# taz.de -- Studie mit Laborratten: Krebs durch Glyphosat? Bayer greift Forscher an
       
       > Der Chemiekonzern kritisiert eine Untersuchung, derzufolge das Pestizid
       > Tumore bei Ratten verursacht. Die Forscher wehren sich.
       
 (IMG) Bild: „Natürlich“ tumoranfällig? Bayer stellt Ergebnisse einer Glyphosat-Studie mit Laborratten in Frage: Hier unbeteiligte Symboltiere
       
       Berlin taz | Im Juni veröffentlichte das italienische Ramazzini-Institut
       eine viel beachtete [1][Studie], wonach Glyphosat bei Laborratten Krebs
       verursacht. Der Chemiekonzern Bayer kritisierte die Untersuchung umgehend.
       Gegenüber der taz hat er seine Vorbehalte nun konkretisiert. Die Forscher
       verteidigen ihre Ergebnisse zu der Wirkung des Pestizids.
       
       Die Autoren der Studie hätten etwa bei den Kontrolltieren – also den
       Ratten, die kein Glyphosat erhielten – keine Krebserkrankungen des
       blutbildenden oder des Lymphsystems festgestellt, schrieb ein
       Bayer-Sprecher der taz: „Das ist unglaubwürdig.“
       
       Daten aus früheren Experimenten würden zeigen, „dass diese Tumore bei den
       laut Studie verwendeten Ratten natürlich vorkommen“. Diese natürliche
       Leukämierate entspreche ungefähr der Häufigkeit, in der Leukämie bei Ratten
       aus dem Experiment aufgetreten sei. Mit dieser Aussage will Bayer belegen,
       dass nicht Glyphosat die Krebsfälle ausgelöst habe. Kritiker widersprechen.
       
       Die im Juni in der Fachzeitschrift [2][Environmental Health]
       veröffentlichte Analyse hatte ergeben, dass das Pestizid auch in offiziell
       als sicher geltenden Mengen zum Beispiel Leukämie bei den Versuchstieren
       erzeugte. Auch in Haut, Leber oder Niere „wurden statistisch signifikante
       dosisabhängige erhöhte Trends“ oder Häufigkeiten von gut- und bösartigen
       Tumoren festgestellt, schreiben die Wissenschaftler von Universitäten und
       Forschungseinrichtungen beispielsweise in den USA, Großbritannien und
       Italien.
       
       ## Streit hat langen Vorlauf
       
       Die Ergebnisse unterstützen die [3][Einschätzung der Internationalen
       Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Glyphosat
       2015 als „wahrscheinlich krebserregend“] eingestuft hat. Danach
       verurteilten mehrere Gerichte in den USA einen der Hersteller,
       [4][Bayer/Monsanto, zu hohen Schadenersatzzahlungen] an KlägerInnen, die
       ihre Krebserkrankung auf den Unkrautvernichter zurückführen.
       
       Bayer beruft sich dagegen darauf, dass [5][Zulassungsbehörden, Glyphosat
       als sicher bewertet] hätten. Das Gift tötet so gut wie alle Pflanzen und
       damit auch Nahrung für Vögel und Insekten. Deshalb gilt es Umweltschützern
       als Gefahr für die Artenvielfalt. Dennoch ließ die EU das Mittel 2023 für
       weitere 10 Jahre zu.
       
       Der industriekritische Toxikologe Peter Clausing bezeichnete es als „glatte
       Lüge“, dass unter den Kontrolltieren der aktuellen Studie keine Tumoren des
       Lymphsystems aufgetreten seien. In der Tat lässt sich aus den
       [6][Zusatztabellen der Studie] zum Beispiel entnehmen, dass fünf männliche
       Ratten der Kontrollgruppe solche Krebsarten entwickelt hatten.
       
       ## Peer-Reviewer verteidigt Studie
       
       Dass keine Leukämie auftrat, liegt Clausing zufolge an der geringen
       Anfälligkeit des verwendeten Rattenstamms für diese Erkrankung. Laut einer
       [7][Analyse] erkranke weniger als ein Prozent der Tiere natürlicherweise an
       dieser Krebsart. „Man würde also über 100 Tiere pro Geschlecht benötigen,
       um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein Tier mit Leukämie zu finden“,
       so der Toxikologe, der die Ramazzini-Studie vor Veröffentlichung im Rahmen
       der Peer-Review begutachtet hatte. Bei 51 Tieren je Geschlecht wie in der
       Ramazzini-Studie sei es also nicht ungewöhnlich, dass dort keine Fälle
       auftreten.
       
       Die Leukämieraten bei den Glyphosat ausgesetzten Tieren seien auch höher
       als bei Kontrolltieren aus früheren Experimenten gewesen, schrieb Daniele
       Mandrioli, Direktor des Krebsforschungszentrums, des Ramazzini-Instituts,
       der taz. Bei den früheren Kontrolltieren lag sie der Studie zufolge
       insgesamt bei 0,9 Prozent. Bei den Ratten, die in der aktuellen
       Untersuchung dem Glyphosat ausgesetzt waren, lag die Rate bei 1,63 Prozent.
       
       Bayer verweist auch auf eine [8][Kritik der niederländischen
       Zulassungsbehörde CTGB] an der Studie. Sollte Glyphosat Krebs verursachen,
       sei zu erwarten, dass höhere Dosen auch zu mehr oder schnellerem
       Tumorwachstum führen würden, heißt es in der Stellungnahme der Behörde. So
       eine Dosis-Wirkungs-Beziehung könne die CTGB aber nach einer vorläufigen
       Analyse in der Publikation nicht erkennen. Vielmehr berichteten die
       Forscher von verschiedenen Tumorarten teilweise bereits bei niedrigen
       Glyphosat-Konzentrationen, jedoch nicht bei (deutlich) höheren Dosen.
       
       Ramazzini-Forscher Mandrioli, teilte der taz aber mit, dass es bei allen
       Ratten mit Glyphosat im Trinkwasser eine „dosisabhängige“ Zunahme von
       Leukämie gegeben habe. Tatsächlich entwickelte den Tabellen in der Studie
       zufolge ein Tier diese Krebsart, nachdem es pro Kilogramm Körpergewicht 0,5
       Milligramm [9][Glyphosat in Form des Bayer-Pestizids RangerPro] bekommen
       hatte. Bei 5 Milligramm habe es zwei Ratten, bei 50 Milligramm vier Tiere
       getroffen. In der Kontrollgruppe ohne Glyphosat trat demnach kein Fall auf.
       Allerdings sind nicht alle Ergebnisse so eindeutig. Bei Ratten, die den
       Wirkstoff in Form des Pestizids [10][Bioflow] bekamen, wurde nur in der
       höchsten Dosis Leukämie beobachtet. In der [11][Gruppe mit purem Glyphosat]
       wurde laut Tabelle bei 0,5 Milligramm zweimal Leukämie festgestellt, bei 5
       Milligramm aber nur einmal, und bei 50 Milligramm wieder zweimal. Auch hier
       war die Kontrollgruppe ohne Befund. „Aber das Gesamtbild unterstützt die
       Annahme einer Dosis-Wirkungsbeziehung“, folgert Toxikologe Clausing.
       
       27 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neue-Tierversuche/!6093991
 (DIR) [2] https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-025-01187-2
 (DIR) [3] /Meistverkauftes-Pestizid-von-Bayer/!5637515
 (DIR) [4] /Bayer-Aktie-faellt-nach-Glyphosat-Urteil/!5988407
 (DIR) [5] /Zulassung-fuer-umstrittenes-Pestizid/!5958389
 (DIR) [6] https://static-content.springer.com/esm/art:10.1186/s12940-025-01187-2/MediaObjects/12940_2025_1187_MOESM1_ESM.pdf
 (DIR) [7] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40420487/
 (DIR) [8] https://www.ctgb.nl/actueel/nieuws/2025/06/26/geen-nieuwe-inzichten-in-italiaans-kankeronderzoek-met-ratten
 (DIR) [9] https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-025-01187-2/tables/3
 (DIR) [10] https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-025-01187-2/tables/2
 (DIR) [11] https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-025-01187-2/tables/1
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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