# taz.de -- Protest gegen Polizeigewalt in den USA: Können Kameras bändigen?
       
       > Nach dem Tod von Michael Brown in Ferguson fordern Aktivisten „Body-Cams“
       > für Polizisten. Ein Test zeigt, dass Polizeigewalt so gesenkt werden
       > kann.
       
 (IMG) Bild: Deeskalierend? Polizist in Los Angeles mit „Body-Cam“
       
       NEW YORK ap | Nach den tödlichen Schüssen auf den unbewaffneten schwarzen
       Teenager Michael Brown in der US-Kleinstadt Ferguson werden die Rufe nach
       sogenannten Body-Cams für Polizisten lauter. Das sind kleine Geräte, die
       sich am Jackenaufschlag befestigen lassen und den Umgang der Beamten mit
       Bürgern per Video festhalten können.
       
       Befürworter argumentieren, die Polizeiarbeit werde so transparenter. „Das
       ist eine Technologie, die ein sehr reales Potenzial als Instrument zur
       Kontrolle der Polizeimacht hat“, sagt Jay Stanley von der
       Bürgerrechtsorganisation ACLU.
       
       Das Argument ist simpel: Polizisten wie auch mutmaßliche Kriminelle reißen
       sich wahrscheinlich eher zusammen, wenn sie wissen, dass eine Kamera läuft.
       Als Beispiel wird Rialto aufgeführt, eine kalifornische Stadt mit 100.000
       Einwohner, die Polizisten mit Kameras ausgestattet und die Auswirkungen ein
       Jahr lang studiert hat. Das Ergebnis: Die Zahl der Beschwerden über die
       Polizei ging um 89 Prozent zurück. Es kam auch weniger häufig zu
       Polizeigewalt gegen Verdächtige als zuvor. Nach der Testphase wurden die
       Kameras für die rund 100-köpfige Polizeiabteilung zur Pflicht.
       
       Rialto ist kein Einzelfall. In den USA, aber auch in anderen Ländern wie
       etwa in England, Australien und Brasilien werden Polizisten immer häufiger
       mit „Body-Cams“ ausgestattet. Manchmal ersetzen sie die weitgehend üblichen
       Geräte auf den Armaturenbrettern der Streifenwagen, aber oft sind sie auch
       eine zusätzliche Maßnahme. In den USA setzt bereits ungefähr jede sechste
       Polizeiabteilung diese Kameras in der einen oder anderen Form ein, wie
       ACLU-Anwalt Scott Greenwood sagt.
       
       ## Los Angeles und New York prüfen
       
       Bei der Polizei in Los Angeles werden die „Body-Cams“ zurzeit getestet, und
       die Abteilung in New York prüft nach eigenen Angaben, ob die Benutzung der
       Geräte machbar ist. Die gewählte Ombudsfrau der Stadtbewohner, Letitia
       James, setzt sich entschieden für die Ausrüstung mit den Kameras ein.
       Auslöser war für sie der kürzliche Tod des Schwarzen Eric Garner, der in
       New York von einem Beamten im Würgegriff gehalten worden war.
       
       Allerdings gibt es auch beim Einsatz der „Body-Cams“ eine Reihe
       Schwierigkeiten. Generell können die Aufzeichnungen zwar Gerichten und der
       Polizei helfen, Vorgänge zu rekonstruieren. Aber das heißt nicht
       zwangsläufig, dass sie hundertprozentigen Aufschluss geben. Und was ist mit
       dem Datenschutz, dem Schutz der Privatsphäre jener, die da im Video
       auftauchen, von den Polizisten über Verdächtige und Opfer bis hin zu völlig
       unbeteiligten Passanten? Wer erhält Zugang zu den Aufzeichnungen? Und was
       passiert, wenn eine Kamera plötzlich auf mysteriöse Weise nicht
       funktioniert oder nicht eingeschaltet ist, wenn sie es sollte?
       
       Experten wie Stanley von der ACLU finden, dass die Einführung der
       „Body-Cams“ von gut durchdachten Regeln begleitet werden müsse. Dazu
       gehörten Richtlinien, wie lange solche Aufzeichnungen aufbewahrt werden
       sollen.
       
       ## „Tiefsitzende soziale Probleme“
       
       Neil Richards, Rechtsprofessor an der Washington University in St. Louis
       warnt davor, in den Kameras eine Lösung des Problems polizeilichen
       Fehlverhaltens zu sehen. „Wir leben in einer Zeit, in der die Reaktion der
       meisten Leute auf jegliches Problem lautet, dass es die Sache lösen würde,
       wenn wir eine Anwendung oder irgendeine Art von digitalem Gerät hätten“,
       sagt Richards. Das sei naiv. „Das Problem ist, dass wir keine tiefsitzenden
       sozialen Probleme mit einem Zehn-Dollar-Gerät oder einem eine Million
       Dollar teuren Panzer lösen können.“
       
       Die „Body-Cams“, die derzeit bei der Polizeiarbeit eingesetzt werden, sind
       unterschiedlich. Dazu zählen Geräte, die als Augengläser getragen werden
       können, wie etwa das mit dem Internet verbundene Google Glass zum
       Kostenpunkt von umgerechnet gut 1100 Euro. Aber üblicher sind kleine,
       rechteckige Kameras am Jackenaufschlag der Polizeiuniformen, die auf
       Tastendruck hin Wort und Bild aufzeichnen.
       
       Taser International, nach eigenen Angaben derzeit der größte Lieferant von
       „Body-Cams“ für die US-Polizei, hat bereits im vergangenen Jahr einen
       deutlichen Anstieg der Verkäufe dieser Art von Kameras verzeichnet. In den
       ersten Monaten 2013 habe es Bestellungen in einem Volumen zwischen
       umgerechnet 750.000 und 1,5 Millionen Euro gegeben, sagt Taser-Topmanager
       Rick Smith. In der Periode April bis Juni sei der Umfang auf 8,6 Millionen
       Euro angestiegen. Eine Kamera kostet zwischen 300 und 530 Euro.
       
       Tasers Geräte zeichnen ständig auf, aber das Videomaterial wird alle 30
       Sekunden gelöscht, wenn der Polizist nicht auf „Aufnehmen“ drückt. Tut er
       es, dann bleiben die 30 Sekunden Video erhalten, die vor dem Tastendruck
       aufgezeichnet worden sind, zusätzlich zu allem, was danach per Video
       festgehalten wird. Das Material wird bei Tasers Online-Service Evidence.com
       abgespeichert.
       
       ## Misstrauen wie bei Dashcams
       
       Brian Smith von der University of New Haven in Connecticut erwartet, dass
       früher oder später jede Polizeiabteilung „Body-Cams“ benutzen wird. Er
       erinnert daran, dass auch die inzwischen in den USA üblichen
       Armaturenbrett-Kameras bei ihrer Einführung auch bei vielen Polizeibeamten
       auf Skepsis stießen.
       
       „Beamte waren misstrauisch, besorgt, dass sie dabei erwischt würden, wenn
       sie etwas falsch machten. Nichts schrecklich Falsches, aber vielleicht so
       etwas wie Bemerkungen über ihre Vorgesetzen“, sagt Smith. Sie hätten dann
       jedoch erkannt, dass die Aufzeichnungen ihnen helfen könnten, falsche
       Vorwürfe gegen sie zu entkräften. Und: Die wenigen faulen Äpfel, die es
       gegeben habe, seien herausgefischt worden.
       
       25 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Ortutay
       
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