# taz.de -- Vertrauen in Medien während Nahost-Krieg: Eine*r von vier hält Berichterstattung für ausgewogen
> Viele Deutsche kritisieren die Nahost-Berichterstattung: zu
> proisraelisch, zu propalästinensich. Eine Umfrage zeigt, wer was glaubt.
(IMG) Bild: Die Journalistin Doaa Albaz von der Anadolu Agency berichtet aus Gaza
kna | Nur gut ein Viertel der Deutschen hält die deutsche Berichterstattung
über den [1][Krieg in Nahost] für ausgewogen. Das ist das Ergebnis einer
repräsentativen Umfrage der Ludwig-Maximilians-Universität München, die am
Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Das Forschungsteam hatte die
Teilnehmer*innen gefragt, ob sie die deutsche Medienberichterstattung
über Nahost seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 für
ausgewogen halten. Dem stimmte nur gut ein Viertel zu.
30 Prozent der Befragten nahmen in der Berichterstattung in deutschen
Medien eine Verzerrung zugunsten Israels wahr, neun Prozent sahen eine
Verzerrung zugunsten der palästinensischen Seite. 35 Prozent der Befragten
haben sich kein Urteil zugetraut.
## Wie sich eigene Position auf Wahrnehmung auswirkt
Erhebliche Unterschiede in der Wahrnehmung gibt es je nach Position zum
Konflikt. Im Vorfeld der Befragung zu den Medien waren die
Teilnehmer*innen gefragt worden, mit welcher Seite sie im
israelisch-palästinensischen Konflikt sympathisieren. Demnach stellten sich
20 Prozent eher an die Seite Israels, 16 Prozent an die Seite der
Palästinenser. 29 Prozent geben an, gleichermaßen mit beiden Seiten zu
sympathisieren, und 36 Prozent waren sich nicht sicher.
Diese Positionierung hatte den Forschern zufolge erhebliche Auswirkungen
auf die Wahrnehmung der Medienberichterstattung, was sich besonders bei den
propalästinensischen Befragten zeigte. Demnach attestierten 78 Prozent von
ihnen den Medien eine proisraelische Verzerrung. Unter den Befragtem, die
mit beiden Seiten sympathisieren, waren es nur 34 Prozent. Bei den
proisraelischen Befragten gab ein Drittel an, die Medien eher
propalästinensisch wahrzunehmen.
Die Studie untersuchte nicht, ob sich in der Gesamtheit der deutschen
Medienberichterstattung tatsächlich Verzerrungen zugunsten einer Seite
feststellen lassen, etwa anhand von Inhaltsanalysen. Dennoch lassen die
Ergebnisse dem leitenden [2][Wissenschaftler Carsten Reinemann, Professor
am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU],
zufolge eine Schlussfolgerung zu: Da fast 40 Prozent der proisraelischen
Befragten, aber nur 11 Prozent der propalästinensischen Befragten die
Berichterstattung als ausgewogen wahrnehmen, könne man daraus die Vermutung
ableiten, dass die Berichterstattung insgesamt eher ein proisraelisches
Bild vermittle.
In den vergangenen Monaten hat sich die Lage der Studie zufolge aber
gewandelt. So gab die Hälfte der Befragten an, die Berichterstattung betone
in letzter Zeit stärker das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza. 44 Prozent
nehmen mehr Kritik an der israelischen Regierung und gut ein Drittel mehr
Kritik an der Haltung der deutschen Bundesregierung wahr.
Insgesamt vertrauen aber 43 Prozent der Befragten der Berichterstattung der
etablierten Medien über das Thema Nahostkonflikt „eher nicht“ oder
„überhaupt nicht“. Nur 23 Prozent gaben an, den deutschen Medien bei diesem
Thema „eher“ oder „voll und ganz“ zu vertrauen. Auch hier war die
propalästinensische Gruppe deutlich kritischer als die anderen Befragten.
27 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Schwerpunkt-Nahost-Konflikt/!t5007999
(DIR) [2] https://www.ifkw.uni-muenchen.de/organisation/personen/professoren/reinemann_carsten/index.html
## TAGS
(DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
(DIR) Berichterstattung
(DIR) Forschung
(DIR) Medienwissenschaft
(DIR) Reden wir darüber
(DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
(DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
(DIR) Nahost-Debatten
(DIR) Antisemitismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Kritik an ARD-Israel-Korrespondentin: Was wir schützen müssen
Sophie von der Tann erhält für ihre Nahostberichterstattung den
Friedrichs-Preis und erfährt nun schärfste Kritik. Ein Angriff auf die
Pressefreiheit.
(DIR) Boykott gegen israelische DJs: Die Party ist vorbei
Der Gründer der israelischen Partyreihe Laundrette ist ein radikaler
Kritiker Israels. Die propalästinensische Partyszene diffamiert ihn
trotzdem.
(DIR) Pressefreiheit in Nahost: Gericht vertagt Entscheidung über Pressezugang in Gaza
Das Ringen internationaler Medien um Zugang zu Gaza geht weiter: Das
oberste Gericht Israels hat die Frist für die Regierung verlängert.
(DIR) Antisemitismusbeauftragte in den Medien: Die Presse soll noch Staatsräson-tauglicher werden
Felix Klein fordert Antisemitismusbeauftragte für die Rundfunkanstalten.
Was er eigentlich meint: Jemand soll die Darstellung Israels überwachen.
(DIR) Aktivistin und Nahost: Grimmige Kritik
Judith Scheytt wurde nach Antisemitismusvorwürfen ein Preis für
Medienkritik zur Gaza-Berichterstattung aberkannt. Das bleibt nicht
unwidersprochen.