# taz.de -- Steigende Armut in Hamburg: Tafel sucht helfende Hände
> Weil die Nachfrage so hoch ist, plant die Hamburger Tafel etliche neue
> Standorte. Lebensmittelspenden sind schwieriger zu bekommen, sagt ihr
> Sprecher.
(IMG) Bild: Mit prominenter Unterstützung: Tafel-Mitarbeiter sortieren Lebensmittel
Hamburg taz | In der Großstadt Hamburg gibt es bereits 31 Ausgabestellen
der [1][Hamburger Tafel]. Doch der Kreis der Bedürftigen ist gewachsen.
„Ein großer Teil der Menschen ist noch nicht versorgt“, sagt Tafel-Sprecher
Harald Prokosch. Die Hilfsorganisation hat deshalb zehn Postleitzahlgebiete
identifiziert, die unversorgt sind, und sucht neue Partner, die dort
Lebensmittel verteilen.
In Hamburg sei [2][die Tafel] anders organisiert als die Tafeln in anderen
Städten, erklärt der Sprecher. „Wir besorgen die Lebensmittel und liefern
sie an Ausgabestellen, die die Verteilung übernehmen.“
Das könnten Kirchengemeinden oder soziale Projekte sein. So hat erst im
Februar das [3][Sozialkaufhaus Möbelkiste] in Hamburg-Dehnhaide eine
Ausgabestelle eröffnet und eine weitere in der Gemeinde St. Gabriel in
Barmbek-Nord.
„Wir haben fast überall Wartelisten“, sagt Prokosch. Die Nachfrage sei so
gestiegen, seit die Lebensmittelpreise so viel höher geworden sind und man
für ein Brötchen schon einen Euro zahlen muss. „Wir sehen heute an den
Ausgabestellen vermehrt Kunden, die wir dort früher nicht antrafen“, sagt
er. Dazu zählten alleinerziehende Mütter mit zwei Kindern oder Rentner mit
wenig Geld.
## Bedarf gleich in zehn Postleitzahlgebieten
Um sich bei der Tafel mit Lebensmitteln zu versorgen, muss man seine
Bedürftigkeit nachweisen, etwa mit einem Bescheid über die Rente, das
Wohngeld oder Bürgergeld. „So stellen wir sicher, dass wir nur Leuten
helfen, die anders nicht in der Lage sind, sich zu versorgen“, sagt der
Sprecher.
Die gesuchten Räume müsste man mit einem Transporter der Tafel anfahren
können. Und sie müssten groß genug sein, damit man Tische aufstellen und
eine Gruppe von Menschen durchführen kann. Meist seien bei der
wöchentlichen Ausgabe die Waren auf Tischen aufgestellt, an denen die
Kunden mit ihrer Tasche vorbeigehen. Manche Ausgabestellen packten auch
[4][fertige Tüten], aber das könne dazu führen, dass die Menschen etwas
bekommen, was sie nicht brauchen.
Über die Suche neuer Standorte hatte vor zwei Wochen das [5][Hamburger
Abendblatt] zuerst berichtet. Nach dem Artikel hätten sich neben einer
Gemeinde auch Makler gemeldet, die Räume zur Miete anbieten. Letzteres
würde aber nicht helfen, sagt Prokosch. „Wir brauchen helfende Hände,
jemand der es macht.“
Konkret besteht der Bedarf in den Postleitzahlgebieten 22111, 22117 und
22119 in den Stadtteilen Billstedt und Horn, also im ärmeren Hamburger
Osten. Man habe sich bei der Auswahl an Einkommensdaten orientiert und an
den Rückmeldungen bestehender Ausgabestellen, sagt Prokosch. „Wenn
Bedürftige einkaufen, die ganz woanders wohnen, wissen wir, dort sind sie
unversorgt.“ Bedarf gibt es demnach auch in den Postgebieten 20535 und
20537 in Borgfelde, Hamm und Hammerbrook sowie in den Gebieten 22525 in
Stellingen und Lurup, 22605 und 22607 in Othmarschen, Bahrenfeld, Groß
Flottbek, 22609 in Osdorf und 22763 in Ottensen.
## Armuts-Gipfel im Oktober geplant
Insgesamt versorge die Tafel mit über 40.000 Menschen deutlich mehr als vor
zehn Jahren, so der Sprecher. Da sei es ein Problem, dass zugleich das
[6][Spendenaufkommen schwindet]. „Heute verwenden Supermärkte mehr und mehr
die Waren selber und verkaufen sie in ‚To good to go‘-Tüten à fünf Euro,
die sie früher an uns gegeben hätten.“ Auch seien andere Großspender
weggefallen, weshalb eine Kollegin in der Zentrale nur mit der [7][Akquise
neuer Spender] beschäftigt sei.
Auch würde noch viel zu viel Nahrung wegen kleinster Mängel vernichtet. „In
Ländern wie Frankreich gibt es Vorgaben, dass Lebensmittelüberschüsse nicht
weggeworfen werden dürfen“, sagt Prokosch. „Hier gilt das nicht. Mir ist
sogar ein Fall bekannt, wo die bisherigen Lebensmittelspenden jetzt
stattdessen an Tiere verfüttert werden.“
Der Andrang an Tafeln ist auch für den Sozialverband SoVD ein Thema, der
neben einer Tafel in Osdorf ein Sozialkaufhaus betreibt. Auffällig sei,
dass dort immer mehr ältere Menschen und Frauen mit Kindern anstünden. „Für
immer mehr reicht das Budget nicht aus, um die Familie satt zu bekommen“,
sagt der Landesvorsitzende Klaus Wicher.
Doch Tafeln seien nur Notlösungen, sagt Wicher. Der Senat dürfe die Armut
nicht ignorieren. So könnte Hamburg die Grundsicherung für alte Menschen
aus Landesmitteln erhöhen und bedürftigen Familien einen Zuschuss zahlen.
Um hier Druck zu machen, will SoVD am 15. Oktober mit dem DGB, dem
Mieterverein und dem Paritätischen Verband einen Armutsgipfel veranstalten.
21 Aug 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Tafeln-muessen-Beduerftige-wegschicken/!5856985
(DIR) [2] https://hamburger-tafel.de/
(DIR) [3] https://moebelkiste-hamburg.de/
(DIR) [4] /Alltag-einer-Hartz-IV-Empfaengerin/!5849112
(DIR) [5] https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-nord/article409685819/hamburger-tafel-sucht-standorte-in-welchen-stadtteilen-die-not-gerade-am-groessten-ist-01.html
(DIR) [6] /Tafeln-in-Hamburg-und-Niedersachsen/!5880097
(DIR) [7] /Hamburger-Tafeln-in-der-Krise/!5880098
## AUTOREN
(DIR) Kaija Kutter
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