# taz.de -- Jahresbericht Mobile Beratungsstellen: Was wirklich gegen die extreme Rechte hilft
> Rechtsextremismus wird in Deutschland immer normaler, warnen die Mobilen
> Beratungsstellen. Sie fordern mehr Unterstützung für die
> Zivilgesellschaft.
(IMG) Bild: Schöneres Stadtbild: Luftaufnahme eines Kreidebildes zu Beginn des „Wir-Festivals“ in Halle an der Saale
Die Buchhändlerin Theresa Donner aus Halle weiß, wie man den Rechtsruck
entgegentritt. Als bekannt wurde, dass in ihrer Stadt eine [1][extrem
rechte Buchmesse] stattfinden sollte, handelte sie schnell. Gemeinsam mit
anderen Buchhändlerinnen und Kulturschaffenden rief sie das „Wir-Festival“
ins Leben. Von September bis November boten über 400 Lesungen,
Theateraufführungen und Konzerte ein Gegenangebot, das [2][viele Menschen
anzog].
Am dem Festival sei man in Halle kaum vorbeigekommen, berichtet Donner: In
fast jedem Schaufenster der Innenstadt prangte das Logo der ehrenamtlich
organisierten Veranstaltung. „Statt der üblichen ‚Links gegen
rechts‘-Proteste haben wir ein offenes, niedrigschwelliges Angebot
geschaffen.“ Zusammenhalt entstehe eher, wenn man etwas aufbaue, statt nur
„dagegen“ zu sein, erklärt sie.
Das Festival habe ihr Mut gemacht – auch mit Blick auf die Landtagswahlen
2026 in Sachsen-Anhalt, wo die AfD derzeit in den Umfragen weit vorne
liegt. „Zwischen links und rechts gibt es eine breite politische Mitte, die
sich nicht als politisch aktiv bezeichnen würde, sich aber durchaus für
unsere demokratischen Werte einsetzt, wenn man sie nicht
instrumentalisiert, sondern teilhaben lässt“, sagt Donner. Beim Aufbau des
Festivals hätten zivilgesellschaftliche Vereine geholfen. Das sei
angesichts bürokratischer und juristischer Hürden entscheidend gewesen, um
überhaupt starten zu können.
Vereine, die Engagement wie in Halle fördern, sind in den Mobilen
Beratungen gegen Rechtsextremismus aktiv. Am Dienstag legten sie ihren
Jahresrückblick 2025 vor. Titel: „Wie sich Rechtsextremismus im Alltag
festsetzt und Engagierte dagegen halten“. Das „Wir-Festival“ in Halle gilt
als Beispiel dafür, wie man trotz Rückschlägen Widerstand leistet. Ein
weiteres Beispiel seien die vielen CSDs, die auch in kleineren ostdeutschen
Städten stattfanden, sagt Romy Arnold vom Bundesverband.
## Zunehmend junge und gewaltbereite Neonazi-Gruppen
Trotz solcher Erfolge fällt die Bilanz für 2025 ernüchternd aus. „Die
Normalisierung des Rechtsextremismus hat ein neues Ausmaß erreicht“, sagt
Arnold. Auch demokratische Parteien trügen Verantwortung, weil sie rechte
Narrative übernommen und die Brandmauer aufgeweicht hätten. Besonders junge
Menschen radikalisierten sich. Neonazis träten selbstbewusster auf, in
manchen Schulen dominierten rechte Gruppen. Rund 200 Beraterinnen und
Berater aus 50 Stellen berichteten, dass gewaltbereite Neonazi-Gruppen
zunehmend aktiv seien.
Zugleich verschlechtern sich die Bedingungen für die Zivilgesellschaft, so
Arnold: Durch [3][Angriffe auf demokratische Vereine] und Initiativen unter
einer von Rechten orchestrierten Kampagne unter dem Stichwort
„NGO-Komplex“, die auch [4][von demokratischen Parteien aufgegriffen worden
sei], stünden zivilgesellschaftliche Strukturen unter Druck.
Förderprogramme wie „Demokratie leben“ und Landesprojekte würden Kürzungen
drohen, teils hätten Kommunen [5][mit AfD-Beteiligung diese bereits
durchgesetzt].
Dabei verzeichnen die Beratungsstellen einen Höchststand an Anfragen von
Menschen, die sich für Demokratie und gegen Rechtsextremismus engagieren
wollen. „Mit den aktuellen Mitteln kommen wir kaum hinterher“, warnt
Arnold. „Die demokratische Zivilgesellschaft ist das Rückgrat unserer
Demokratie und braucht dringend politische Unterstützung.“
Auch der Soziologe Matthias Quent, Leiter des Instituts für demokratische
Kultur an der Hochschule Magdeburg-Stendal, betont die Bedeutung einer
starken Zivilgesellschaft. Sie sei der Kitt, der politische Konflikte in
Krisenzeiten aushandle. „Ihre Angebote und Räume müssen erweitert und in
ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden“, forderte Quent.
Der [6][Atlas der Zivilgesellschaft] und auch der [7][aktuelle
Engagementbericht der Bundesregierung] zeigten, dass die Zivilgesellschaft
in Deutschland nicht mehr als offen, sondern als eingeschränkt gilt. Gründe
seien staatliche Eingriffe, Rechtsunsicherheiten und rechtsextreme
Angriffe. „Die Politik muss alles tun, um weitere Verunsicherung zu
vermeiden“, mahnt Quent. Gerade für junge Menschen könnten partizipative
Angebote wie das „Wir-Festival“ helfen, autoritären Tendenzen
entgegenzuwirken.
2 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Rechte-Buchmesse-Seitenwechsel/!6124393
(DIR) [2] https://wir-halle.de/
(DIR) [3] /551-Fragen-im-Bundestag/!6072207
(DIR) [4] /CDU-Anfragen-zu-NGOs/!6071548
(DIR) [5] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/feindbild-demokratie-wie-rechtsextreme-die-zivilgesellschaft-angreifen-139421/
(DIR) [6] https://www.maecenata.eu/2025/06/04/civic-space-report-2025-zunehmende-einschraenkung-fuer-zivilgesellschaft-in-deutschland-und-europa/
(DIR) [7] https://www.bmbfsfj.bund.de/resource/blob/264738/ff6cd5914000bdb0b7d5c924012cee18/vierter-engagementbericht-barrierefrei-deutsch-data.pdf
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(DIR) Gareth Joswig
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