# taz.de -- Diplomatie oder Nötigung?: USA wollen andere Länder zu Einwanderungsgegnern machen
> Die US-Regierung hat Diplomaten angewiesen, bei EU-Regierungen für
> strengere Migrationspolitik zu werben. Bundeskanzler Merz verbittet sich
> Einmischung.
(IMG) Bild: Mehr solcher Szenen bald auch in Deutschland? Die US-Einwanderungspolizei ICE nimmt am 25. November in St. Paul Menschen fest
Die Trump-Regierung hat [1][den Anschlag auf zwei
Nationalgardist:innen] am Mittwoch in Washington, mutmaßlich durch
einen aus Afghanistan stammenden Mann, zum Anlass genommen, um ihre
ausländerfeindliche Migrationspolitik weiter voranzutreiben. Inzwischen
erlag eine Soldatin ihren Verletzungen. Bereits vor dem Angriff war bekannt
geworden, dass die Trump-Regierung über US-Auslandsvertretungen, unter
anderem in EU-Ländern, Einfluss auf deren Migrationspolitik nehmen will.
US-Präsident Donald Trump verkündete am Donnerstag, dass die USA die
Bearbeitung von Einwanderungs- und Asylanträgen von Menschen aus
Entwicklungsländern dauerhaft aussetzen würden. Zuvor hatte die
amerikanische Heimatschutzbehörde DHS bereits angekündigt, Tausende in den
USA lebende Migranten aus 19 Ursprungsländern einer erneuten Prüfung zu
unterziehen.
Trump und dessen Unterstützer sehen in der Einwanderung keinen Gewinn für
die US-Gesellschaft, sondern eine Belastung. Sie müsse deshalb eingedämmt
oder komplett gestoppt werden müsse. Sein Wahlversprechen, während seiner
Amtszeit die größte Massenabschiebung in der Geschichte der USA
durchzuführen, unterstreicht dies nur.
Doch wie die New York Times jüngst berichtete, will die US-Regierung nicht
nur im eigenen Land Menschen gegen Ausländer:innen aufhetzen. Wie aus
einem internen Dokument des US-Außenministeriums hervorgeht, sollen
amerikanische Diplomaten andere Regierungen vermehrt auf die „negativen
Auswirkungen“ von Massen-Einwanderung aufmerksam machen und [2][härtere
Einwanderungsbestimmungen] fordern.
Diplomaten sollen mit den Regierungen ihrer Gastgeberländer regelmäßig in
Kontakt treten, um die Bedenken der USA „hinsichtlich der von Personen mit
Migrationshintergrund verübten Gewaltverbrechen zum Ausdruck zu bringen“.
Auch wird in der Depesche davon gesprochen, dass die durch Ausländer
verübten Gewalttaten den sozialen Zusammenhalt und die öffentliche
Sicherheit in den jeweiligen Ländern gefährden würden.
Es sind alles Aussagen, die so eins zu eins auch auf Trumps „Truth
Social“-Kanal oder auf einer rechtspopulistischen Plattform stehen könnten
und dies zum Teil auch tun. Ziel sei es, eine breite Unterstützung unter
westlichen Regierungen zu schaffen, um durch politische Reformen die
Migrationszahlen zu reduzieren und mehr Menschen abzuschieben.
## Einflussnahme auf Innenpolitik anderer Staaten
Die Anordnung des US-Außenministeriums an ihre diplomatischen Vertretungen
ist eine drastische Ausweitung der amerikanischen Einflussnahme auf die
Innenpolitik anderer Nationen.
Die Diplomaten sollen zusätzlich zu den Regierungs-Gesprächen auch Berichte
über von Migranten verübte Gewalttaten und die Reaktionen von Regierungen
anfertigen. Dort sollen auch alle politischen Maßnahmen aufgeführt werden,
„die Migranten unangemessen auf Kosten der einheimischen Bevölkerung
bevorzugen“.
Zu glauben, dass die USA ihre politische, militärische und wirtschaftlich
Macht noch nie dazu eingesetzt hätten, die politischen Verhältnisse
innerhalb anderer Länder zu beeinflussen, wäre naiv. Doch in der modernen
Außenpolitik, besonders zwischen Verbündeten, ist solch ein klar
definiertes Ziel zur innenpolitischen Stimmungsmache ein Novum.
Die Depesche, die an Botschaften, Auslandsmissionen und Konsulate in
Europa, Kanada, Australien und Neuseeland ging, enthält auch diverse
rassistische und islamfeindliche Aussagen, die den Diplomaten als Vorlagen
für ihre Gespräche mit Regierungsvertreten dienen soll.
## Warnung vor radikalem Islam
Neben der Assoziation, dass Massen-Migration zu einer Erhöhung der
Sexualstraftaten und dem Zusammenbruch des Rechtsstaats führen könnte,
warnt die US-Regierung auch vor einer der Verbreitung des radikalen Islam.
Dies würde zu einem Anstieg „antisemitischer und antichristlicher Vorfälle“
führen.
Für diese Mutmaßungen gibt es von Seiten des Außenministeriums allerdings
keine Beweise, die diese Aussagen untermauern würden. Jüngste
Untersuchungen in den USA haben sogar gezeigt, dass die Chance, dass ein
Migrant im Gefängnis landet, um 30 Prozent kleiner sei als die eines weißen
in den USA geborenen Staatsbürgers.
## Merz: „Migrationspolitik ist unsere Sache“
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich derweil eine Einmischung der
USA in die deutsche Migrationspolitik verbeten. „Da brauchen wir keine
Ermahnungen von außerhalb“, sagte er am Donnerstag. „Die Migrationspolitik
ist unsere Sache und die entscheiden wir so, wie wir sie für richtig
halten“, so Merz weiterhin. „Und wir sind gerade in der Bundesrepublik
Deutschland seit dem Regierungsprozess auf dem richtigen Weg.“
Die US-Regierung bleibt mit dieser diplomatischen Depesche ihrer
Anti-Migrations-Linie treu. Ob andere westliche Länder und Verbündete,
darunter Deutschland, sich davon beeinflussen lassen, bleibt abzuwarten.
Mit dem Thema Migration hat die Trump-Regierung jedoch den Nerv der Zeit
getroffen. In vielen westlichen Ländern ist der Umgang mit Migration zu
einem der größten gesellschaftlich und politischen Herausforderung
geworden.
Mit Agenturmaterial
28 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Hansjürgen Mai
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