# taz.de -- Neubaustrecken bei der Bahn: Die Schiene strauchelt
       
       > In Hannover demonstrieren Verbände für eine neue Bahntrasse, Österreich
       > wartet auf neue Gleise von Deutschland aus. Und Minister Schnieder fehlt
       > Geld.
       
 (IMG) Bild: Der Brennerbasistunnel bei Innsbruck 2019: Hier ist man inzwischen schon weiter – Deutschland aber hat noch viel zu tun
       
       Berlin taz | Deutschland tut sich noch immer schwer mit dem
       Schienenverkehr. Sinnbildlich dafür standen diese Woche gleich drei
       Ereignisse. In Hannover haben am Donnerstagmittag Umweltverbände,
       Gewerkschaften und Parteien für eine Neubaustrecke demonstriert. Beteiligt
       waren Fridays for Future Niedersachsen (FfF), die niedersächsische Grüne
       Jugend und die Jusos, die Landesgruppe des ökologischen Verkehrsclubs VCD
       und die Jugend der Bahngewerkschaft EVG.
       
       Die neue Trasse soll von Hamburg über Bergen im Landkreis Celle nach
       Hannover führen – „ein Gamechanger für die Verkehrswende in Niedersachsen“,
       schreibt die [1][Landesgruppe von FfF auf Instagram]. Viele Menschen würden
       besser oder völlig neu an die Schiene angebunden.
       
       Die Neubaustrecke [2][sorgt seit Jahren für Streit]. Die niedersächsische
       Landesregierung aus Grünen und SPD sowie verschiedene Landkreise sind gegen
       den Neubau; sie machen sich für eine Sanierung der bestehenden Schienen
       stark. Die neue Trasse bringe den Menschen vor Ort nichts und schade der
       Umwelt, findet zum Beispiel Niedersachsens Verkehrsminister Grant Hendrik
       Tonne (SPD). Die Deutsche Bahn hatte hingegen erst vor wenigen Tagen
       erklärt, dass sie an ihren Plänen für einen Neubau festhalten wolle.
       
       Rund 80 Menschen kamen laut den veranstaltenden Organisationen zur
       Kundgebung vor dem Alten Rathaus in Hannover. „Wir haben ein sehr starkes
       Signal für die Neubaustrecke gesendet“, sagte Kay Rabe von Kühlewein von
       Fridays for Future der Deutschen Presse-Agentur. Angesichts der
       eskalierenden Klimakrise müsse Niedersachsens Landesregierung ihre
       Blockadehaltung aufgeben und den Weg für klimafreundliche Schienenprojekte
       frei machen.
       
       ## Durchstich am Brennerbasistunnel
       
       Auf dem Brennerpass in den Südtiroler Alpen feierten derweil hochrangige
       Politiker:innen den Erfolg eines der größten europäischen
       Verkehrsprojekte. Mit 64 Kilometern Länge soll der Brennerbasistunnel die
       längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt werden. In dieser Woche
       gelang Tunnelbauer:innen zum ersten Mal ein Durchstich zwischen Italien
       und Österreich.
       
       Vorerst nur im Wartungstunnel, nicht in den beiden Röhren, durch die später
       Züge fahren sollen – trotzdem aber ließen sich zum Beispiel [3][Italiens
       rechtspopulistische Regierungschefin Giorgia Meloni] und Österreichs
       Kanzler Christian Stocker den Festakt nicht entgehen.
       
       Der Tunnel soll den grenzüberschreitenden Straßenverkehr am Brenner, vor
       allem den Lkw-Verkehr entlasten. Das Projekt kostet nach aktuellem Stand
       satte 10,5 Milliarden Euro und soll 2032 fertig werden. So richtig
       entfalten kann es seine Wirkung aber erst, wenn die Zulaufstrecken aus
       Italien und Bayern ebenfalls fertig sind – „sofern die benachbarten Länder
       in die Gänge kommen“, [4][heißt es aus österreichischer Sicht beim ORF],
       Österreichs öffentlich-rechtlichem Rundfunk.
       
       Auf deutscher Seite hat der Bau noch längst nicht begonnen. Die Deutsche
       Bahn legte 2021 Vorschläge für eine Trasse von München durch den Landkreis
       Rosenheim bis Kufstein in Tirol vor. Die jedoch stoßen Anwohner:innen
       entlang der Strecke sauer auf.
       
       ## Zulauf zum Brennerbasistunnel läuft noch nicht
       
       Mehrere Bürgerinitiativen aus der Region sind komplett gegen neue Gleise,
       die Deutschland laut dem Bundesverkehrsministerium 9 bis 15 Milliarden Euro
       kosten könnten. Die bayerische Landesregierung ringt schon lange um eine
       klare Haltung. Die DB hat die Planung nach eigenen Angaben abgeschlossen,
       jetzt steht ein Beschluss des Bundestags aus. Den will das
       Verkehrsministerium offenbar noch in diesem Herbst oder Winter ins Rollen
       bringen.
       
       Laut dem Ministerium aber fehlt es für die nächsten Jahre an Geld – sowohl
       für Schienenprojekte, als auch für die Sanierung maroder Straßen. „Unser
       Defizit für Bundesfernstraßen liegt für den Zeitraum 2026 bis 2029 bis 2029
       bei rund 15 Milliarden Euro“, erklärte Bundesverkehrsminister Patrick
       Schnieder (CDU) am Donnerstag in Berlin. Am gleichen Tag sorgte eine Liste
       für Aufsehen, die Schnieders Ministerium mutmaßlich an die Bundesländer
       geschickt hat – und die der taz vorliegt. Darauf stehen Verkehrsprojekte,
       die wegen unsicherer Finanzierung ins Wanken kommen könnten, zum Beispiel
       der Erhalt zahlreicher Bundesstraßen.
       
       „Jahrelang wurden von CSU-Verkehrsministern Sanierungen vernachlässig um
       zusätzliche Autobahnen und Bundesstraßen bauen zu können“, ärgert sich Jens
       Hilgenberg, Leiter des Bereichs Verkehrspolitik beim Bund für Umwelt- und
       Naturschutz Deutschland (BUND). „Das rächt sich.“
       
       Wenn das Verkehrsministerium jetzt einzelne Projekte öffentlich infrage
       stelle, erzeuge es den Eindruck, dass es einfach mehr Geld für neue
       Autobahnen und Bundesstraßen braucht. Auch Paula Piechotta, grüne
       Haushaltspolitikerin im Bundestag, ist überzeugt: „Das Verkehrsministerium
       versucht jetzt über öffentlichen Druck mehr Geld für die
       Verkehrsinfrastruktur vom Finanzminister zu erzwingen.“
       
       Stattdessen müssten laut Hilgenberg Gelder einfach anders priorisiert
       werden – [5][Erhalt von Brücken, Schienen und Straßen] und ein
       naturverträglicher Ausbau der Bahninfrastruktur müsse an erster Stelle
       stehen. „Bei den Fernstraßen ist eine komplette Konzentration auf den
       Erhalt notwendig, dafür muss der Neu- und Ausbau auf Eis gelegt werden“,
       sagt Hilgenberg.
       
       21 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.instagram.com/p/DOYLHAijFE2/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=MzRlODBiNWFlZA==
 (DIR) [2] /Neubau-der-Strecke-Hamburg-Hannover/!6096924
 (DIR) [3] /Neue-Weltordnung/!6106064
 (DIR) [4] https://tirol.orf.at/stories/3322165/
 (DIR) [5] /FAQ-zu-maroden-Bruecken/!6087617
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nanja Boenisch
       
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