# taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Thüringen: Rot-Rot-Grün wird wahrscheinlicher
       
       > Entschieden ist in Erfurt zwar noch nichts. Aber die CDU bereitet sich
       > insgeheim schon auf den Machtverlust vor, auch wenn sie das abstreitet.
       
 (IMG) Bild: Irgendwie hat er sich seine Karriere wohl anders vorgestellt: der neue Thüringer Landtagspräsident Christian Carius (CDU)
       
       BERLIN taz | Der CDU-Mann Christian Carius, 38, ist am Dienstag mit
       Zweidrittelmehrheit zum neuen Präsidenten des Thüringer Landtags gewählt
       worden. Das ist nicht ungewöhnlich – die CDU stellt die stärkste Fraktion
       und hat das Recht auf dieses Amt. Und doch erscheint diese Wahl wie ein
       Vorzeichen.
       
       Denn: Carius, Bauminister im Kabinett Lieberknecht, ist einer der wenigen
       Aktivposten der Christdemokraten in Erfurt. Dass der ehrgeizige
       Karrierepolitiker nun den eher repräsentativen als einflussreichen Posten
       des Landtagspräsidenten bekleidet, legt nahe: Die CDU bereitet sich auf die
       Opposition vor. Denn eigentlich könnte Lieberknecht ihren Vertrauten Carius
       im neuen Kabinett gut gebrauchen.
       
       Doch offenbar zweifelt die Spitze der Union, dass die SPD noch mal
       Juniorpartner in einer CDU-geführte Regierung wird. Für die Chefin der
       Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, zeigt die Rochade, „dass die Union
       versucht, ihre Leute unterzubringen“. Ministerpräsidentin Lieberknecht hält
       das für „völligen Unsinn“. Allerdings glauben auch viele in der
       CDU-Fraktion diesen Unsinn.
       
       Die Sondierungen zwischen CDU und SPD sind bislang recht ruhig verlaufen.
       Die CDU, der der Machtverlust droht, zeigte sich biegsam. So hatte die
       Union im Wahlkampf noch gegen Windräder polemisiert. Nun übernahm die CDU
       die Formel, auf die sich zuvor die rot-rot-grünen Sondierungsrunde geeinigt
       hatte. Demnach werden die Flächen für Windräder verdreifacht.
       
       ## Schwieriges Thema: DDR
       
       Inhaltlich allerdings stehen sich, trotz der Dehnungsübungen der CDU, aber
       SPD, Grüne und Linkspartei näher. Schwierig waren nur zwei Themen: Die
       Grünen beharrten darauf, dass die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet wird.
       Die Linkspartei hatte diesen Terminus bisher meist schroff abgelehnt,
       akzeptierte ihn aber nach einer Basiskonferenz. Man könne, so die
       Rechtfertigung, den Regierungswechsel nicht am Streit um ein Wort scheitern
       lassen.
       
       Beim Verfassungsschutz, der in Thüringen im Umfeld des NSU-Terrors etliche
       Skandale mit V-Männern zu verantworten hat, einigte man sich auf einen
       Kompromiss, statt, wie von der Linkspartei gefordert, den Geheimdienst
       aufzulösen. Die V-Leute werden abgeschaltet, der Verfassungsschutz soll von
       der Politik kontrolliert werden.
       
       Am heutigen Mittwoch trifft sich Rot-Rot-Grün zum letzten Mal. Streit kann
       es um das Geld geben. Denn die Finanzlage von Thüringen wird sich –
       angesichts wegfallender EU-Subventionen und Schuldenbremse – bis 2019
       dramatisch verschärfen. Keine einfache Lage für eine Reformregierung. Einig
       ist sich Rot-Rot-Grün, das von der CDU eingeführte Betreuungsgeld wieder
       abzuschaffen und die Mittel in Kitas zu investieren.
       
       ## SPD ist leicht nach links gerückt
       
       Nun hängt alles an der SPD. Am Montag wird der SPD-Parteivorstand kundtun,
       ob er eine Koalition mit der CDU oder mit Linkspartei und Grünen empfiehlt.
       Viel spricht dafür, dass die Genossen sich für Ramelow entscheiden. Die SPD
       ist nach der Wahlniederlage leicht nach links gerückt. Der neue starke Mann
       der SPD, Andreas Bausenwein, regiert als Oberbürgermeister in Erfurt mit
       rot-rot-grüner Mehrheit. Auch die geschrumpfte Landtagsfraktion ist eher
       affin für Rot-Rot-Grün.
       
       Hartnäckige Gegner wie Sabine Doht sind ausgeschieden, Neue wie Dagmar
       Becker oder Marion Rosin haben wenig Sympathien für Schwarz-Rot. Der
       einzige SPD-Parlamentarier, der sich anfangs offen skeptisch gegenüber
       Rot-Rot-Grün äußerte, ist Wirtschaftsminister Uwe Höhn.
       
       Höhn wurde gestern zum Vize-Landtagspräsidenten gewählt. Ein Job zum
       Repräsentieren, weniger zum Politikmachen.
       
       14 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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