# taz.de -- Nach Chanukka-Anschlag in Sydney: Ein Jahr des antisemitischen Terrors
       
       > Das Massaker am Bondi Beach in Australien war der tragische Höhepunkt.
       > Doch 2025 grassierte der antisemitische Terrorismus weltweit.
       
 (IMG) Bild: Nach dem Attentat: Blumengebinde vor dem Bondi Pavilion am Bondi Beach in Sydney, am 18. 12. 2025
       
       Das antisemitische Massaker am australischen Bondi Beach in Sydney war der
       traurige Gipfel eines tödlichen Jahres für jüdisches Leben weltweit. [1][15
       Menschen sind bislang tot], nachdem mutmaßlich zwei Täter – ein Vater und
       Sohn, offenbar vom „Islamischen Staat“ inspiriert – das Feuer bei einer
       Feier zum ersten Chanukka-Tag eröffnet hatten. Das jüngste Todesopfer war
       erst zehn Jahre alt, der älteste war ein 87-jähriger Shoah-Überlebender.
       Dutzende wurden dabei verletzt, teils schwer.
       
       Im Auto der Täter wurden neben IS-Flaggen auch Sprengsätze entdeckt. Dass
       der Anschlag nicht noch tödlicher verlief, ist unter anderem Ahmed al-Ahmed
       zu verdanken, einem muslimischen Obstverkäufer, der einen der Schützen
       entwaffnete und dabei selbst verletzt wurde.
       
       Der Anschlag in Sydney war jedoch nicht der einzige dieser Art 2025. Und im
       Schatten des Hamas-Angriffs auf Israel vom 7. Oktober 2023 und des
       darauffolgenden Gaza-Krieges, der nach zwei Jahren im Oktober mit einem
       Waffenstillstand beendet wurde, richtete sich terroristische Gewalt gegen
       jüdische Communitys in vielen Ländern.
       
       Im Februar verletzte ein Täter, mutmaßlich aus Syrien, einen spanischen
       Touristen am Berliner Holocaust-Mahnmal. Der Angriff wird von
       Ermittlungsbehörden [2][als antisemitisch eingestuft], weil er Jüdinnen und
       Juden habe töten wollen und aus diesem Grund den Tatort ausgewählt haben
       soll.
       
       Im Mai erschoss ein Mann, der zuvor in einer kommunistischen Kleinpartei
       Mitglied war, [3][Yaron Lischinsky und Sarah Milgrim in Washington]. Zwei
       weitere Personen wurden bei dem Anschlag verletzt. Sie wurden angegriffen,
       als sie eine Veranstaltung im Jüdischen Museum des American Jewish
       Committee verließen, die das Ziel hatte, junge Jüdinnen und Juden mit
       Diplomaten zusammenzubringen, um über die humanitäre Krise in Nahost zu
       sprechen.
       
       ## „Eskaliert für Gaza“
       
       Milgrim und Lischinsky, der auch deutscher Staatsbürger war, arbeiteten bei
       der israelischen Botschaft, die Auswahl der Opfer scheint nach dem
       bisherigen Stand jedoch willkürlich gewesen zu sein. Eine Art Manifest, das
       der Täter in den sozialen Medien hochlud, trägt den Titel: „Eskaliert für
       Gaza, bringt den Krieg nach Hause“. Als er direkt nach der Tat von der
       Polizei festgenommen wurde, rief er „Free, free Palestine.“
       
       Knapp zwei Wochen später, Anfang Juni, warf ein Mann Molotowcocktails auf
       friedliche Demonstrant*innen [4][in Boulder, Colorado], die an einem
       Solidaritätsspaziergang für die damals noch von der Hamas und anderen
       Terrororganisationen in Gaza gefangen gehaltenen israelischen Geiseln
       teilnahmen. Laut Medienberichten setzte der Täter auch einen Flammenwerfer
       ein. Er verletzte dabei mindestens sieben Menschen, darunter eine
       88-jährige Shoah-Überlebende. Die 82-jährige Karen Diamond starb später im
       Krankenhaus.
       
       Und im Oktober, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, fuhr ein
       mutmaßlich islamistischer Täter sein Auto in eine Menschengruppe [5][vor
       einer Synagoge im britischen Manchester], bevor er auf mehrere Personen mit
       einem Messer einstach und einen dabei ermordete. Polizisten erschossen den
       Täter – eine Kugel traf auch ein Mitglied der jüdischen Gemeinde tödlich.
       
       Für die jüdische Community in Australien insbesondere war das vergangene
       Jahr eines des Terrors: [6][gegen zwei Synagogen] in Melbourne sowie gegen
       ein koscheres Restaurant und einen jüdischen Kindergarten in Sydney wurden
       Brandanschläge verübt. Weitere Synagogen wurden mit antisemitischen und
       antiisraelischen Graffiti beschmiert, darunter Hakenkreuze. Autos in
       jüdischen Nachbarschaften wurden angezündet. In einigen Fällen sollen
       Agenten der Islamischen Republik in Iran involviert gewesen sein – der
       iranische Botschafter in Australien wurde inzwischen des Landes verwiesen.
       
       Rund 117.000 Jüdinnen und Juden leben dort, die allermeisten davon sind
       Nachfahren der Shoah, die aus Europa unter der Nazi-Herrschaft geflohen
       waren. Das Executive Council of Australian Jewry – eine Art Zentralrat der
       australischen Juden – verzeichnete zwischen Oktober 2024 und September 2025
       [7][rund 1.600 antijüdische Vorfälle], darunter Brandanschläge und
       Sachbeschädigungen – etwa dreimal so viele Fälle wie in jedem Jahr vor dem
       Krieg im Gazastreifen.
       
       ## Antisemitismus im Mainstream
       
       Seit dem 7. Oktober sei Antisemitismus „aus den Randbereichen der
       Gesellschaft in den Mainstream vorgedrungen“, schreibt die
       australisch-jüdische Organisation, Judenhass sei inzwischen normalisiert
       worden und könne sich ausbreiten. „Es ist nichts Neues, dass Antisemitismus
       von Neonazis, der antiisraelischen Linken oder Islamisten ausgeht. Neu ist
       jedoch die zunehmende ideologische Annäherung zwischen ihnen.“
       
       In vielen Ländern sind antisemitische Straftaten auf Rekordniveau. Die
       Anti-Defamation League, eine NGO in den USA, die politischen Extremismus
       und Antisemitismus bekämpft, [8][verzeichnete für das Vorjahr mehr als
       9.300 Vorfälle] – der Höchststand seit Beginn ihrer Aufzeichnung 1979. In
       Großbritannien [9][zählte die Community Security Trust], die die jüdische
       Gemeinde schützt und Antisemitismus dokumentiert, 3.500 Vorfälle – die
       zweithöchste Jahresgesamtzahl nach 2023, was wiederum eine Verdopplung
       gegenüber 2022 war. In Deutschland verzeichnet Rias, eine
       Antisemitismus-Meldestelle, [10][für 2024 mehr als 8.600 Vorfälle] – ein
       Anstieg von 77 Prozent.
       
       Die Chanukka-Feier am Bondi Beach in Australien, die angegriffen wurde, war
       eine Veranstaltung der chassidischen Chabad-Bewegung, auch Lubavitch
       genannt. Zwei der Todesopfer waren Chabad-Rabbiner: Eli Schlanger und
       Yaakov Levitan. Chabad ist zwar eine ultraorthodoxe Strömung, rekrutiert
       aber gerne neue Mitstreiter*innen und agiert im Vergleich zu anderen
       Haredi-Sekten sehr offen.
       
       Weltweit sind Chabad-Häuser entstanden: von Bangkok bis Timbuktu. Das macht
       Chabad-Vertreter, die teilweise mit langen Bärten und schwarzen Hüten in
       der Öffentlichkeit als gläubige Jüdinnen und Juden leicht zu erkennen sind,
       zunehmend zur Zielscheibe antisemitischer Gewalt.
       
       Im November 2024 wurde der Rabbiner Zvi Kogan in den Vereinigten Arabischen
       Emiraten entführt und ermordet. 2019 überfiel ein Rechtsextremer am letzten
       Tag des Pessach die Chabad-Synagoge in Poway, Kalifornien, und erschoss
       dabei die 60-jährige Lori Gilbert-Kaye. Und 2008 wurde das Chabad-Haus in
       Mumbai angegriffen: Sechs Menschen, darunter der Rabbiner Gavriel Holtzberg
       und seine schwangere Frau Rivka, wurden entführt und dann ermordet.
       
       Nach dem Anschlag am Bondi Beach in Australien wird die Kritik laut: Die
       Chanukka-Feier wurde lediglich von zwei Polizisten geschützt. Gleichzeitig
       geben antiisraelische Aktivist*innen in den sozialen Medien den
       „Genozid-Zionisten“ für das Massaker selbst die Schuld und rufen nach wie
       vor zur „Globalisierung der Intifada“ auf – eine Anspielung auf zwei Wellen
       tödlicher, terroristischer Gewalt in Nahost. Der Krieg in Gaza scheint
       vorbei zu sein. Antisemitische Gewalt grassiert jedoch weiterhin weltweit.
       
       18 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nach-dem-Terroranschlag-in-Australien/!6138286
 (DIR) [2] /Messerangriff-am-Holocaust-Denkmal/!6131367
 (DIR) [3] /Toedliche-Schuesse-in-USA/!6086185
 (DIR) [4] /Radikalisierung-durch-Gaza/!6089972
 (DIR) [5] /Nach-dem-Anschlag-in-Grossbritannien/!6117572
 (DIR) [6] https://www.abc.net.au/news/2025-08-21/second-man-charged-adass-israel-synagogue-arson-ripponlea/105682132
 (DIR) [7] https://www.ecaj.org.au/wordpress/wp-content/uploads/ECAJ-Report-Anti-Jewish-Incidents-Australia-2025.pdf
 (DIR) [8] https://www.adl.org/resources/report/audit-antisemitic-incidents-2024
 (DIR) [9] https://cst.org.uk/news/blog/2025/02/12/antisemitic-incidents-report-2024
 (DIR) [10] https://www.report-antisemitism.de/documents/04-06-25_RIAS_Bund_Jahresbericht_2024.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicholas Potter
       
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