# taz.de -- Demos gegen Polizeigewalt in den USA: „Wie buchstabiert ihr rassistisch?“
       
       > „Black Lives Matter“: Das riefen am Wochenende tausende BürgerInnen bei
       > Protestmärschen in mehreren Städten. Die Polizei trat teilweise
       > martialisch auf.
       
 (IMG) Bild: Eingekesselt: Auch im kalifornischen Oakland gab es Proteste. Eine junge Demonstrantin fleht die Polizei an, gehen zu dürfen
       
       NEW YORK taz | Das einzige, das ich mir zu Weihnachten wünsche, ist, dass
       ich in Amerika zähle“. Mit diesem handgeschriebenen Satz auf einem
       Transparent zog am Samstag ein junger Afroamerikaner über die Pennsylvania
       Avenue in der US-Hauptstadt. Ein paar Meter weiter vertraute eine
       Großmutter aus Missouri Journalisten an, dass ihre Generation es während
       der Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre verpasst habe, „das Problem zu
       lösen“. Sie sei, so sagte sie: „müde vom Weinen“.
       
       Das Problem ist die rassistische Polizeigewalt sowie die Untätigkeit der
       Justiz. Der Teenager und die Großmutter waren zwei von Zigtausenden
       Menschen, die am Samstag dagegen an zahlreichen Orten der USA auf die
       Straße gingen. Unter den Demonstranten waren Alte und Junge, ganze
       Schulklassen und Familien sowie Menschen aller Hautfarben. Und noch mehr
       Profi-SportlerInnen und Stars aus dem Showbusiness, die mit T-Shirts mit
       der Aufschrift „I can't breathe“ - Ich bekomme keine Luft – auftraten.
       Diese letzten – und von einem Passanten per Handy aufgezeichneten - Worte
       des im Juli von einem Polizisten in New York erwürgten 43jährigen Eric
       Garner, haben das Land aufgerüttelt.
       
       Anders als bei den vorausgegangenen Blockaden und Sit-Ins, die spontan
       waren, oft abends und nachts stattfanden und an denen sich meist nur ein
       paar Dutzend Menschen beteiligten, folgten die Demonstrationen am Samstag
       festen Routen. Ihr Ton reichte von ernst bis sehr wütend.
       
       In Washington, wo der Bürgerrechtler und TV-Moderator Al Sharpton
       ursprünglich 5.000 Menschen erwartet hatte, folgten 25.000 Menschen seinem
       Aufruf zu einer „Justice for all“-Demonstration. Mütter und ein Vater von
       Männern, die von Polizisten getötet worden sind, hielten Ansprachen.
       Samaria, Mutter des zwölfährigen Tamir Rice, den ein Polizist auf einem
       Spielplatz erschossen hatte, auf dem der Junge mit einer Spielzeugpistole
       hantierte, verlangte, dass der Offizier angeklagt wird und sich vor Gericht
       verantwortet. Al Sharpton forderte das Justizministerium auf, besondere
       Ermittlerstellen zu schaffen, die polizeiliche Verbrechen untersuchen.
       Bislang obliegen solche Ermittlungen örtlichen Staatsanwälten, die wegen
       ihrer täglichen Zusammenarbeit mit den verdächtigen Polizisten befangen
       sind, und „Grand Jurys“, die den Empfehlungen der Staatsanwälte folgen. Auf
       einem Transparent in Washington war zu lesen: „Hände hoch hilft nicht – Wir
       brauchen Fäuste und wir müssen zurückkämpfen“.
       
       ## Vergleich mit dem „Ku-Klux-Klan“
       
       Andernorts kamen die Demonstrationen kurzfristiger und fast ausschließlich
       über Aufrufe auf Facebook und Twitter zustande. Neben den inzwischen
       landesweit verbreiteten Slogans wie „Black Lives Matter“ (schwarze Leben
       zählen) und: „Hands Up – Don't Shoot“ (Hände hoch – Nicht schießen), war
       dort auch direkte Kritik an Poiizisten zu hören.
       
       „Wie buchstabiert Ihr rassistisch?“ lautete eine Frage beim
       „Millions-March“ mit rund 60.000 Menschen in New York. Gefolgt von der
       Antwort: „N-Y-P-D“ für das Kürzel der New Yorker Polizei. Manche
       Demonstranten verglichen Polizisten mit dem „Ku-Klux-Klan“ (KKK), nannten
       sie „faschistisch“ und bezeichneten sie als „größte Verbrecherbande von New
       York“.
       
       Ebenfalls in New York trug eine Gruppe von Demonstranten ein mehrere Meter
       breites Schwarzweißbild von den Augen Eric Garners durch die Straßen.
       Schüler, die im Unterricht über Polizeigewalt diskutiert hatten, trugen
       handgemalte Schilder mit Sätzen wie: „Ich bin mehr als eine Hautfarbe“.
       Und: „Gaza. Ferguson. Und mein Stadtteil“.
       
       Längs der offiziellen Demonstrationsroute ließ sich die Polizei kaum
       blicken. Doch am späteren Abend, nachdem sich die Großdemonstration
       aufgelöst hatte und sich kleinere mobile Demonstrationsgruppen in Bewegung
       setzten, trat die NYPD stark in Erscheinung. Sowohl auf den Straßen, als
       auch in der Luft – mit zahlreichen Hubschraubern. Hunderte Demonstranten
       blockierten dennoch zu dem Ruf „Shut it Down“ – legt sie still – die
       Brooklyn Bridge. Später erklärten Sprecher der NYPD bei einer
       Pressekonferenz, zwei Beamte seien auf der Brücke körperlich angegriffen
       worden. Sie präsentierten auch eine Tasche mit Hämmern und anderem
       Werkzeug, die sie auf der Brück beschlagnahmt habe und die angeblich von
       Demonstranten stamme.
       
       Andernorts in den USA trat die Polizei schon am frühen Nachmittag
       martialisch auf. In Denver kamen Polizisten mit mindestens einem der
       geländegängigen „Humvee“-Fahrzeuge, die für die Wüstenkriege der USA
       entwickelt wurden, zu einer Demonstration. In Chicago begann die Polizei um
       4 Uhr Nachmittag mit Festnahmen, als Demonstranten ein Sit-In in einem
       Kaufhaus versuchten. Und in San Francisco traten Polizisten den
       Demonstranten mit Helmen, heruntergelassenen Visieren und mit Knüppeln, die
       sie in beiden Händen hielten, gegenüber.
       
       14 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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