# taz.de -- Neue Fluggeräte für Deutschland: Die Bundeswehr setzt 2026 auf Kamikazedrohnen
       
       > Das Verteidigungsministerium vergibt millionenschwere Aufträge zur
       > Drohnenproduktion. Die Beschaffung wird durch einen Trick erleichtert.
       
 (IMG) Bild: Kann fliegen: Drohne vom Typ Loitering Munition System der Firma Stark Defence bei einem Appell in der Rommel-Kaserne
       
       Die Bundeswehr hat im laufenden Jahr eine Reihe von Tests mit Kampfdrohnen
       absolviert und vergibt 2026 Aufträge für die Beschaffung der unbemannten
       Waffen. Ab 2027 sollen die ersten dieser Drohnen mittlerer Reichweite
       [1][an die Brigade Litauen] gehen, so der Zeitplan der Bundeswehr. Rund 900
       Millionen Euro soll es kosten, die Bundeswehr für einen Drohnenkrieg
       auszurüsten, wie er derzeit im Osten der Ukraine geführt wird.
       
       Am Ende könnte der Auftrag auch gedrittelt werden, denn es haben sich drei
       Firmen darauf beworben. Das Berliner Rüstungs-Start-up Stark Defence
       schickt die Drohne Virtus ins Rennen, Rheinmetall sein Modell Raider. Das
       auf KI beim Militär spezialisierte Münchner Softwareunternehmen Helsing
       tritt mit der Drohne HX-2 an, „eine neue Art von Strike-Drohne:
       softwaredefiniert und massenproduzierbar“, so das Unternehmen.
       
       „Mit der Beschaffung von Loitering Munition beginnt für die Bundeswehr eine
       neue Ära“, [2][kündigt die Bundeswehr auf ihrer Webseite an]. Es handle
       sich um „einen Gamechanger auf dem Gefechtsfeld“: „Vergleichsweise
       kostengünstig ermöglicht Loitering Munition eine präzise Bekämpfung
       einzelner gegnerischer Ziele über eine große Entfernung.“
       
       ## Die Bundeswehr wiegelt Befürchtungen zu KI ab
       
       Damit bekommt die Bundeswehr jetzt das, was früher schwer umstritten war:
       Kampfdrohnen. In der Koalition mit der Union hatte [3][die SPD jahrelang
       die Anschaffung blockiert], doch nach dem Überfall Russlands auf die
       Ukraine fiel dann unter dem sozialdemokratischen Kanzler Olaf Scholz die
       Entscheidung, solche Drohnen doch zu beschaffen. Der Krieg im Osten der
       Ukraine, aber auch die Einnahme von Berg-Karabach durch Aserbaidschan
       hatten gezeigt, [4][welche Bedeutung Drohnen heute auf dem Schlachtfeld
       haben].
       
       Das blieb natürlich hiesigen Militärs nicht verborgen, die jetzt
       aufschließen wollen. In 2025 entschied das Verteidigungsministerium,
       sogenannte Kamikazdedrohnen anzuschaffen. Zwei Verträge über den Kauf
       solcher Drohnen zu Testzwecken wurden unterzeichnet.
       
       Diese Tests sind 2025 absolviert worden. Anfang Dezember hat die Bundeswehr
       einen Drohnenschwarm erfolgreich getestet. Im Gefechtsübungszentrum des
       Heeres in der Letzlinger Heide wurde geübt, wie herkömmliche Drohnen und
       Kamikazedrohnen zusammen eingesetzt werden können. Die Übung lief laut
       Bundeswehr so ab, dass die Drohnen aufstiegen und zunächst am Himmel
       „lauerten“ (loitering).
       
       Nachdem feindliche Aktivitäten ausgemacht waren, stürzten sich die Drohnen
       auf ihre Ziele. „Alle Hersteller trafen während der Tage auf dem
       Übungsplatz der Bundeswehr mit ihren Systemen ins Schwarze“, berichtet die
       Bundeswehr zufrieden. Wobei sie betont, dass die letztliche Entscheidung,
       ob und wie ein Ziel bekämpft wird, immer von Menschen getroffen werden
       soll. Das soll Bedenken zerstreuen, [5][dass künftig KI-gesteuerte
       Kampfroboter autonom und ohne menschliche Kontrolle töten könnten.]
       
       ## Die Bundeswehr labelt Drohnen als Munition
       
       Generalinspekteur Carsten Breuer war bei den Tests persönlich vor Ort. „Das
       ist die Wiege für die zukünftige Kampfführung der Bundeswehr, nämlich
       Multi-Domain Operations“, lobte er. Die Einweg-Drohnen sollen Teil von
       größeren Operationen sein, die zu Lande, zu Wasser, in der Luft oder im
       Cyberraum ausgeführt werden sollen. „Sie versetzen die Bundeswehr in die
       Lage, den Feind durch schnelle und überwältigende Schläge zu besiegen“, so
       die Bundeswehr.
       
       Auch ein weiterer Test in Bayern verlief im Dezember erfolgreich. Getestet
       wurden Gefechtsköpfe der Rüstungsfirma TDW für die Drohne Virtus von Stark
       Defence. Sie konnten mehr als 800 mm dicken Panzerstahl durchschlagen. TDW
       kündigte an, man könne viele tausend Stück pro Jahr herstellen.
       
       Die Bundeswehr erleichtert sich die Beschaffung mit einem Trick: Sie
       definiert Einweg-Drohnen nicht als Drohnen, sondern als Munition. „Im
       Gegensatz zu Drohnen ist Loitering Munition aber zum einmaligen Gebrauch
       ausgelegt. Sie wird wie andere Munitionsarten verschossen“, [6][erklärt die
       Bundeswehr] „Deswegen handelt es sich bei den Flugkörpern nicht offiziell
       um Luftfahrzeuge, sondern um Munition.“ Das sei insofern wichtig, da an ein
       unbemanntes Luftfahrzeug „mit Blick auf die Flugsicherheit und
       Zertifizierung des Personals deutlich höhere technische Anforderungen
       gestellt werden als bei Munition“. Und das wäre dann natürlich teurer und
       würde die beabsichtigte Massenproduktion unterlaufen.
       
       ## Ein Investor, der die Demokratie verachtet
       
       Der Test im Gefechtszentrum des Heeres im Dezember war für Stark Defence
       insofern wichtig, als ein Test Anfang November wohl schiefgegangen war.
       Laut Medienberichten soll die Drohne damals ihr Ziel verfehlt haben. Was
       nicht zuletzt wegen der finanziellen Beteiligung eines weltbekannten
       Investors international Schlagzeilen machte. „Start-up-Drohne, unterstützt
       von Peter Thiel, stürzt ab und verbrennt bei Tests der Streitkräfte“,
       berichtete die Financial Times.
       
       So soll Peter Thiel, [7][US-Tech-Milliardär und Trump-Unterstützer], in
       einer Finanzierungsrunde im Jahr 2025 15 Millionen Euro in den
       Virtus-Hersteller Stark Defence investiert haben. Jener Peter Thiel, der
       Demokratie und Freiheit nicht mehr für vereinbar hält und einer der Gründer
       der [8][Überwachungssoftwarefirma Palantir] ist, die [9][auch in
       Deutschland] eingesetzt wird – ungeachtet aller Kritik.
       
       Und auch bei einem anderen deutschen Drohnenhersteller ist Peter Thiel
       dabei: Bei der 2015 gegründeten, in Bayern ansässigen Firma Quantum Systems
       ist er seit Oktober 2022 Risikokapitalgeber. Zusammen mit dem ukrainischen
       Drohnenbauer Frontline Robotics produziert die Firma jetzt direkt für die
       Ukraine: Quantum Systems und Frontline Robotics vereinbarten kürzlich beim
       Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin, Zehntausende Drohnen pro
       Jahr für die Ukraine zu produzieren. Der Wert des Geschäfts soll im
       dreistelligen Millionenbereich liegen. Auf diese Weise will Kyjiw die
       Drohnenproduktion ins sichere Ausland verlagern.
       
       25 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Pistorius-und-Merz-bei-Brigade-Litauen/!6087653
 (DIR) [2] https://www.bundeswehr.de/de/meldungen/bundeswehr-beschafft-loitering-munition
 (DIR) [3] /Haltung-der-SPD-zu-bewaffneten-Drohnen/!5734074
 (DIR) [4] /Meduza-Auswahl-5---11-Juni/!6093654
 (DIR) [5] /KI-Anwendungen-beim-Militaer/!6137870
 (DIR) [6] https://www.bundeswehr.de/de/meldungen/bundeswehr-beschafft-loitering-munition
 (DIR) [7] /Tech-Investor-Peter-Thiel/!6041339
 (DIR) [8] /Dobrindts-Flirt-mit-Palantir/!6104150
 (DIR) [9] /Palantir-in-Baden-Wuerttemberg/!6128862
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dirk Eckert
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bundeswehr
 (DIR) Kampfdrohnen
 (DIR) Drohnen
 (DIR) Drohnenkrieg
 (DIR) Munition
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Rüstungsindustrie
 (DIR) Schwarz-rote Koalition in Berlin 
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) KI-Anwendungen beim Militär: „Wir müssen die menschliche Kontrolle über Waffen sichern“
       
       Das teure europäische Luftkampfsystem FCAS steht vor dem Aus. Für Marius
       Pletsch von der Friedensgesellschaft ist das keine rein schlechte
       Nachricht.
       
 (DIR) Verteidigungsbranche in Berlin: Senat setzt voll auf Rüstung
       
       Die Verteidigungsbranche in Berlin wächst rasant. Der Senat will weitere
       Start-ups in dem Bereich anlocken und auch Dual-Use-Firmen fördern.
       
 (DIR) Kyjiw unter heftigem Beschuss: Eine Drohne kommt nie alleine
       
       In der Nacht zum Samstag fand einer der längsten Luftangriffe auf die
       Hauptstadt seit Kriegsbeginn statt. Und Selenskyjs Ex-Stabschef zieht es
       wohl an die Front.