# taz.de -- Fed senkt Leitzins: Zinspolitik wird zum Politikum
       
       > Die US-Notenbank hat erstmals seit über vier Jahren die Zinsen gesenkt.
       > Donald Trump fürchtet, das komme seiner Konkurrentin Kamala Harris
       > zugute.
       
 (IMG) Bild: Begründete die Zinssenkung mit der gesunken Inflation und der gestiegenen Arbeitslosigkeit: Fed-Chef Jerome Powell
       
       Bei den Republikanern kommt die Wende der US-Notenbank nicht gut an. „Die
       drastische Zinssenkung der Fed ist schamlos politisch“, schrieb Alabamas
       Senator Tommy Tuberville auf X. Die Fed versuche offensichtlich mit ihrer
       Entscheidung, „den Ausschlag zugunsten von Kamala Harris zu geben“. Zuvor
       hatte die US-Notenbank Fed am Mittwoch das erste Mal seit über vier Jahren
       ihren Leitzins gesenkt. Und zwar um 0,5 Prozentpunkte. Er liegt nun
       zwischen 4,75 und 5 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell begründete dies mit der
       gesunkenen Inflation und der gestiegenen Arbeitslosigkeit.
       
       Denn im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank soll die Fed bei ihren
       geldpolitischen Entscheidungen nicht allein die Inflation, sondern auch den
       Arbeitsmarkt im Blick haben. Dabei kurbeln niedrigere Zinsen die Wirtschaft
       an, da Unternehmen und Konsument*innen dadurch günstiger an Kredite
       kommen. Das steigert die Nachfrage, was wiederum gut für den Arbeitsmarkt
       ist. Jedoch verleitet es die Unternehmen auch, die Preise anzuheben.
       
       Ab März 2022 hatte die US-Notenbank im Kampf gegen die steigende Inflation
       mehrfach die Zinsen erhöht und zuletzt über ein Jahr lang konstant hoch
       gehalten. Die nun vollzogene Kehrtwende war mit 0,5 Prozentpunkten
       ungewöhnlich schnell. Normalerweise ändert die Fed die Zinsen nur um 0,25
       Prozentpunkte. „Der Zinsentscheid war aber so erwartbar, weil sich eine
       Abschwächung der US-Wirtschaft schon länger angedeutet hat“, sagt die
       Zentralbankexpertin Silke Tober vom Institut für Makroökonomie und
       Konjunkturforschung (IMK) der taz. Bereits im Juli trübte sich der
       Arbeitsmarkt ein. Im August kündigte Powell auf dem [1][Notenbanktreffen in
       Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming] Zinssenkungen für diesen Monat an.
       Zuletzt stieg die Arbeitslosigkeit auf 4,2 Prozent, während die Inflation
       auf 2,2 sank.
       
       Während Noch-US-Präsident Joe Biden die Zinssenkung als Beweis nahm, dass
       seine Politik erfolgreich die Inflation gesenkt habe, passt Ex-Präsident
       und Kandidat der Republikaner, Donald Trump, die Zinssenkung so kurz vor
       der Wahl im November gar nicht in den Kram, obwohl er selbst auch ein
       Befürworter niedriger Zinsen ist. Allerdings befürchtet Trump, dass
       niedrigere Zinsen seiner [2][Widersacherin Kamala Harris] zugute kommen.
       
       Nun versucht Trump, die Zinswende zu seinen Gunsten zu framen. Laut dem
       US-Magazin Forbes sagte er Reporter*innen, die Entscheidung der
       Notenbank zeige, dass es der Wirtschaft sehr schlecht geht“,
       „vorausgesetzt, [die Fed] spielt nicht nur Politik“. Dabei geht es der
       US-Wirtschaft alles andere als schlecht. „Auch in diesem Jahr wird sie
       deutlich stärker wachsen als die Wirtschaft im Euroraum“, sagt Ökonomin
       Tober. So legte die US-Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um 2,5
       Prozent zu, während es im Euroraum nur 0,4 waren. Für 2024 schätzen Tober
       und ihre Kolleg*innen für die USA ein ähnlich starkes Wachstum und für
       die Eurozone weiterhin eine Wirtschaftsschwäche.
       
       Laut Tober ist in den USA also vorerst keine Rezession in Sicht. Die Fed
       wolle lediglich sicherstellen, dass die Wirtschaft weich lande. „Außerdem
       ist bekannt, dass sie schnell reagiert, wenn sich der Arbeitsmarkt
       eintrübt“, so die Expertin. Die US-Notenbank betreibt sozusagen Geldpolitik
       aus dem Lehrbuch. Und die Finanzmärkte freut das offenbar. Der Deutsche
       Leitindex DAX knackte die Marke von 19.000 Zählern am Donnerstag und stieg
       auf ein Rekordhoch. Denn niedrige Zinsen machen Aktien als Geldanlagen
       attraktiver.
       
       Ob die Fed-Entscheidungen noch vor den [3][Präsidentschaftswahlen]
       nennenswerte Auswirkungen auf die US-Wirtschaft haben, ist allerdings
       diskutierbar. Der US-Sender CNN schreibt, dass es ein Jahr dauere, bis
       Zinssenkungen bei den Verbrauchern ankommen, und beruft sich dabei auf
       Daten der Notenbank in St. Louis. Laut Expertin Tober kann der
       Zinsentscheid aber durchaus schon vorher eine gewisse Wirkung entfalten.
       Allein schon, weil er schon lange vorher von der Fed angekündigt worden war
       und bereits von den Finanzmärkten eingepreist wurde.
       
       Für Tober ist dies jedoch kein Zeichen, dass die Entscheidung der Fed eine
       politische war. Ganz im Gegenteil: „Es zeigt, dass sich Powell nicht dem
       Druck gebeugt hat, den Trump aufgebaut hatte.“ Der Fed-Chef habe nur
       gemacht, was für die US-Wirtschaft richtig sei.
       
       Powell, der 2017 von Trump zum Notenbank-Chef ernannt worden, bald aber
       wegen einer Zinsanhebung in Ungnade gefallen war, wehrt sich indes selbst
       gegen Einflussnahme aus der Politik: „Wir dienen keinem Politiker, keiner
       politischen Figur, keinem Anliegen, keiner Sache, gar nichts“, sagte
       Powell. „Es geht nur um maximale Beschäftigung und Preisstabilität im Namen
       aller Amerikaner.“
       
       Zudem sind Zinsänderungen rund um Wahlen alles andere als unüblich. Seit
       1972 hat die Fed bis auf zwei Ausnahmen in allen Jahren mit
       Präsidentschaftswahlen die Leitzinsen geändert.
       
       19 Sep 2024
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simon Poelchau
       
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