# taz.de -- Linken-Politikerin über Rundfunkbeitrag in Sachsen-Anhalt: „Niederlage für die Demokratie“
       
       > Die CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt will mit der AfD die neuen
       > Rundfunkgebühren ablehnen. Die Linke Eva von Angern fürchtet einen
       > „Triumph der AfD“.
       
 (IMG) Bild: Die CDU macht gemeinsame Sache mit der AfD gegen die Rundfunkgebühren
       
       taz: Frau von Angern, [1][die CDU-Fraktion will im Dezember im Landtag den
       Rundfunkstaatsvertrag ablehnen], den ihr eigener Ministerpräsident Reiner
       Haseloff schon unterschrieben hat. Warum? 
       
       Eva von Angern: Ich hoffe und erwarte von der CDU-Fraktion, dass sie
       zustimmt. [2][Ministerpräsident Haseloff] sagt ja, er habe unterschrieben,
       damit es eine Debatte im Landtag gibt. Eine klare Haltung für den
       öffentlich-rechtlichen Rundfunk sieht anders aus.
       
       Der Fehler liegt bei Haseloff? 
       
       Ja. Er hat bislang sehr laut geschwiegen, die CDU-Fraktion machen lassen
       und sich nicht eingemischt. Jetzt machen wir, die Opposition und seine
       Koalitionspartner SPD und Grüne deutlich, dass er damit zum
       Steigbügelhalter der AfD wird. Jetzt fällt Herrn Haseloff ein – da war doch
       was.
       
       Haseloff gilt doch als Gegner jeder Annäherung der CDU an die AfD … 
       
       … und das nehme ich ihm auch ab. Ganz ehrlich: Er hat seinen eigenen Laden
       nicht im Griff, denn in der CDU-Fraktion sieht das nämlich anders aus. Das
       hat sich bei der Wahl zur parlamentarischen Kontrollkommission gezeigt, als
       eine Grüne durchfiel und ein AfD-Abgeordneter gewählt wurde. Das Gleiche
       zeigte sich, als CDU und AfD gemeinsam für die Einsetzung einer
       [3][Linksextremismus-Kommission] stimmten.
       
       Wie nah sind sich CDU- und AfD-Fraktion? 
       
       Im Landtag kommt der Beifall nicht selten von AfD und CDU – und auf der
       anderen Seite von SPD, Grünen und Linksfraktion. Ein gutes Drittel der
       CDU-Fraktion hat augenscheinlich Sympathien für die AfD. Die AfD-Fraktion
       im Landtag ist alles andere als gemäßigt. Der Fraktionsvorsitzende gehört
       zum „Flügel“. Es gibt klar Rechtsextreme in der Fraktion.
       
       Folgt die Ankündigung der CDU-Fraktion, gegen den Staatsvertrag zu stimmen,
       einem strategischen Kalkül? Will sie die Grenze zur AfD auflösen? 
       
       Das ist die große Frage. Mein Eindruck ist: Die CDU hat sich in eine
       strategische Sackgasse manövriert. Sie hat sich früh auf dieses Nein
       festgelegt und eine Debatte um den öffentlichen Rundfunk geführt, in dem es
       latent um Zensurvorwürfe ging. Jetzt hat sie keine Exitstrategie. Niemand
       führt die Fraktion wirklich und kann jetzt eine Mehrheit für den
       Staatsvertrag organisieren. Der Ministerpräsident müsste das jetzt zur
       Vertrauensfrage machen.
       
       Wird er das tun? 
       
       Wir fordern das von ihm. Es ist allerdings ungewiss, ob er eine Mehrheit in
       der CDU-Fraktion hätte.
       
       Damit würde die CDU-Fraktion doch ihren Spitzenkandidat für die Wahl in
       Sachsen-Anhalt 2021 demontieren. 
       
       Es gibt eine ganze Reihe von CDU-Abgeordneten, die 2021 nicht mehr
       kandidieren. Die sind sehr schwer zu überzeugen. Wir brauchen einen
       führungsstarken Ministerpräsidenten. Wir setzen die CDU-Fraktion und den
       Ministerpräsidenten unter Druck, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
       
       Für eine Linkspartei in der Opposition klingen Sie sehr loyal. 
       
       Jein. Unsere Aufgabe als Opposition ist es eigentlich nicht, dafür zu
       sorgen, dass ein [4][Rundfunkstaatsvertrag] eine Mehrheit hat. Aber es geht
       um etwas – einen funktionsfähigen öffentlichen Rundfunk. Wir wissen aus
       eigenen Umfragen zu Corona, dass die Menschen in Sachsen-Anhalt zum großen
       Teil den Informationen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vertrauen. Das
       ist, wenn man an die Wirkung von Fake News denkt, wichtig und
       bewahrenswert. Deshalb verteidige ich die Erhöhung um 86 Cent, weil sie
       staatsfern festgesetzt wurde. Das heißt nicht, dass ich in der Frage der
       Gehälter der Intendanten kritiklos bin. Es ist gut, dass die Intendantin
       des MDR freiwillig auf Gehaltserhöhungen verzichtet hat. Es gibt auch in
       der Linkspartei viele, die die Gebührenerhöhung vehement ablehnen.
       
       Wie endet diese Krise? 
       
       Die Mitglieder der CDU-Fraktion, die keine Zusammenarbeit mit der AfD will,
       müssen begreifen, dass sich hier ein zweiter Fall Kemmerich anbahnt. Wenn
       der Staatsvertrag im Landtag an CDU und AfD scheitert, wird das ein Triumph
       für die AfD. Am Ende des Tages wird sie der Sieger in dieser Sache und alle
       anderen – besonders der öffentlich-rechtliche Rundfunk – werden die
       Verlierer sein, was eine Niederlage für die Demokratie bedeuten würde.
       
       28 Nov 2020
       
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