# taz.de -- Nächtliche Koalitionsverhandlungen: Streitpunkte bis in die letzte Runde
       
       > Bis in die Nacht rangen Union und SPD um den Koalitionsvertrag. Bald geht
       > es in die voraussichtlich letzte Runde. Viele Fragen sind noch offen.
       
 (IMG) Bild: Übermüdet: Andrea Nahles und Olaf Scholz nach einer elfstündigen Verhandlungsrunde
       
       BERLIN dpa | Union und SPD gehen mit zentralen Streitfragen wie etwa zu
       Maut, Mindestlohn und Rente in die voraussichtlich letzte Runde der
       Koalitionsverhandlungen. Am Dienstagmittag kommt die 15-köpfige Gruppe um
       die Parteiführungen im Willy-Brandt-Haus zusammen. Ab 19.30 Uhr tagt dann
       das Beschlussgremium – die große Runde mit etwa 75 Verhandlern. Am Mittwoch
       soll der Koalitionsvertrag stehen.
       
       In rund elfstündigen Gesprächen gingen CDU, CSU und SPD bis zum frühen
       Dienstagmorgen Seite für Seite des ersten Entwurfes des Koalitionsvertrags
       durch. Es sei um viele Details gerungen worden, die Stimmung sei recht gut
       gewesen, hieß es in Verhandlungskreisen.
       
       SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte beim Verlassen der CDU- Parteizentrale auf
       die Frage von Journalisten, ob alles geschafft sei: „Wir sind geschafft!“
       SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles gab nur ein Wort von sich: „Schlafen“.
       Dientag um 8.00 Uhr kommt die SPD-Spitze zu eigenen Beratungen zusammen.
       
       Große Streitpunkte, die die fünfwöchigen Verhandlungen prägten, blieben bis
       zur letzten Runde ungeklärt. So müssen in der finalen Sitzung die Details
       eines flächendeckenden Mindestlohnes geklärt werden. In dem Vertragsentwurf
       bekennen sich Union und SPD zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns,
       strittig waren aber noch Beginn, Höhe und Ausnahmen. Die Union pocht auf
       Ausnahmeregelungen etwa für Erntehelfer und Zeitungsausträger.
       
       ## Die heikle Verteilung der Ministerposten
       
       Ferner geht es um Rentenverbesserungen und die Einführung einer Pkw-Maut
       für Ausländer. Die amtierende Kanzlerin, CDU-Chefin Angela Merkel, macht
       die Abgabe davon abhängig, dass sie mit dem Europarecht vereinbar ist und
       für deutsche Autofahrer keine Mehrbelastung entsteht. Auch der
       Kabinettszuschnitt und die Verteilung der Ministerposten geschehen zum
       Schluss. Die wichtigsten Beschlüsse werden Merkel und die
       Parteivorsitzenden von SPD und CSU, Gabriel und Horst Seehofer,
       möglicherweise im Sechs-Augen-Gespräch fällen.
       
       Auch die von der SPD gewünschten Verbesserungen bei der doppelten
       Staatsbürgerschaft sollen erst am Ende geklärt werden. Die SPD will die
       Abschaffung der Optionspflicht, wonach sich zum Beispiel in Deutschland
       geborene Türken bis zum 23. Geburtstag für eine Staatsbürgerschaft
       entscheiden müssen. Im ersten Entwurf für den Koalitionsvertrag taucht das
       Thema gar nicht auf.
       
       Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Niedersachsens
       Ressortchef Boris Pistorius, erklärte den Doppelpass zur Bedingung für das
       Zustandekommen einer großen Koalition. „Alles andere wäre für die SPD
       schwer zu verdauen und ein verstörendes Signal für alle in der
       Gesellschaft, die Integration ernsthaft wollen“, sagte der SPD-Politiker
       der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstag).
       
       Die SPD steht unter besonderem Druck, weil ihre Mitglieder über den
       Koalitionsvertrag entscheiden. Die SPD muss daher viele eigene Erfolge
       vorweisen. Die finanziellen Spielräume sind aber begrenzt.
       
       ## Kritik an Merkel von der CDU-Parteibasis
       
       Der CDU-Sozialflügel wirft Merkel vor, die Parteibasis bei den
       Verhandlungen außen vor zu lassen. Der CDA-Vizevorsitzende Christian
       Bäumler sagte in Stuttgart, nach dem klaren Sieg bei der Bundestagswahl
       nehme die CDU-Chefin die Mitglieder kaum mehr mit: „Wir sind nur noch eine
       One-Woman-Partei.“ Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang
       Steiger, sagte der "Rheinischen Post" (Dienstag): „Die Koalitionäre haben
       Schlechtes getan, Gutes unterlassen und wollen sinnvolle Reformen
       zurückdrehen.“
       
       Vom Tisch ist offenbar die Forderung von CSU und SPD nach Einführung von
       bundesweiten Volksentscheiden. Im Entwurf taucht der Aspekt nicht auf. In
       Verhandlungskreisen in Berlin hieß es, solche Volksabstimmungen über die
       Europapolitik oder vom Bundestag beschlossene Gesetze würden auch nicht
       mehr aufgenommen.
       
       26 Nov 2013
       
       ## TAGS
       
 (DIR) SPD
 (DIR) Pkw-Maut
 (DIR) Rente
 (DIR) CDU/CSU
 (DIR) Koalitionsverhandlungen
 (DIR) Pkw-Maut
 (DIR) SPD
 (DIR) Schwarz-rote Koalition
 (DIR) EU-Richtlinien
 (DIR) Bundestag
 (DIR) Malte Spitz
 (DIR) Schwarz-rote Koalition
 (DIR) Erneuerbare Energien
 (DIR) FDP
 (DIR) Erneuerbare Energien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Dobrindts Pläne zur PKW-Maut: Umweltbonus für sparsame Autos
       
       Der Verkehrsminister will auch Maut-Vignetten für kürzere Zeiträume
       einführen. Zudem soll die Maut gestaffelt und ein „Ökobonus“ eingeführt
       werden.
       
 (DIR) Kommentar Große Koalition: Das geheime Kabinett
       
       Die SPD-Führung kommt mit Erfolgen aus den Verhandlungen mit der Union.
       Warum verkauft sie ihre Basis bei den Personalfragen für dumm?
       
 (DIR) Kommentar Große Koalition: Wir sollten dazu stehen
       
       Es geht nicht mehr darum, ob der Koalitionsvertrag ein großer Wurf ist oder
       eine Katastrophe. Die beiden großen Volksparteien haben ihre Wunschlisten
       abgearbeitet.
       
 (DIR) Einigung zur Vorratsdatenspeicherung: Schwarz-Rot will Richtlinien umsetzen
       
       Union und SPD haben sich auf ein Konzept zur Datenspeicherung geeinigt.
       Europäische Richtlinen sollen umgesetzt, aber auch gelockert werden.
       
 (DIR) Oppositionsrechte im Parlament: Testfall NSA-Untersuchungsausschuss
       
       Grüne und Linke drohen, notfalls nach Karlsruhe zu gehen, um ihre
       Oppositionsrechte einzuklagen, wenn es zur großen Koalition kommt.
       
 (DIR) Entwurf des Koalitionsvertrags geleakt: Nun dürfen alle mitdiskutieren
       
       Seit Wochen feilschen Union und SPD um einen Koalitionsvertrag. Vor der
       letzten Runde hat Grünen-Politiker Malte Spitz den Entwurf online gestellt.
       
 (DIR) Personal der großen Koalition: Ein kompliziertes Mosaik
       
       Union und SPD halten sich vorerst bedeckt. Doch das Ringen um die
       Ministerämter in der großen Koalition hat längst begonnen.
       
 (DIR) Kommentar Strompolitik: Konzerne gegen Energiewende
       
       Die großen Energieversorger nehmen Einfluss auf die Koalitionsverhandlungen
       in Berlin. Sie wollen ihre Kohle vermarkten.
       
 (DIR) Wirtschaftslobby mit Phantomschmerzen: Sehnsucht nach der FDP
       
       Arbeitgeberlobby und Wirtschaftsflügel der Union fürchten, dass der
       Koalitionsvertrag die Agenda 2010 zurückdreht: „Strangulierung des
       Arbeitsmarkts“.
       
 (DIR) Steigende Mieten: Wohnen wird immer teurer
       
       Die Arbeitnehmerkammer warnt vor den Mietpreis-Entwicklungen: Besonders
       Junge, Alleinerziehende und SeniorInnen müssen immer mehr bezahlen.
       
 (DIR) Erneuerbare unter Beschuss: Koalition schockiert Ökostromer
       
       Ein Schwarz-rotes Papier verunsichert die Branche: Müssen Windmüller bald
       Energie aus Kohlekraft kaufen, wenn ihre Anlagen stillstehen?