# taz.de -- Bundesprogramm „Demokratie leben!“: Prien schießt sich auf Demokratieprojekte ein
> Die Bundesbildungsministerin legt neue Schwerpunkte für
> Demokratieförderung vor – die betroffenen Verbände sehen sich unter
> Generalverdacht.
(IMG) Bild: Sieht Reformbedarf bei „Demokratie leben!“: Bundesbildungsministerin Karin Prien
Berlin Der von Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) versprochene
Kurswechsel im Umgang mit Demokratieprojekten nimmt konkrete Formen an. Das
zeigt ein Informationsschreiben aus ihrem Ministerium an Vereine und
Verbände, die aktuell über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert
werden. In dem vom Dienstag datierten Schreiben, das der taz vorliegt,
kündigt Priens Staatssekretär Ingo Behnel weitreichende Neuerungen für die
künftige Förderung an. Die neuen „Handlungsschwerpunkte“ gelten
voraussichtlich ab dem Jahr 2027.
Dann soll das Programm „neben der Bekämpfung des Rechtsextremismus deutlich
stärker auch den Antisemitismus, den islamistischen Extremismus und den
Linksextremismus berücksichtigen“. Weiter will das Ministerium neben
zivilgesellschaftlichen künftig auch Projekte aus der Wirtschaft fördern.
Dafür werde das Programm „für die Arbeits- und Unternehmenswelt“ geöffnet.
Ferner bekräftigt Staatssekretär Behnel die umstrittene Ankündigung seiner
Ministerin, [1][Demokratieprojekte verstärkt durch den Verfassungsschutz
überprüfen zu lassen].
Wörtlich heißt es dazu in dem Schreiben: „‚Demokratie leben!‘ hat sich mit
Extremismusvorwürfen gegen einzelne Träger auseinandersetzen müssen.
Teilweise wurden dadurch auch die Integrität und gesellschaftliche
Akzeptanz des Programms insgesamt in Frage gestellt. Dem werden wir mit
einer die Verhältnismäßigkeit wahrenden Überprüfungspraxis begegnen“.
Welche Träger hier gemeint sind und wer die gesellschaftliche Akzeptanz von
„Demokratie Leben!“ deshalb in Frage stellt, lässt Staatssekretär Behnel
jedoch offen – auch eine entsprechende Anfrage der taz lässt das
Ministerium unbeantwortet. Eine Sprecherin vewies lediglich „auf die
mediale Berichterstattung zum Bundesprogramm ‚Demokratie leben‘ sowie
parlamentarische Fragen“.
## „Eine fatale Botschaft“
Bei den Empfänger:innen sorgt die Neuausrichtung für Entsetzen. „Das
Schreiben stellt die zivilgesellschaftlichen Träger unter einen
Generalverdacht“, kritisiert Heike Kleffner, Geschäftsführerin des
Bundesverbandes der Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und
antisemitischer Gewalt (VBRG). Damit, sagt Kleffner der taz, verstärke das
Ministerium die Delegitmierungskampagnen der extremen Rechten gegen
demokratische Akteure.
Mit der Überprüfung durch den Verfassungsschutz sende die Bundesregierung
eine „fatale Botschaft des Misstrauens“ – „gerade angesichts des dramatisch
hohen Niveaus rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten“.
Ähnlich kritisch hatte sich auch [2][der langjährige Chef der
Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, in der taz] geäußert.
Zwar wurden Demokratieprojekte bereits unter der Ägide von Angela Merkel
(CDU) und Olaf Scholz (SPD) massenhaft vom Verfassungsschutz durchleuchtet,
wie [3][kürzlich eine Kleine Anfrage der Linkspartei ans Licht brachte].
Allerdings hielten sich die damaligen Regierungsparteien mit Kritik an der
Zivilgesellschaft öffentlich stärker zurück als aktuell die Union unter
Merz.
Seit dessen Tabubruch im Januar, als er im Bundestag gemeinsam mit den
Stimmen der AfD einen asylkritischen Beschluss herbeiführte und damit
bundesweite Proteste auslöste, steht die Union auf Kriegsfuß mit allen, die
sich gegen rechts engagieren. Teilweise geht die CDU auf lokaler Ebene
schon gemeinsam mit der AfD gegen bestehende Demokratieprojekte und deren
staatlicher Förderungen vor – wie zuletzt im sächsischen Wurzen.
## Unklare Finanzierung
Doch auch auf Bundesebene wackelt die Finanzierung. In ihrem
Haushaltsentwurf für 2026 sieht die Bundesregierung zwar 209 Millionen Euro
für „Demokratie leben!“ vor, also etwas mehr als in diesem Jahr.
Mittlerweile hat die zuständige Ministerin Prien jedoch Kürzungen für das
Bundesprogramm angekündigt. Offiziell, weil der Bund bis 2029 170
Milliarden Euro einsparen müsse und deshalb auch Demokratieförderung unter
Finanzierungsvorbehalt stehe.
Was das für die Projektträger heißt, erfuhren sie jetzt im Schreiben aus
dem Prien-Ministerium: Vor den Entschlüssen des Bundestags über das
kommende Haushaltsjahr „kann über Ihre Folgeanträge nicht entschieden
werden“. Welche Demokratieprojekte im Januar weiter gefördert werden und
welche nicht, klärt sich möglicherweise erst in den abschließenden
Beratungen Ende November.
26 Oct 2025
## LINKS
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## AUTOREN
(DIR) Ralf Pauli
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