# taz.de -- Jugend ohne Social Media: So wird das nichts, Alter!
       
       > Die EU steuert auf Altersgrenzen unter anderem für Social Media zu. Warum
       > das keine gute Idee ist – und was besser wäre.
       
 (IMG) Bild: Ein Leben ohne Smartphone ist möglich
       
       Sie sehen aber jung aus.“ Mit diesem Satz versuchen Verkäufer:innen in
       Supermärkten es gerne abzufedern, wenn Kund:innen, die vielleicht noch zu
       jung sind für den Alkoholkauf, ihren Ausweis zeigen sollen. Das System
       Ausweis gegen Alkohol ist nicht perfekt. Wer ältere Freund:innen,
       Geschwister oder Supermarkt-Zufallsbekanntschaften hat, kann sich leicht
       Tabak oder Alkoholika ermogeln.
       
       Doch es funktioniert zumindest im Großen und Ganzen. Und weil die Menschen
       an der Kasse zwar auf Bild und Geburtsdatum schauen, aber niemand die
       Ausweise scannt und daraus ein Register machen könnte, wer wann wo Alkohol
       oder Zigaretten gekauft hat, ist es auch privatsphärefreundlich.
       
       Bei Social-Media-Diensten ist so ein Ansatz nicht in Sicht. Trotzdem hat
       das EU-Parlament am Dienstag eine [1][Resolution] beschlossen, die ein
       Mindestalter für Social Media fordert. Unter 13 soll die Nutzung untersagt
       sein und zwischen 13 und 16 nur mit Zustimmung der Eltern erlaubt.
       Rechtlich bindend ist der Beschluss zwar nicht, aber er erhöht den Druck
       auf die EU-Kommission.
       
       Ebenfalls am Dienstag haben die EU-Mitgliedsstaaten die umstrittene
       Chatkontrolle beschlossen. Auf weitgehend freiwilliger Basis zwar und die
       Verhandlungen mit EU-Kommission und -Parlament stehen noch aus. Doch drin
       ist schon mal ein Hammer: verpflichtende Alterskontrollen unter anderem für
       App-Stores und Messenger-Dienste, um für Kinder technische Schutzmaßnahmen
       zu aktivieren.
       
       ## Details bleiben offen
       
       Wie die Kontrollen „privatsphärewahrend“ umgesetzt werden und gleichzeitig
       „verlässlich“ Erwachsene von Kindern unterscheiden soll, bleibt offen.
       Beides sieht der Entwurf vor. Kommt eine Ausweispflicht, wäre bei einem
       wesentlichen Teil der Onlinekommunikation Anonymität nicht mehr möglich.
       
       Ob für Social Media eine Altersgrenze grundsätzlich sinnvoll ist, das ist
       nicht nur in der Politik, sondern auch [2][in der Wissenschaft umstritten].
       Während einige Forscher:innen Vorteile für den Schutz von Minderjährigen
       vor problematischen Inhalten sehen, kritisieren andere einen zu starken
       Eingriff in die Grundrechte – und ein Hemmnis für einen herangeführten und
       verantwortungsbewussten Umgang mit Social Media.
       
       Die Studienlage ist jedenfalls, anders als das politisch gerne suggeriert
       wird, dünn: Schließlich fangen erste Länder und Regionen erst an, ans Alter
       geknüpfte Restriktionen einzuführen.
       
       Doch klar ist: Es gibt bislang kein System für eine gleichermaßen valide
       wie privatsphärefreundliche Kontrolle. Selbstauskunft? Kann man sich gleich
       sparen. KI-Tools, die das Alter einschätzen? Zu fehleranfällig – und bei
       der Analyse von Nutzungsverhalten oder biometrischen Merkmalen auch nicht
       gerade datenschützend. Ausweis scannen und hochladen? Prima, dann bekommen
       die datensammelnden Problemplattformen gleich einen ganzen Schwung
       persönlicher, amtlich bestätigter Informationen frei Haus.
       
       ## Eine Altersgrenze ändert nichts an den Plattformen
       
       Ein System, das so brauchbar funktioniert, wie die Ausweiskontrolle im
       Supermarkt, ist nicht in Sicht – egal wie sehr Politiker:innen an
       diesem Kreis herumzerren und ihn zum Quadrat machen wollen.
       
       Dazu kommt: Eine Altersgrenze würde nichts an den problematischen bis
       toxischen Eigenschaften der Plattformen ändern. Sie wären immer noch
       genauso intransparent, ihre Algorithmen genauso polarisierend, sie würden
       immer noch genauso Hass, Hetze und problematische Körperbilder featuren wie
       jetzt. Und es wird nicht besser: Laut dem Statistischen Bundesamt stoßen im
       Internet mehr Menschen auf Hassredebeiträge als noch vor zwei Jahren.
       
       In [3][Australien, das weltweit vorangeht mit einer Altersgrenze für Social
       Media], wird es nun spannend: Am 10. Dezember tritt die Grenze in Kraft,
       Plattformen fordern ihre Nutzer:innen bereits auf, ihr Alter
       nachzuweisen. Wer unter 16 ist, muss draußen bleiben. Zwei 15-Jährige
       klagen nun dagegen. Dahinter steckt leider eine Organisation, gestützt von
       einem rechts-libertären Politiker, die sich insgesamt für weniger
       Regulierung im Netz einsetzt. Das wäre allerdings genau die falsche
       Richtung.
       
       Denn wenn die Betreiber der Social-Media-Plattformen komplett freidrehen
       dürften, wäre nichts gewonnen. Was wir brauchen, das sind nicht miese
       Plattformen für weniger Nutzer:innen. Sondern bessere, transparente,
       gemeinwohlorientierte und verantwortungsbewusste Plattformen für alle.
       
       28 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-10-2025-0213_DE.pdf
 (DIR) [2] /Nutzung-von-Onlineplattformen/!6093105
 (DIR) [3] /Social-Media-Verbot-in-Australien/!6070176
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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