# taz.de -- Merz im Zugzwang: Die Rente (und die Koalition) ist unsicher
       
       > Die Junge Gruppe der Union treibt Schwarz-Rot in einen Streit um die
       > Rente. Ein Ausweg ist derzeit nicht in Sicht.
       
 (IMG) Bild: Kein Spaß im Freizeitpark: Friedrich Merz und der JU-Bundesvorsitzende Johannes Winkler am Wochenende im Europapark in Rust
       
       Am Montagvormittag versucht Bundeskanzler Friedrich Merz, Ruhe in den
       Rentenstreit zu bringen. „Ich wünsche mir, dass wir diese Diskussion zum
       Jahresende abgeschlossen haben“, sagt Merz [1][beim Wirtschaftsgipfel der
       Süddeutschen Zeitung].
       
       Wünschen kann sich Merz viel. Die Zweifel, ob die Wünsche des Kanzlers in
       Erfüllung gehen, sind seit dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) am
       vergangenen Wochenende gewachsen. Das Rentenpaket soll eigentlich im
       Dezember durch den Bundestag. Doch seit Wochen kritisieren junge
       Abgeordnete der Union, [2][dass der Entwurf von SPD-Arbeitsministerin
       Bärbel Bas] über den Koalitionsvertrag hinaus gehe.
       
       Dort ist vereinbart, bis 2031 die Haltelinie für das Rentenniveau, also das
       Absicherungsniveau im Verhältnis zu den Löhnen, bei 48 Prozent zu
       verlängern. Im Gesetzentwurf heißt es nun, dass auch danach das
       Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltendem Recht liegen
       soll. Dies würde laut JU bis 2040 118 Milliarden Euro zusätzlich kosten.
       Die 18 Abgeordneten, die sich in der Jungen Gruppe zusammengeschlossen
       haben, wollen dem Gesetz im Bundestag nicht zustimmen. Dann aber hat das
       schwarz-rote Rentenpaket im Bundestag keine Mehrheit. Aus der Krise würde
       eine schwarz-rote Katastrophe.
       
       Für Dagmar Schmidt, Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, ist der
       Rentenstreit das Problem der Unionsfraktion. Die Junge Gruppe trete als
       „eigenständig agierende Kraft auf, die Machtspiele treibt, statt
       Verantwortung für Deutschland zu übernehmen“, so Schmidt zur taz. Die SPD
       erwarte, dass die Unionsfraktion, „wie im Koalitionsvertrag vereinbart, zum
       schwarz-roten Rentenkompromiss steht“.
       
       ## Erste CDU-Politiker wollen das Paket verschieben
       
       Und jetzt? Erste CDU-Spitzenpolitiker*innen wollen das Rentenpaket
       verschieben. „Es ist wichtig, dass im Parlament gerechte Lösungen für die
       breite Mehrheit gefunden werden“, sagt Bildungsministerin Karin Prien dem
       Handelsblatt.
       
       Noch deutlicher wird [3][Dennis Radtke, der Vorsitzende des Sozialflügels
       CDA]. „Die Situation bei der Rente ist maximal verfahren. Statt weiter Züge
       aufeinander rasen zu lassen, sollte man besser ein Gesamtpaket im nächsten
       Jahr anstreben,“ sagte er der Funke-Mediengruppe. Fragen zur armutsfesten
       Rente und generationengerechten Finanzierung müssten zusammengedacht
       werden.
       
       Unterstützung erhält Merz von CSU-Chef Markus Söder. „Verschieben ist
       Unsinn“, so der bayerische Ministerpräsident. Söder bangt um die
       Mütterrente, ein Herzensanliegen der CSU. Die gehört zu dem Rentenpaket
       ebenso wie die Aktivrente, mit der Rentner*innen zum freiwilligen
       längeren Arbeiten bewegt werden sollen, und die Frühstartrente für Kinder.
       Beides will die CDU unbedingt umsetzen.
       
       Merz will das Rentenpaket, das vom Kabinett bereits beschlossen ist,
       schnell durch den Bundestag bringen. Am Samstag hatte er das auch der JU
       noch einmal deutlich gemacht. Merz zeigte klare Kante. Statt des üblichen
       Applaus gab es kritische Nachfragen – und dröhnende Stille. Sein Auftritt
       hat die Reihen in der JU weiter geschlossen. „Ihr könnt euch darauf
       verlassen: Wir bleiben in dieser Frage stehen“, versprach Pascal Reddig,
       der Vorsitzende der Jungen Gruppe.
       
       ## Angst vor dem nächsten Eklat
       
       Inhaltlich teilen viele Unionsabgeordnete die Kritik der Jungen Gruppe.
       Viele sehen aber auch, dass CDU und CSU zu den Vereinbarungen mit der SPD
       stehen müssen. Und dass es keinen zweiten Eklat geben darf, wie bei der
       Nichtwahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin.
       
       „Wir müssen weg vom Streit auf der offenen Bühne und zurück in den
       Maschinenraum der Verhandlungen. Wir müssen jetzt verhandeln, überzeugen
       und Kompromisse suchen“, sagt Stefan Nacke, der Vorsitzende der
       Arbeitnehmergruppe der Union im Bundestag, der taz. Inhaltlich könne er die
       Junge Gruppe verstehen, sie habe sich konstruktiv in die Verhandlungen
       eingebracht. Aber: „Jetzt sollte sie zurück in den Verhandlungsmodus
       kommen.“ Das Rentenpaket zu verschieben, davon hält Nacke nichts.
       
       Wie ein möglicher Kompromiss aussehen kann, ist offen. Merz hatte am
       Sonntagabend eine Zusatzerklärung angeboten, in der sich Union und SPD zu
       einer grundlegenden Rentenreform ab 2032 bekennen. Er kündigte zudem an,
       dass die Rentenkommission ihre Arbeit vor der Sommerpause 2026 abschließen
       soll, unmittelbar danach werde die Koalition ins Gesetzgebungsverfahren
       gehen.
       
       „Wir sind nicht der Ansicht, dass die Kosten der Krise, von denen bezahlt
       werden müssen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und auf die gesetzliche
       Rente angewiesen sind“, sagt SPD-Frau Dagmar Schmidt. Spekulationen, dass
       die SPD der Union in der Frage der Rentengarantie bis 2031 entgegenkommen
       wird, dementiert Schmidt. „Die SPD-Fraktion wird keinem Gesetz zustimmen,
       das nach 2031 das Rentenniveau senkt.“ Die SPD stehe für „ein stabiles
       Rentenniveau von 48 Prozent, und zwar dauerhaft.“ Zu einem möglichen
       politischen Deal sagte Schmidt der taz: „Mir fehlt da die Fantasie.“
       
       ## Ungewohnt: SPD tritt geschlossen auf
       
       Die SPD wirkt in dieser Frage ungewöhnlich geschlossen. Es gibt zwischen
       linken und rechtem Flügel keine Unterschiede, noch nicht mal in der
       Tonalität. Ursprünglich wollte die SPD das Rentenniveau bis 2039 sichern,
       begnügte sich aber mit 2031. Nun sieht sie auch diese Grenze in Gefahr.
       Zudem fürchtet die SPD, dass, wenn sie dem Druck der Junge Gruppe bei der
       Rente nachgibt, künftig politischen Erpressungen Tür und Tor zu öffnen.
       
       Die SPD steht zum Rentenzeitplan. „Die Unionsfraktion muss entscheiden, ob
       sie die Rentengesetze mit uns zusammen im Bundestag einbringt“, so Schmidt.
       
       Will sagen: Der Ball liegt aus SPD-Sicht im Feld der Union. Bekommt die
       Unionsfraktion nicht die nötige Mehrheit zustande, dann scheitern alle
       Rentengesetze, auch Mütterrente und Aktivrente, die Vorzeigeprojekt von CSU
       und CDU. Besser keine Rentenreform als eine mit Rentenkürzung ab 2031.
       Damit hat die SPD ein politisches Druckmittel in der Hand. Nicht die SPD,
       Friedrich Merz ist in diesem Streit der Getriebene.
       
       17 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/merz-koalition-stabilitaet-spannungen-sz-wirtschaftsgipfel-li.3329574?reduced=true
 (DIR) [2] /Rentenreform-des-Arbeitsministeriums/!6093288
 (DIR) [3] /CDU-Politiker-ueber-Zukunft-der-Partei/!6079536
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
 (DIR) Sabine am Orde
       
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