# taz.de -- Abhängigkeit von US-Techfirmen: Europa braucht dringend ein Back-up
> Meta, Microsoft, Google. Im Digitalen sind die EU-Staaten abhängig von
> US-Unternehmen. Nun wollen sie mit einer Offensive gegensteuern.
(IMG) Bild: Der Elefant im Raum: US-Präsident Donald Trump
Donald Trumps Regierung ist not amused. Da laden Deutschland und Frankreich
die EU-Staaten zum 18. November zu einem Gipfel ein, Schwerpunkt: digitale
Souveränität. Zwar wird im Vorfeld mit keinem Wort erwähnt, dass es [1][die
Abhängigkeit] von den USA ist, die gerade zum Problem wird. Und natürlich
gibt es auch andere Risiken, [2][etwa was Rohstoffe aus China] angeht. Doch
angesichts der Themen des Gipfels – Cloud-Dienste, künstliche Intelligenz,
Start-ups – ist eindeutig, welcher Elefant hier im Raum stehen wird.
Der US-Regierung ist das natürlich auch klar. Deshalb begannen
US-amerikanische Diplomat:innen laut einem Bericht von Politico bereits
Wochen vor dem Gipfel, in Regierungskreisen herumzufragen, was denn da los
sei.
Ein Hinweis fände sich beispielsweise in der Antwort auf eine Anfrage des
damaligen Linken-Bundestagsabgeordneten Victor Perli von Anfang 2025.
[3][Demnach] haben alleine Bundesministerien und zugehörige Behörden im
vergangenen Jahr 204,5 Millionen Euro an Microsoft gezahlt. Ein Hinweis
fände sich auch darin, dass auf rund drei Vierteln der Arbeitsplatzrechner
in Deutschland Microsofts Betriebssystem Windows läuft und auf fast allen
deutschen Smartphones Googles Android oder Apples iOS.
## Branche lobbyiert für den Machterhalt
Donald Trump könnte, so die wachsende Befürchtung in Europa, die Tätigkeit
der US-Konzerne hierzulande einschränken oder unterbinden. Zum Beispiel als
Druckmittel im Zollkonflikt oder umeine laschere Regulierung für die
größten IT-Unternehmen der Welt durchzusetzen. Gleichzeitig lobbyiert die
Branche für den Erhalt ihrer Marktmacht. [4][Laut den NGOs Lobbycontrol und
Corporate Europe Observatory] gab die Tech-Industrie in der EU zuletzt 151
Millionen Euro im Jahr für Lobbyarbeit aus – ein Höchststand.
Die Ausgaben scheinen Wirkung zu zeigen. Die Dominanz der Big-Tech-Produkte
bleibt unangetastet, selbst dort, wo es Alternativen gibt. Groß ist die
Abhängigkeit zum Beispiel bei der Cloud-Infrastruktur. Diese nutzen
Unternehmen, Behörden und Privatleute, die ihre Daten nicht lokal oder auf
eigenen Servern speichern wollen. Zahlen der Analysefirma Synergy zufolge
haben die US-amerikanischen Anbieter Amazon, Microsoft und Google dabei in
Europa einen Marktanteil von rund 70 Prozent. Was, wenn Trump, etwa mittels
Exportkontrollen, hier eingreift? „Im Worst Case wäre die deutsche
Verwaltung dann arbeitsunfähig“, sagt Michael Kolain. Der Jurist hat für
das in Frankfurt am Main ansässige Cyberintelligence Institute eine Studie
über die Abhängigkeit der Verwaltung erstellt.
## Souveränitäts-Washing als Geschäftsmodell
Aus dem Dilemma ist ein Geschäftsfeld entstanden, das Kolain als
„Souveränitäts-Washing“ kritisiert. Dabei tun sich ein US-amerikanischer
Anbieter und eine europäische Firma zusammen und kreieren eine gemeinsame
Cloud-Lösung. Sie soll souverän wirken. Doch käme es hart auf hart und der
US-Konzern müsste sich zurückziehen, würden mindestens Updates ausbleiben,
und die sind für den sicheren Betrieb von Software unerlässlich. Dazu
kommt: Sobald ein US-Unternehmen oder dessen Tochtergesellschaft beteiligt
ist, räumen sich US-Behörden und -Geheimdienste auf Basis verschiedener
Rechtsgrundlagen Zugriff auf die Daten ein.
Dass es eher schlecht steht um die digitale Souveränität, ist auch der
EU-Kommission aufgefallen. Gegensteuern will sie mit dem „EU Cloud and AI
Development Act“. Das Gesetz soll unter anderem die Basis für eine sichere
europäische Cloud-Infrastruktur sein. Ob die Clouds, denen Experte Kolain
„Souveränitäts-Washing“ vorwirft, im Gesetz als souverän gelten werden, ist
noch offen. Es dürfte einer der Punkte sein, für den die Tech-Konzerne in
den kommenden Monaten lobbyieren werden. Denn über europäische
Kooperationspartner werden auch ihre Interessen vertreten sein.
17 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Lobbyismus-von-Digitalkonzernen/!6058775
(DIR) [2] /Drohender-Rohstoffmangel/!6124735
(DIR) [3] https://perli.de/immer-hohere-kosten-fur-microsoft-lizenzen-die-kosten-fur-die-nutzung-von-microsoft-lizenzen-und-dienstleistungen-ist-auch-im-jahr-2024-gegenuber-dem-vorjahr-wieder-gestiegen-2023-waren-es-noch-1977/
(DIR) [4] /Stark-steigende-Lobbyausgaben/!6124825
## AUTOREN
(DIR) Svenja Bergt
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