entwickeln soll, sind zwei Plätze für Vertreter von
       Umweltgruppen vorgesehen. Doch die Frage, ob man sich darauf einlassen
       soll, spaltet die Szene.
       
       Robin Wood etwa lehnt den Prozess ab, weil das Gesetz schon verabschiedet
       wird, bevor die Kommission überhaupt tagt. „Erst ein Gesetz, dann Dialog –
       das ist doch eine Farce“, sagt Energiereferent Dirk Seifert. Wolfgang Ehmke
       von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg sieht die
       Zusammensetzung der Kommission und die Festlegung durch die Politik
       kritisch und lehnt deshalb eine Mitwirkung ab. „Einfluss nehmen kann man
       von draußen oft besser“, sagt er.
       
       ## Heftige interne Debatten
       
       Noch keine Meinung gebildet haben sich zwei Schwergewichte unter den
       Verbänden. Für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sagt der
       Vorsitzende Hubert Weiger: „Diese Frage werden wir noch intensiv in unseren
       Gremien diskutieren.“
       
       Heftige interne Debatten gibt es offenbar auch bei Greenpeace. Unmittelbar
       nachdem die Pläne für die Kommission vorgestellt worden waren, hatte
       Atomexperte Heinz Smital diese als „Feigenblatt“ bezeichnet und eine
       Mitwirkung abgelehnt. Auch jetzt hat er noch große Vorbehalte und glaubt
       nicht, „dass die Versprechungen gehalten werden können“. Ausschließen will
       er eine Greenpeace-Mitwirkung allerdings nicht mehr; dies sei eine „schwere
       Abwägung“. Deutlich positiver klingt die Einschätzung von Tobias Münchmeyer
       aus der politischen Vertretung von Greenpeace. Eine Beiteilung an der
       Kommission sei denkbar, sagte er der taz. „Es kommt auf die Bedingungen
       an.“
       
       ## Kleinere Verbände in Wartestellung
       
       Viele der Organisationen stehen vor einem Dilemma. Sie sehen diverse
       Probleme im Verfahren und fürchten, am Ende für Kompromisse verantwortlich
       gemacht zu werden, die ihren eigentlichen Forderungen widersprechen.
       Zugleich wäre es der Öffentlichkeit kaum zu vermitteln, erst eine bessere
       Einbindung der Zivilgesellschaft zu fordern und diese dann im
       entscheidenden Moment zu verweigern.
       
       Zudem gibt es die Sorge, dass andere Organisationen dankbar in die Lücke
       springen, wenn die großen Akteure wie Greenpeace und BUND sich verweigern.
       Die Deutsche Umwelthilfe etwa hat ihre Bereitschaft schon klar
       signalisiert. „Wenn das seriös und transparent gemacht wird, wird mit der
       Kommission eine Forderung von uns erfüllt“, sagt Sprecher Gerd Rosenkranz.
       Darum müssten „fachkundige Organisationen daran auch mitarbeiten“.
       
       Völlig unklar ist unterdessen, wie über die Beteiligung entschieden wird,
       wenn es am Ende mehr als zwei interessierte Umweltverbände geben sollte.
       Zum Auswahlverfahren steht im Gesetzentwurf lediglich: „Die Mitglieder
       werden einvernehmlich von Bundestag und Bundesrat gewählt.“
       
       24 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Atommüllendlager
 (DIR) Endlagersuchgesetz
 (DIR) Greenpeace
 (DIR) Bund
 (DIR) Atommüll
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Endlagersuche
 (DIR) Nachtarbeit
 (DIR) Atom
 (DIR) Greenpeace
 (DIR) Peter Altmaier
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Sozialpolitik
 (DIR) taz lab 2025
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Gorleben
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Besetzung der Endlager-Kommission: N.N. strahlt für die Umweltvertreter
       
       Der Bundestag wählt für die Endlager-Kommission ein Expertengremium ohne
       Vertreter der Umweltverbände. Sie hatten aus Protest niemanden benannt.
       
 (DIR) Gerd Rosenkranz verlässt Umwelthilfe: Energiekämpfer ohne Schlaf
       
       Der ehemalige taz- und „Spiegel“-Redakteur Rosenkranz zieht sich aus der
       Deutschen Umwelthilfe zurück. Das ist schade.
       
 (DIR) Umweltjuristin über Endlagersuche: „Der Kompromiss droht zu scheitern“
       
       Soll kein Castor mehr nach Gorleben kommen, muss Minister Altmaier die
       Betreiber gesetzlich in die Pflicht nehmen, meint DUH-Expertin Cornelia
       Ziehm.
       
 (DIR) Suche nach Atommüllendlager: Greenpeace boykottiert Kommission
       
       Das Gesetz für einen Neubeginn der Endlagersuche ist in den Bundestag
       eingebracht. Aber Greenpeace will unter den gegebenen Umständen nicht
       mitmachen.
       
 (DIR) Gesetz zur Endlagersuche: „Herr Altmaier: Sie müssen liefern“
       
       Peter Altmaier nennt den Endlagerkonsens im Bundestag einen „historischen
       Durchbruch“. Die Opposition sieht noch einige offene Fragen.
       
 (DIR) Bedingungen für Endlagerbeschluss: Auswahlgesetz auf der Kippe?
       
       Scheitert der Neubeginn der Suche für ein Atommüllendlager? Bisher tut sich
       Umweltminister Peter Altmaier schwer, die Zusage einzuhalten.
       
 (DIR) Kommentar Parteitag der Grünen: Angebot für Altruisten
       
       Vermutlich wollen die Grünen nicht nur den Gemeinsinn ihrer Wähler
       strapazieren. Sie dürften auch auf die eigene politstrategische Intelligenz
       setzen.
       
 (DIR) Energiewende als Zitterpartie: In der Konsensschule mit Altmaier
       
       Schafft es die Politik? Die Energiewende richtig zu organisieren und
       irgendwann in 30 Jahren ein Endlager für Atommüll zu finden? Jein.
       
 (DIR) Zwischenlagersuche: Gesucht: AKW in Hafennähe
       
       Bundesumweltminister Peter Altmaier schlägt das AKW Unterweser als
       Zwischenlager für strahlenden Abfall aus Sellafield vor – als Ergänzung zu
       Brunsbüttel. Niedersachsens Landesregierung lehnt das ab.
       
 (DIR) Kommentar Endlagersuchgesetz: Nur politisch ein Erfolg
       
       Politisch wäre die Einigung auf ein Endlagersuchgesetz für Peter Altmaier
       ein großer Erfolg. In der Sache bleiben hingegen Zweifel am Verfahren.
       
 (DIR) Einigung zum Endlagergesetz: Seltsame Reihenfolge
       
       Wo der Atommül lagern wird, regelt ein Gesetz. Nun soll es verabschiedet
       werden, ohne die Ergebnisse der Endlagersuche abzuwarten.