# taz.de -- Fachkräftemangel trifft auf Wohnungsnot: Das Revival der Werkswohnungen
       
       > Wegen Wohnungsmangels kümmern sich Firmen beim Ringen um Fachkräfte
       > vermehrt um deren Unterkünfte. Drei Beispiele aus Berlin, Wolfsburg und
       > Friesoythe.
       
 (IMG) Bild: Für VW Mitarbeiter gebaut: Waldsiedlung im Wolfsburger Stadtteil Hellwinkel in den 60er Jahren
       
       Berlin/Wolfsburg taz | Als Griselda Lara Dorantes die Tür zu ihrem
       1-Raum-Apartment in einem Berliner Neubau öffnet, präsentiert sie ihr Leben
       im Übergang. Vor gut einem Jahr ist die Krankenpflegerin mit 14 Jahren
       Berufserfahrung über die Universitätsklinik Charité von Mexiko nach Berlin
       gekommen. „Ich bin sehr zufrieden hier“, sagt sie. Nur mit der Sprache
       hadere sie noch. Derzeit arbeitet Lara Dorantes im Krankenhaus Benjamin
       Franklin in der Geriatrie, also einer Station, in der ältere Menschen
       versorgt werden. Doch an diesem Tag Mitte Juli steht sie nicht in
       Berufskleidung da, sondern in einem geblümten Overall. „Diese Wohnung ist
       schön für den Anfang, aber schon sehr klein“, sagt sie.
       
       Auf rund 20 Quadratmetern hat sich die 43-Jährige vorerst eingerichtet. Das
       Apartment stellt die Charité ihr für die Anfangszeit zur Verfügung. An der
       Kochnische vorbei, geht es zu einem Schreibtisch, auf der ihr Laptop steht,
       rechts um die Ecke steht ihr Bett, 90 Zentimeter mal 2 Meter. Ein paar
       Postkarten von europäischen Städten, die sie besucht hat, hat Lara Dorantes
       aufgehängt, und Fotos von ihrer Tochter. Das Apartment erinnert
       atmosphärisch an ein Studentenwohnheim, es ist klein und funktional. Nur
       tummeln sich hier in den Gängen eben keine Studierenden, sondern
       Pflegekräfte aus aller Welt.
       
       Das gesamte Haus mit insgesamt 76 möblierten Apartments wurde von der
       Charité angemietet, um Pflegekräfte aus dem Ausland zu rekrutieren und
       ihnen eine vorläufige Bleibe zu geben. Griselda Lara Dorantes ist eine von
       ihnen. Die Charité liegt damit im Trend, der sich angesichts der
       grassierenden Wohnungsnot beobachten lässt: ein Comeback der
       Werkswohnungen.
       
       Andere nennen es Mitarbeiterwohnen. Denn wo selbst Beschäftigte aus der
       Pflege oder dem Handwerk, die eine Stadt am Laufen halten, kaum noch
       bezahlbare Wohnungen finden, wird dieses Frage zunehmend wieder in den
       Chefetagen von Unternehmen diskutiert. Sie wird zum Wettbewerbsfaktor. Ohne
       Wohnung keine Fachkräfte.
       
       Für Arbeiter*innen lautet der Deal meist: Job plus günstige Wohnung.
       Für Unternehmen ist es eine Möglichkeit, die Belegschaft langfristig zu
       halten. Man könnte auch sagen: Sie abhängiger zu machen. Wer gibt seinen
       Job schon leichtfertig auf, wenn das Zuhause daran hängt?
       
       Dass Unternehmen sich um die Unterbringung von ihren Arbeiter*innen
       kümmern, ist keine neue Idee. Zechen im Ruhrpott bauten bereits Mitte des
       19. Jahrhunderts ganze Siedlungen. Eine Hochphase erlebte der
       Werkswohnungsbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Ende der 1970er Jahre gab es
       in der alten Bundesrepublik nach Schätzungen des Verbands der
       Wohnungswirtschaft GdW rund 450.000 bezahlbare Werkswohnungen. Heute sind
       es nur noch etwa 100.000. Mit dem neoliberalen Zeitgeist der 1990er Jahre
       verkauften viele Unternehmen ihre Bestände, um sich auf ihr Kerngeschäft zu
       konzentrieren. Nicht selten sind diese jetzt in den Händen [1][großer
       privater Konzerne wie Vonovia.]
       
       „Mitarbeiterwohnen hat einen wahnsinnigen Bedeutungszuwachs erhalten und
       trifft auf ein breites Interesse bei Unternehmen – und das nicht nur in
       Großstädten“, sagt Simon Wieland vom Berliner Institut RegioKontext.
       [2][Das Institut forscht schon lange zum Thema] und berät auch Unternehmen,
       die sich dafür interessieren. Selbst politisch wurde schon auf diesen Trend
       reagiert, indem es zum Jahr 2020 steuerrechtliche Anpassungen gab. „Seitdem
       müssen Arbeitnehmer in der Regel keine Steuern nachzahlen, wenn der Chef
       ihnen eine vergünstigte Wohnung überlässt“, erklärt Wieland.
       
       Schon 2013 wies RegioKontext in einer Studie daraufhin, dass Werkswohnungen
       mit ihren günstigen Mieten dazu beitragen, Wohnungsmärkte zu entlasten.
       „Das hat Vorteile für beide Seiten“, sagt Wieland, dennoch schaffe die
       Kopplung von Wohnraum an ein Arbeitsverhältnis auch eine „doppelte
       Abhängigkeit“ von Job und Wohnung. Aber selbst der Deutsche Mieterbund
       sieht im Werkswohnungsbau eine Möglichkeit, die Wohnungsnot etwas zu
       lindern. Zudem sind nicht immer Arbeits- und Mietvertrag aneinander
       gekoppelt.
       
       Mittlerweile hat das Institut RegioKontext eine Vielzahl von Beispielen von
       betrieblicher Wohnraumversorgung analysiert. Das reicht von den Stadtwerken
       München bis hin zu Bäckern, die Häuser bauen, oder Hotels in teuren
       Urlaubsregionen, die nicht nur ihre Gäste, sondern auch ihre
       Mitarbeiter*innen beherbergen. „Es gibt sehr unterschiedliche Modelle
       mit sehr unterschiedlichen Ansätzen“, sagt Wieland. Mal werde selbst
       gebaut, mal gäbe es Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften.
       
       ## Charité setzt bei Mitarbeiter-Wohnungen auf Kooperation
       
       Im Februar sitzt Nagi Salaz, die Beine übereinandergeschlagen, in Berlin in
       einem Verwaltungsgebäude der Charité zwischen etlichen Papierhaufen. Salaz,
       selbst ausgebildeter Pfleger, leitet die Stabsstelle für Integration
       Pflege, die Anfang 2023 in der Charité geschaffen wurde. Das heißt, er
       rekrutiert internationale Pflegekräfte und begleitet sie in Deutschland bei
       allen Prozessen bis zur Anerkennung der Berufsabschlüsse. Etwa 500 bis 550
       Personen kommen pro Jahr, beispielsweise aus Mexiko, der Türkei, Brasilien
       oder Indien. Das alles sind Länder, die laut Weltgesundheitsorganisation
       (WHO) selbst genügend Gesundheitspersonal haben.
       
       In Salaz’ Büro stapelt sich die Bürokratie, die für ein Ankommen der
       Pflegekräfte erforderlich ist. Dazu gehört nicht nur, den Spracherwerb zu
       organisieren, sondern auch: eine Wohnung zu finden. „Es ist eine
       Grundvoraussetzung für die Einreise und das Prozedere, dass wir eine
       Meldeadresse haben“, erklärt Salaz. Es sei deshalb schnell klar gewesen,
       dass „wir für eine erfolgreiche Rekrutierung Wohnraum haben müssten“.
       Doch wie macht man das in einer Großstadt wie Berlin, in der Kauf- und
       Mietpreise zum Verzweifeln hoch sind?
       
       Im Fall der Charité hieß das: Kooperationen mit städtischen
       Wohnungsbaugesellschaften suchen. Insgesamt mietet die Charité in der Stadt
       etwa 460 Apartments an, um sie Personal, das aus dem Ausland angeworben
       wurde, für die Anfangszeit zur Verfügung zu stellen. Fest steht auch: Wenn
       bis zu 550 Pflegekräfte pro Jahr kommen sollen, reicht das nicht. Das
       Apartmenthaus, in dem die Pflegerin Griselda Lara Dorantes wohnt, wurde
       sogar von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Berlinovo im
       nordöstlichen Bezirk Pankow neu gebaut. Der Baustart war Ende 2021, im
       August 2023 wurde es bezogen.
       
       „Die Besonderheit ist, dass die Charité dort Generalmieter ist“, erklärt
       Salaz. Die monatliche Miete wird aber von den Pflegekräften gezahlt – und
       die ist nicht unbedingt ein Schnäppchen. 25 Quadratmeter kosten bis zu 700
       Euro, dabei sind Möbel, Strom, Wasser und Internet inklusive. Das
       Vertragsmanagement hat die Tochtergesellschaft Charité Facility Management
       GmbH (CFM) übernommen. Dieser Mietvertrag ist auch an das Arbeitsverhältnis
       gekoppelt. Falls es aus irgendwelchen Gründen enden sollte, gibt es
       Übergangsregelungen. Aber so ein Fall sei noch nie eingetreten, sagt Salaz.
       
       Ohnehin soll dort auf Dauer niemand wohnen bleiben. „Wir nutzen die
       Apartments als Rotationsfläche“, erklärt Salaz. Nach der Anerkennung,
       meist nach einem Jahr, sollen sich die Neuankömmlinge eine Wohnung auf dem
       freien Markt suchen. Dafür haben sie etwa ein halbes Jahr Zeit. Die Charité
       unterstützt sie dabei. „Rausgeschmissen wird niemand“, versichert Salaz.
       Die Berlinovo habe ja einen großen Bestand. „Und bis jetzt haben auch alle
       irgendwann etwas gefunden“, sagt er. Die Motivation sei meist auch sehr
       hoch, denn viele wollten ihre Familien nachholen und dafür müsse die
       Wohnung auch groß genug sein.
       
       Auch Krankenpflegerin Griselda Lara Dorantes möchte perspektivisch mehr
       Platz haben. Sie will, dass ihre 20-jährige Tochter nach Berlin zieht. Und
       sie möchte auch wieder als OP-Pflegerin im Operationssaal arbeiten, wenn
       ihr Deutsch sich verbessert hat. Um all das zu erreichen, muss sie zunächst
       ihre Prüfungen für die Berufsanerkennung abschließen. „Dann steigen auch
       meine Chancen, eine Wohnung zu finden“, hofft sie. Ob diese Rechnung für
       die Pfleger*innen und die Charité aufgeht, ist unklar.
       
       ## Auch VW braucht neue Leute
       
       Unternehmen, die wie VW über große eigene Wohnungsbestände verfügen, sind
       da im Vorteil. Gleich neben dem Wolfsburger Hauptbahnhof ragen vier
       Schornsteine aus Klinker in den Himmel. Das Kraftwerk mit dem VW-Firmenlogo
       ist das Erkennungszeichen der Stadt. Volkswagen, Wolfsburg, Autostadt.
       Ulrich Sörgel, Marketingleiter von VW Immobilien, formuliert es so: „Es
       gibt eine symbiotische Verflechtung zwischen Stadt und Volkswagenwerk.“ Was
       viele nicht wissen: VW ist nicht nur mit Abstand der größte Arbeitgeber in
       der Stadt, sondern auch der zweitgrößte Wohnungsanbieter.
       
       Die Stadt- und Konzerngeschichte sind eng verwoben. Das VW-Werk entstand
       [3][im Mai 1938 unter den Nazis], fast zeitgleich wurde die dazugehörige
       „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ gegründet. Im Zweiten Weltkrieg
       wurden im Werk vor allem Rüstungsgüter durch die Ausbeutung von
       Zwangsarbeiter*innen produziert. Die Alliierten benannten die Stadt
       nach Kriegsende in Wolfsburg um. Zu diesem Zeitpunkt besteht Wolfsburg
       [4][vor allem aus Baracken, Lagern] und nur wenigen Wohnhäusern.
       
       „Nach dem Zweiten Weltkrieg war es von Anfang an die Idee, Wohnungen zu
       schaffen für die Ansiedlung von Arbeitern hier, für den Wiederaufbau und
       für das Wachstum des Werks“, erklärt Sörgel bei einem Besuch im Februar –
       also noch bevor [5][VW verkündete, drei Werke zu schließen und
       Arbeitsplätze abzubauen.] Für VW Immobilien hat sich damit nichts
       Grundsätzliches im Geschäftsbereich geändert. Das Ziel bleibt: VW versucht,
       durch Wohnraumversorgung Fachkräfte von morgen nach Wolfsburg zu locken.
       
       Sörgel ist nicht nur Marketingleiter von VW Immobilien, sondern auch
       kaufmännisch verantwortlich für die Wohnimmobilien. 1953 wurde die
       gemeinnützige Volkswagen Wohnungsbaugesellschaft gegründet, erzählt er, auf
       die auch die heutige Konzerntochter VW Immobilien zurückgeht. Im
       Gründungsjahr der Wohnungsbaugesellschaft entstanden 1.400 Werkswohnungen
       in Wolfsburg. „Die Errichtung von Werkswohnungen wurde damit zu einem
       wichtigen Instrument beim Aufbau der Stammbelegschaft“, sagt Sörgel.
       
       Heute besitzt und vermietet VW Immobilien knapp 9.500 Wohnungen in
       Wolfsburg. In den 1990er Jahren habe es auch Überlegungen gegeben, sich
       komplett vom Wohnimmobiliengeschäft zu trennen. An Volkswagen-Standorten
       wie Emden, Hannover, Braunschweig und Baunatal bei Kassel passierte das
       auch. In Wolfsburg wurde aber der Großteil erhalten.
       
       Seit den 1990er Jahren, als die Leerstände zunahmen, vermietet VW
       grundsätzlich an alle. „Ein Drittel sind heute Werksrentner, ein Drittel
       aktiv Beschäftigte aus dem Konzern, ein Drittel wird auch an andere
       vermietet“, erklärt Sörgel. Die Mietverträge sind also nicht an den
       Arbeitsvertrag gekoppelt. VW-Mitarbeiter*innen erhalten auch keine
       günstigere Miete, aber die Preise sind bezahlbar.
       
       Die Durchschnittsmiete im gesamten VW-Bestand liegt laut
       Unternehmensangaben bei 7,15 Euro pro Quadratmeter kalt – und das inklusive
       der Neubauten. Aktuell liege die Leerstandsquote im VW-Bestand unter 1
       Prozent. Auch wenn Wolfsburg nicht zu den teuersten Städten Deutschlands
       gehört, gilt der Wohnungsmarkt als angespannt, weshalb auch [6][hier die
       Mietpreisbremse] greift. Seit 2012 hat VW ein eigenes
       Wohnungsneubauprogramm, mit dem bis heute rund 500 neue Mietwohnungen
       entstanden sind. Die starten bei 12 Euro pro Quadratmeter. „Jetzt geht es
       auch darum, Menschen, die neu nach Wolfsburg kommen, mit modernem Wohnraum
       zu versorgen“, sagt Sörgel.
       
       Dann steigt er in einen blau-weißen Firmenwagen, ein VW, elektrisch
       betrieben. Sörgel möchte bei einer kleinen Stadtrundfahrt die alten und
       neuen Wohnungsbestände von VW präsentieren. Bis heute ist das Wolfsburger
       Stadtbild geprägt von Bauten, die ab 1950 entstanden sind. Neben jenen
       mehrstöckigen typischen Gebäuden aus den 1950er und 1960er Jahren gibt es
       heute auch solche, die so aufwendig erweitert und modernisiert wurden, dass
       sie fast einem Neubau gleichen ebenso wie das neu gebaute fertig möblierte
       Apartmenthaus für kurzfristige Aufenthalte, das eher an ein Hotel erinnert.
       
       „Das Unternehmen steht vor einer riesigen Transformationsaufgabe oder
       besser gesagt: Wir sind mittendrin,“ sagt Sörgel. Der VW-Konzern, der über
       Jahrzehnte Verbrennerautos gebaut hat, muss seinen Weg in die
       Elektromobilität finden. Es ist eine Mammutaufgabe, die mit großen Ängsten
       einhergeht. Riesige Zulieferindustrien und Arbeitsplätze hängen daran.
       
       „Für ein Elektroauto braucht man in der Produktion weniger Teile, weniger
       Arbeitsschritte und weniger Mitarbeiter“, erklärt Sörgel. Man brauche also
       einerseits Umschulungen und andererseits auch ganz neue Kompetenzen.
       „Früher war das Herzstück des Autos der Verbrennungsmotor, aber jetzt ist
       das neue Herzstück die Batterie.“ Nicht mehr Motorenentwickler, sondern
       Softwareingenieure und Batteriefachleute seien jetzt heiß umworben. Genau
       für diese Leute entsteht nun auch neuer Wohnraum. Modern, hochpreisig. „Wir
       brauchen Wohnraum für die gesamte Bandbreite“, sagt Sörgel, „vom einfachen
       Arbeiter bis hin zum Topmanager.“
       
       Mit den Steimker Gärten, die Sörgel präsentiert, hat VW zum Beispiel ein
       ganzes Neubauviertel initiiert. Das Viertel liegt nicht weit von der
       Innenstadt entfernt, ist aber umgeben von Wald und Wiesen. Die 22 Hektar
       Land, davon 17 Hektar Bauland, gehören VW. Vor Baubeginn war die Fläche an
       einen Landwirt verpachtet. Aus der Vogelperspektive betrachtet sind die
       Steimker Gärten ein Viertel mit hellen Bauklötzen. Streift man hindurch,
       entdeckt man vierstöckige Mietwohnungskomplexe mit abgerundeten Ecken, es
       gibt aber auch Eigentumswohnungen und am Rande ein paar Einfamilienhäuser.
       Dazwischen wohlgepflegte Grünstreifen. „Das ganze Viertel ist natürlich
       e-ready“, sagt Sörgel. Es ist also bereit für Elektromobilität mit
       Ladeinfrastruktur.
       
       Das Viertel wurde ab 2013 von VW Immobilien gemeinsam mit der Stadt
       entwickelt. Eine Bäckerei, eine Kita und ein Seniorenheim gibt es bereits,
       ein Supermarkt soll im kommenden Jahr öffnen. Über 1.000 von insgesamt
       1.800 geplanten Wohneinheiten sind hier schon durch verschiedene Investoren
       entstanden, 240 Mietwohnungen wurden davon durch VW Immobilien realisiert.
       Die Nachfrage scheint da zu sein, fast alle Wohnungen sind vergeben.
       
       ## Firma Kühling baut ein Haus für Azubis um
       
       Das Thema Mitarbeiterwohnen beschäftigt aber nicht nur Unternehmen in
       Großstädten. Manchmal passt offenbar auch das Mietangebot in kleineren
       Städten nicht zu dem, was gebraucht wird. Die niedersächsische Stadt
       Friesoythe mit gut 23.000 Einwohner*innen scheint so ein Fall zu sein.
       Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter lag [7][laut Zensus]
       hier bei 5,71 Euro – also deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
       
       Für Auszubildende sei es dennoch „schwierig, hier Wohnraum zu finden“, sagt
       Ute Sperveslage, die als Prokuristin bei der Firma Kühling arbeitet, einem
       regionalen Metallbaubetrieb. „Schon seit Jahren stoßen wir an unsere
       Grenzen, Lehrlinge einzustellen“, sagt sie der taz am Telefon.
       
       Die Region sei „relativ dörflich und die angebotenen Mietwohnungen oft zu
       groß und zum Teil sehr teuer“. Zumindest sei selten etwas dabei, was man
       mit einem Ausbildungsgehalt bezahlen kann. Ein weiteres Problem: Der
       Nahverkehr sei nicht ausreichend ausgebaut. Einfach etwas außerhalb zu
       wohnen, sei deshalb schwierig. „Die jungen Auszubildenden haben oft keinen
       Führerschein“, erzählt Sperveslage. Man müsse hier nicht selten Strecken
       über 20 Kilometer zurücklegen. „In vielen Orten fahren die Busse aber nur
       einmal am Tag“, sagt sie.
       
       Als Heinrich Kühling, Geschäftsführer der Firma, 2014 ein Haus erbte,
       entstand die Idee, das Gebäude in Wohnraum für Azubis umzuwandeln. Man habe
       sich bei anderen Unternehmen in der Gegend erkundigt, ob Bedarf bestünde,
       denn mit der schwierigen Azubisuche ist der Metallbaubetrieb nicht allein.
       Viele bemühten sich nicht nur in der Region, sondern bereits bundesweit um
       Nachwuchs. „Den jungen Leuten wird ja heutzutage gesagt, dass alle Abitur
       machen und studieren müssen“, beklagt Sperveslage. Heute würde sich „ja
       keiner mehr die Hände dreckig machen wollen“. Früher wohnten Azubis während
       der Ausbildung häufig noch bei ihren Eltern. Wer für einen Ausbildungsplatz
       aber umziehen muss, ist auf günstigen Wohnraum angewiesen.
       
       „Wir haben das Haus komplett entkernt und neu aufgeteilt“, erzählt
       Sperveslage. In dem ehemaligen Wohnhaus befinden sich seit 2018 nun eine
       größere Wohnung, neun Miniapartments und zwei Wohngemeinschaften mit
       jeweils drei Zimmern. Darin wohnen heute Azubis aus ganz unterschiedlichen
       Branchen: etwa ein angehender Landwirt, eine Mediengestalterin,
       Metallbauer, eine Rettungsassistentin. Für ein voll möbliertes
       Apartmentzimmer im Azubiwohnheim zahlen die Azubis nun laut Sperveslage
       eine Pauschalmiete von 420 Euro, inklusive Strom, Gas, Wasser. „Es ist kein
       Luxusleben, aber das muss es ja auch nicht sein“, sagt sie.
       
       Die meisten würden noch Berufsausbildungsbeihilfe beantragen, eine
       staatliche Hilfe für Azubis, die nicht bei ihren Eltern wohnen können. Die
       Mietverträge seien grundsätzlich auf die Ausbildungszeit befristet, sagt
       Sperveslage. Doch trotz des Hauses bleibe die Azubisuche weiterhin schwer.
       
       15 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Vonovias-trickst-mit-Sharedeal/!6038570
 (DIR) [2] https://regiokontext.de/fokusthemen/mitarbeiterwohnen.html
 (DIR) [3] https://www.ndr.de/geschichte/schauplaetze/Wolfsburg-Von-der-Stadt-des-KdF-Wagens-zur-VW-Stadt-schlechthin,stadtwolfsburg127.html
 (DIR) [4] https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/riederer20130319/
 (DIR) [5] /VW-in-der-Krise/!6044510
 (DIR) [6] /Folgen-des-Ampel-Aus-fuer-die-Miete/!6047777
 (DIR) [7] /Hoehere-Mieten-im-Zensus/!6016442
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasmin Kalarickal
       
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