# taz.de -- Armes Bremerhaven: Die Tafel ist nicht mehr gedeckt
> Die Bremerhavener Tafel muss schließen, vor allem weil geförderte Stellen
> wegbrechen. Der Tafel-Landesverband empfiehlt, mehr aufs Ehrenamt zu
> setzen.
(IMG) Bild: Essen ist genug da, aber mit der Logistik wird es eng: Tafel Bremerhaven
Hamburg taz | Die Bremerhavener Tafel steht vor dem Aus. Der Träger
Bremerhavener Volkshilfe, in dem die fünf großen Wohlfahrtsverbände
zusammengeschlossen sind, hat angekündigt, das Lebensmittelangebot für
Bedürftige zum Jahresende einzustellen. Das wäre ein harter Schlag für die
Stadt, in der 35,6 Prozent der Einwohner:innen armutsgefährdet sind und
damit berechtigt wären, sich bei der Tafel für einen geringen Obolus mit
Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs einzudecken.
Hauptgrund für die Entscheidung ist, dass der Bund die [1][Fördermittel für
sogenannte Arbeitsgelegenheiten drastisch gekürzt] hat, also die früheren
Ein-Euro-Jobs. Zehn Menschen, die auf diese Weise vom Jobcenter bezahlt
werden, schultern einen wesentlichen Teil der Aufgaben. Ihre Verträge
laufen aber im kommenden Frühjahr aus und wurden nicht neu bewilligt.
Auslöser dafür, dass die Wohlfahrtsverbände jetzt die Notbremse ziehen,
ist, dass die Tafel spätestens zum Jahresende ihr Kühlhaus verliert. Das
hatte ihr eine Firma zur Verfügung gestellt, die es künftig aber selbst
benötigt.
Doch die Betreiber sehen eine Reihe weiterer Probleme: Der Hauptsitz in der
Surfeldstraße entspreche „nicht mehr heutigen Standards“, schreibt die
Volkshilfe in einer Pressemitteilung. „Die Räume sind auch zu klein“, sagt
AWO-Sprecher Thomas Krüger, „da rennen Sie ständig jemanden um.“ Miete,
Stromkosten und Müllgebühren seien gestiegen, neue Hygienevorschriften
verursachten zusätzliche Kosten, so die Volkshilfe.
## Professionalisierung nötig?
Und selbst ohne all das hätte es nicht einfach so weitergehen können: Die
Tafel bräuchte aus Sicht der Wohlfahrtsverbände dringend hauptamtliche
Kräfte, die sich etwa um das Verbuchen von Zahlungen der Kunden und
Aufwandsentschädigungen an Ehrenamtliche kümmern. Auch der Fuhrpark brauche
professionelle Betreuung. Für all das hat sich jedoch kein
Finanzierungsmodell gefunden.
Die Stadt kann auch nicht helfend einspringen. Sozialdezernent Martin
Günthner (SPD) ist für die taz nicht zu sprechen und lässt auf eine
Pressemitteilung verweisen, in der die Stadt die Schließung bedauert.
„Aufgrund fehlender finanzieller Mittel und strenger Sparauflagen des
Landes bestehen derzeit keine Spielräume für eine kommunale Unterstützung“,
heißt es dort.
In der Tat: Der Bremer Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) hat den von
Bremerhavens Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Haushalt [2][gerade
abgelehnt]. Der Stadt droht deswegen sogar die Zahlungsunfähigkeit. Deshalb
setzt sie darauf, dass sich ein neuer Träger aus dem Bereich der freien
Wohlfahrtspflege findet. Nur sind die Big Five der Wohlfahrtsverbände –
AWO, DRK, Diakonie, Caritas und Paritäter – bereits Teil der Volkshilfe,
die gerade die Segel gestrichen hat.
## Ehrenamtler sollen's richten
Uwe Lampe sagt hingegen, ein Träger sei gar nicht unbedingt nötig. „Die
meisten Tafeln haben keinen – da wird ein Verein gegründet, und dann geht’s
los.“ Lampe ist Vorsitzender des Landesverbandes der Tafeln in Bremen und
Niedersachsen. Dass eine Tafel aufgibt, hat er in 18 Jahren
Tafel-Engagement nicht erlebt. Und er will es auch nicht so stehen lassen.
„Ich habe die Entscheidung der Volkshilfe als Hilferuf verstanden“, sagt
Lampe. Kommende Woche will er nach Bremerhaven fahren und ausloten, welche
Möglichkeiten es gibt, die Tafel zu retten. „Ich bin ziemlich sicher, dass
es in Bremerhaven engagierte Bürger:innen gibt, die sich zutrauen, eine
Tafel wieder flott zu kriegen.“
Lampes Erfahrung ist: „Institutionen glauben oft nicht, dass Ehrenamtliche
so was auch können.“ Dabei gebe es durchaus ehrenamtlich geführte Tafeln
auch in der Größenordnung von jener in Bremerhaven, die wöchentlich bis zu
950 Kund:innen ansteuern.
Grundsätzlich sei es möglich, sagt Lampe, die Betriebskosten einer Tafel
durch die Beiträge der Kund:innen von zwei bis vier Euro pro „Einkauf“ zu
decken, für die diese Waren im Wert von 30 bis 40 Euro erhielten.
„Im Notfall geht es auch mal ohne eigene Räumlichkeiten“, appelliert Lampe
an den Geist der frühen Jahre. „[3][Tafelanerinnen] sind Meister im
Improvisieren.“
20 Aug 2025
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## AUTOREN
(DIR) Jan Kahlcke
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