# taz.de -- Bundesverfassungsgericht über Afghanen: Bundesregierung darf Aufnahmezusage brechen
       
       > Ein afghanischer Richter hatte eine Aufnahmezusage für Deutschland, die
       > ausgesetzt wurde. Nun verpflichtet Karlsruhe die Regierung aber nur,
       > endlich zu entscheiden.
       
 (IMG) Bild: Für den afghanischen Juristen ist das Urteil eher eine Niederlage
       
       taz | Die Bundesregierung muss sofort entscheiden, ob ein afghanischer
       Richter und seine Familie nach Deutschland einreisen darf oder nicht. Das
       beschloss das Bundesverfassungsgericht in einem Eilverfahren. Für den
       Richter ist das eher eine Niederlage, denn die
       Verfassungsrichter:innen verpflichteten die Regierung nicht, dem
       Afghanen ein Visum auszustellen – obwohl er eigentlich eine deutsche
       Aufnahmezusage hatte.
       
       Der afghanische Jurist war Richter am Obersten Gericht des Landes. Nach der
       erneuten Machtübernahme der Taliban erhielt er 2022 von Deutschland eine
       Aufnahmezusage; er stand auf der sogenannten Übergangsliste. Daraufhin
       verließ er mit seiner Frau und vier Kindern Afghanistan, um bei der
       deutschen Botschaft in Pakistan ein Visum für Deutschland zu beantragen.
       Doch es ging nicht voran.
       
       Nach dem deutschen Regierungswechsel 2025 hat die neue schwarz-rote
       Bundesregierung alle Aufnahmeprogramme gestoppt, um die Zusagen zu prüfen.
       Den Afghan:innen mit Aufnahmezusagen, die wie der Richter und seine
       Familie nach Pakistan gereist waren, droht dort inzwischen die Abschiebung
       zurück nach Afghanistan und damit große Gefahr.
       
       Der afghanische Richter klagte daher vor deutschen Gerichten. Zuerst
       verpflichtete das Verwaltungsgericht Berlin die Bundesregierung, ein
       Einreisevisum auszustellen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
       lehnte den Eilantrag des Richters jedoch ab. Die Zusagen aus den ersten
       drei deutschen Aufnahmeprogrammen seien rechtlich nicht verbindlich.
       
       ## Nur ein Teilerfolg für afghanischen Richter
       
       Dagegen erhob der afghanische Richter im September 2025
       Verfassungsbeschwerde [1][und beantragte eine Karlsruher Eil-Entscheidung].
       Er berief sich auf Vertrauensschutz und das Rechtsstaatsprinzip. Der Fall
       gilt als Muster für hunderte ähnlicher Fälle.
       
       Doch das Bundesverfassungsgericht enttäuschte nun die Hoffnungen des
       afghanischen Richters. Es verpflichtete die Bundesregierung nicht, ihm und
       seiner Familie ein Einreisevisum auszustellen. Insofern genüge die
       Verfassungbeschwerde nicht den Darlegungserfordernissen und sei unzulässig.
       
       Der afghanische Richter erzielte nur einen eher kleinen Teil-Erfolg. Die
       Bundesregierung darf nicht weiter untätig bleiben, sondern muss die
       Visumsanträge nun endlich bescheiden. Karlsruhe gestand der neuen
       Bundesregierung zwar zu, dass sie sich nach dem Regierungswechsel neu
       orientieren muss. Wegen der von der pakistanischen Regierung inzwischen
       gesetzten Frist zum Jahresende müsse die Regierung nun aber schnell
       entscheiden, „ob das politische Interesse an der Aufnahme der
       Beschwerdeführenden weiterhin bejaht oder verneint wird“. Der afghanische
       Richter und seine Familie hätten „ein dringendes Interesse, Gewissheit über
       den Ausgang der Visaverfahren zu erlangen“, so das deutsche
       Verfassungsgericht.
       
       Das Bundesverfassungsgericht machte der Bundesregierung also keine
       Vorgaben, ob es die Aufnahmezusagen aufrechterhalten muss oder zurücknehmen
       kann. Dies soll wohl als rein politische Frage behandelt werden. Die
       Bundesregierung darf ihre Aufnahmezusage also auch brechen. Der afghanische
       Richter kann nun wohl nur noch auf die SPD und Justizministerin Stefanie
       Hubig hoffen, dass sie sich in der Bundesregierung für die Einhaltung der
       Aufnahmezusagen einsetzt.
       
       (Az.: 2 BvR 1511/25)
       
       4 Dec 2025
       
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