# taz.de -- Steuerflucht von Unternehmen: Vorzugsbehandlung für Big Tech
> Der Bundestag hat eine Steuerregel abgeschafft, die Digitalkonzernen wie
> Google missfiel. Das ist mehr als ein Gefallen für Big Tech.
(IMG) Bild: Die europäische Google-Zentrale in Dublins Barrow Street
Mehr europäische [1][Unabhängigkeit] von den Produkten der
US-Digital-Konzerne wünschen sich laut einer neuen Umfrage zwei Drittel der
Bundesbürger:innen. Das sahen die Regierungen Deutschlands und Frankreichs
bei ihrem [2][Gipfel] zur „Digitalen Souveränität“ diese Woche auch so.
Eine eigenständige Politik in die Tat umzusetzen, stößt aber schnell an
Grenzen der Macht genau dieser Unternehmen.
Das zeigte sich kürzlich an einem Beschluss des Bundestages, mit dem die
schwarz-rote Mehrheit die sogenannte Lizenzschranke abschaffte. Das ist
eine Steuer-Regel, durch die US-Digital-Konzerne potenziell mehr Abgaben in
Europa zahlen müssten. Zur Streichung des Paragrafen 4j des
Einkommensteuergesetzes sagte Christoph Trautvetter vom Netzwerk
Steuergerechtigkeit: „Vermutlich ist das auf den Druck von Unternehmen wie
Google, Amazon, Meta und der US-Regierung zurückzuführen.“
Als die Lizenzschranke 2017 eingeführt wurde, sollte sie eine bestimmte
Form der Steuervermeidung durch große Unternehmen erschweren. Grundsätzlich
geht es darum: Ein US-Unternehmen erzielt in Deutschland zum Beispiel hohe
Gewinne, die es aber herunterrechnet, indem seine hiesige Tochterfirma
beträchtliche interne Lizenzgebühren an eine weitere Tochter in Irland
zahlt, wo die Gewinnsteuer niedriger ist. Die Lizenzgebühren werden etwa
damit begründet, dass die Tochter in Deutschland Software nutzt, deren
Verwertungsrechte der irischen Tochter gehören. Ergebnis: Hoher Gewinn,
aber niedrige Steuer in Deutschland.
Gegen die Stimmen der Grünen und Linken im Bundestag hat die Koalition die
Regelung nun gestrichen. Das Bundesfinanzministerium von Vizekanzler Lars
Klingbeil (SPD) begründete, das sei kein Problem: „Unerwünschte
Gestaltungen zur Gewinnverlagerung werden mittlerweile durch eine Vielzahl
an international abgestimmten Maßnahmen – wie die globale
Mindestbesteuerung – verhindert.“
Kritiker Trautvetter hält das für falsch: „Weil der Paragraf gestrichen
wird, können die Digital-Unternehmen weiterhin von der für sie günstigen
US-Besteuerung der Lizenzzahlungen profitieren.“ Anstatt die deutsche
Regelung zu eliminieren, müsse das Finanzministerium eher darauf dringen,
sie konsequenter umzusetzen, so Trautvetter.
Aus Klingbeils Haus ist zu hören, man habe sich an Empfehlungen der
Industrieländer-Organisation OECD orientiert, die die internationalen
Steuer-Verhandlungen jahrelang koordinierte. Derweil ergaben Recherchen des
Netzwerks Steuergerechtigkeit, dass bereits Klingbeils Vorgänger,
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), im September 2024 die
Finanzverwaltung angewiesen habe, für US-Firmen eine Ausnahme von der
Lizenzschranke zu machen – rückwirkend bis 2018. Während eine offizielle
Bestätigung fehlt, vermutet auch Grünen-Finanzexpertin Karoline Otte, das
sei auf Druck aus Washington geschehen.
Und es ist offenbar nicht der einzige derartige Fall. Im vergangenen Juli
gestattete die Gruppe der größten westlichen Industriestaaten (G7) den USA
eine weitreichende [3][Ausnahme] bei der globalen Mindeststeuer für
Unternehmen. Eigentlich sollen die großen Firmen überall mindestens 15
Prozent Gewinnsteuer zahlen, doch die USA dürfen weiterhin parallel ihr
eigenes System anwenden, das Ausweichmöglichkeiten beinhaltet. Trump hatte
mit Schikanen gedroht, sollten die anderen nicht spuren.
20 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Hannes Koch
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