# taz.de -- Merz will Lieferkettenrichtlinie beenden: Den Preis nicht wert
       
       > Eine Abschaffung der Lieferkettenrichtlinie würde nicht nur dem
       > Koalitionsvertrag widersprechen, sondern auch gesellschaftlichem Anstand.
       
 (IMG) Bild: Menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen wollte die EU-Lieferkettenrichtiline entgegenwirken. Kanzler Merz will sie wieder abschaffen
       
       Bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel hat Friedrich Merz (CDU) manches
       Richtige, aber auch Unsinn erzählt. Zu Letzterem gehört, dass er die
       [1][Abschaffung der europäischen Lieferkettenrichtlinie forderte]. Das
       widerspricht nicht nur dem Koalitionsvertrag, den er gerade mit der SPD
       beschlossen hat. Es läuft auch dem Selbstverständnis der Mehrheit der
       Gesellschaft zuwider.
       
       Fast alle Menschen finden es richtig, dass der Euro rollt. Gleichzeitig
       möchten sie in den Spiegel schauen können. Wirtschaftliche Freiheit,
       Wohlstand und Anständigkeit gehören zusammen. Dieser Konsens wird verletzt,
       wenn Kleidung und andere Konsumgüter aus Fabriken stammen, die ihre
       Beschäftigten wie Dreck behandeln. Über diesen Zusammenhang ist sich unser
       neuer Bundeskanzler offenbar nicht im Klaren.
       
       Der ehemalige Entwicklungsminister Gerd Müller, Unionspolitiker und
       Katholik wie Merz, wusste das. Er forderte „Nie wieder [2][Rana Plaza]“,
       nachdem 2013 die Textilfabrik in Bangladesch, die auch für deutsche
       Geschäfte produziert hatte, eingestürzt war. Die Erkenntnis, dass sich eine
       solche Katastrophe mit 1.138 Toten nicht wiederholen dürfe, führte
       schließlich zum deutschen Lieferkettengesetz und zur europäischen
       Lieferkettenrichtlinie. Merz gehört zu denen, die beides beseitigen wollen.
       Damit betreibt das Geschäft der Wirtschaftslobby, die [3][die
       Lieferkettenregulierung schon immer zu verhindern versuchte] – sowohl
       national als auch europäisch.
       
       Was wäre das für ein Welthandel, wenn es egal sein soll, wie die
       Konsumgüter hergestellt werden, die die Bundesbürger:innen täglich
       nutzen? Es muss den Beschäftigten überall auf der Welt möglich sein, mit
       ihrer [4][Arbeit ein Existenzminimum zu erwirtschaften], ihre Kinder zur
       Schule zu schicken und ärztliche Versorgung zu bezahlen. Wenn man darauf
       verzichtet, senken hiesige Firmen vielleicht ihre Kosten und sparen ein
       paar Mitarbeiter:innen, die die ausländischen Lieferanten überprüfen. Die
       wirtschaftlichen Vorteile für hiesige Unternehmen aber sind den
       menschlichen Preis beim besten Willen nicht wert.
       
       11 May 2025
       
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